HARALD HAIDER

 

 

- Wenn Rosen verwelken -

 

1.SUSAN

 MITTWOCH, 16.Mai 2001

 

"K�nnen wir uns irgendwo treffen?" Susan wurde richtig warm ums Herz, als diese Frage im kleinen Chatmen� am Monitor ihres neuen PC erschien. Ihr Chatpartner hat sie ihr gerade geschickt. Sie hatte darauf schon l�ngere Zeit gewartet. Auch, wenn ihre Mutter sicher Bedenken h�tte, sie wollte ihn wirklich pers�nlich sehen, mit ihm Gesicht zu Gesicht sprechen und nat�rlich auch miteinander flirten. "Nichts, was ich lieber t�te", tippte sie als Antwort in die Tastatur. Wo er sich wohl mit ihr treffen wollte? Wie w�rde das Treffen mit ihm verlaufen? Susan malte sich schon die sch�nsten und romantischsten Erlebnisse aus, als auf dem Bildschirm eine neue Nachricht von ihrem neuen Schwarm erschien. "Wie w�r's diesen Samstag?" "Diesen Samstag w�re es ideal", schrieb Susan zur�ck. "Sehr gut, wie w�r's um 22 Uhr in der 'Trance Town'?" Die 'Trance Town' war eine der angesagtesten Diskotheken der Stadt. Susan war schon �fters mit ihrer Freundin dort gewesen. "Ok, ich werde p�nktlich sein... ich kann es kaum noch erwarten, bis wir uns endlich sehen!" "Geht mir genauso", antwortete ihr Chatfreund. "Also, bis Samstag. Habe dich wahnsinnig gern. Bye!"

"Bye", verabschiedete sich Susan. Sie hatte 'Angel021' vor einigen Wochen im Chat kennen gelernt und sich sofort mit ihm ausgezeichnet verstanden, und je �fter sie mit ihm chattete, desto mehr empfand sie f�r ihn und er ihrem Gef�hl nach ebenso viel f�r sie. Er hatte so eine charmante Art, zeigte viel Humor und schmiss nur so mit Komplimenten um sich. Seiner Beschreibung nach hatte er schwarze, lockige Haare, sch�ne dunkle Augen und einen muskul�sen K�rper. 'Angel021'  war 1,88m gro�, wog 87 kg und hatte einen s�dl�ndischen Teint. Sein wirklicher Name war Brian und er wohnte wie sie in Arlington, einer Stadt s�dlich von Dallas im Bundesstaat Texas. Susan seufzte, als sie wieder an ihn dachte. Empfand er wirklich genauso viel f�r sie wie Susan f�r ihn? Wenn es doch schon Samstag w�re. So hie� es f�r Susan noch drei Tage und drei N�chte auf ihren Schwarm zu warten. Der Ruf ihrer Mutter weckte Susan aus ihren Gedanken. "Sue, es ist schon fast elf Uhr. Du hast doch morgen einen wichtigen Test, da musst du doch ausgeschlafen sein! Leg' dich ins Bett!" rief sie aus dem Badezimmer. "Mum, ich gehe gleich, muss nur noch die Schulsachen f�r morgen zusammenpacken." Susan schnappte sich ihren Schulrucksack und verstaute darin ihre Lernunterlagen.

Sie besuchte im Moment die dritte Klasse des Arlington College und sie musste zugeben, dass es ihr bis jetzt entscheidend besser geht, als sie erwartet hatte. Sie braucht, wenn sie w�hrend des Unterrichts aufpasst, nach der Schule nur die wichtigsten Themen noch mal wiederholen und dann sa� der Stoff meistens fest in Susans Kopf. Am n�chsten Tag hatte sie tats�chlich einen Test, und zwar in Physik, was f�r sie der �rgste Schulgegenstand �berhaupt war, 1. war das Fach ur�de und 2. fanden alle Sch�ler den alten Professor Baxter, der ihr Physiklehrer war, zum Kotzen. Aber was soll's, diese eine Stunde w�rdet auch vor�ber gehen und gelernt habe ich auch genug daf�r, dachte sich Susan. Ihr konnte kaum noch jemand ihre gute Laune verderben. Sie freute sich einfach schon zu sehr auf  Brian alias 'Angel021'. Sie schmiss den Rucksack in die Ecke und trat anschlie�end aus ihrem Zimmer und ging ins Badezimmer, wo sich ihre Mutter gerade die Haare abtrocknete. "Und, hast du wieder gechattet?" fragte sie Susan. "Ja, habe ich, und zwar mit einem sehr s��en Jungen", antwortete Susan keck. "Sicher wieder mit dem, �ber den du dauernd schw�rmst, stimmts?" konterte ihre Mutter. "Richtig, na und? Er ist sehr charmant und respektiert mich." Jackie Thompson sch�ttelte ihren Kopf. Susan und die Jungen. Bis jetzt hatte sie leider noch nicht sehr viel Gl�ck mit dem anderen Geschlecht gehabt. Die meisten Jungen n�tzten Susan nur aus und hielten nichts von einer festen Beziehung. Susan, die sowieso eine sehr sensible Person war, brach das immer fast das Herz, wenn ihr ein Junge wieder einen Korb gab. Seit ihre Tochter diesen neuen Chatfreund kennengelernt hat, schw�rmte sie fast jeden Tag von ihm. Hoffentlich steigerte sich ihre Tochter nicht allzu sehr in diese neue Bekanntschaft hinein, denn es konnte ja leicht m�glich sein, dass dieser angeblich soooo s��e Typ gar nicht soooo s�� ist und Susan ausn�tzt wie alle anderen Jungs, die sie bisher hatte. In diesem Fall w�rde Sue wieder voll deprimiert sein und sich wieder wochenlang in ihr Zimmer verkraulen. Aber es w�rde wahrscheinlich sowieso nichts mit ihrer Tochter und diesem Typen werden. Wer wei�, vielleicht kommt er aus dem verregneten Chicago oder dem sonnigen Florida. Es w�re schon ein sehr gro�er Zufall, wenn ihr neuer Schwarm aus der Gegend k�me. Sie konnte ja nicht ahnen, wie falsch sie mit dieser Theorie lag.

"Mum?" Susans Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "�h... was?" "Du bist so abwesend ... �ber was hast du nachgedacht?" fragte ihre Tochter besorgt. "...nichts wichtiges, mein Schatz... komm, putz' dir noch die Z�hne und dann ab in die Heia!" "Mum, ich bin doch kein kleines M�dchen mehr, aber... du hast ja recht...", Susan machte einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es schon zehn Minuten vor elf war, "es ist doch schon ziemlich sp�t." Sie holte ihre orange Zahnb�rste aus dem gleichfarbigen Zahnputzbecher hervor und dr�ckte sich etwas von der minzefarbenen Zahnpaste darauf. "Ok, dann gute Nacht, Sue!" sagte ihre Mutter und musste kurz darauf vor M�digkeit g�hnen. "Dir auch, Mum, gute Nacht!" antwortete Sue etwas unverst�ndlich, w�hrend sie mit der Zahnb�rste im Mund umherfuhr.

Jackie Thompson verlie� das Badezimmer und ging ins Schlafzimmer. Kurz darauf war auch Susan fertig und drehte noch das Licht des Badezimmers ab, bevor sie sich in ihr Zimmer begab, um sich auch endlich ins Bett zu legen. Da fiel ihr Blick auf den Monitor ihres PC, den sie vergessen hatte, herunterzufahren. Unten im linken Eck blinkte die Nachricht auf, dass Sue eine neue E-Mail bekommen hat. Voller Neugier klickte Susan mit dem Mauspfeil darauf und wenige Augenblicke darauf �ffnete sich ein kleines Fenster. Die Nachricht war von 'Angel021'. In der Mitte des Fensters war eine rote Rose zu sehen und darunter stand:

 

'F�r meine sch�ne Rose, Susan!  Ich kann Dich einfach nicht vergessen!

P.S.: Bis Samstag beim 'Trance Town'!'

 

Sue schmolz beim Lesen f�rmlich dahin. Brian alias 'Angel021' war aller Ansicht nach wirklich ein ganz besonderer Junge, nicht so wie die in ihrer Schule. Er konnte so charmant sein, ihre beste Freundin Rebecca w�rde zwar so etwas wie dieses Mail kitschig und 'zu sch�n um wahr zu sein' finden, aber f�r Susan war es das Gr��te. W�hrend sie ihren PC herunterfuhr, musste sie wieder seufzen. Dann schl�pfte sie geschwind unter die Bettdecke und legte sich mit ihrem Kopf entspannt auf die kuscheligen Polster. Wenn doch schon Samstag w�re, dachte sie. Sie sah noch einige Minuten an die Decke und dachte noch lange an ihn, bis sie schlie�lich kurz vor halb zw�lf in einen tiefen und friedlichen Schlaf versank.

 

 

SAMSTAG, 19.Mai 2001

 

Die n�chsten Tage vergingen schneller, als Susan bef�rchtet hatte. Der Physiktest musste verschoben werden, weil Professor Baxter erkrankt war und erst wieder die Woche darauf zum Unterricht erscheinen w�rde. Auch sonst gab es nichts Aufregendes. Einmal ertappte sich Sue dabei, wie sie so nebenbei auf ihren Notizblock ein gro�es Herz und hinein in Blockbuchstaben 'Brian" kritzelte. Dann war es soweit, es war Samstag. Susan war schon um neun Uhr fr�h, als sie aufstand, total aufgeregt. Diesen Abend w�rde sie den s��esten Boy treffen, den sie je kennen gelernt hatte. Noch einmal dachte sie an das Mail von ihm und schmunzelte gleich wieder. Kein einziger Freund, den sie bisher hatte, gab ihr so viele Komplimente wie er. Er war f�r sie etwas ganz besonderes geworden, einer, auf den man z�hlen konnte, in guten und in schlechten Zeiten, einer, der sie in den Arm nahm, wenn sie einmal traurig ist und der mit ihr lacht, wenn sie gut drauf ist. So stellte sie sich ihn vor. So musste Brian einfach sein. Er musste ein Junge mit einem sehr guten Charakter sein, dem man sein Herz aussch�tten kann, der ein M�dchen immer respektiert und immer hinter ihr steht, wenn man ihn braucht. Ja, Brian, heute Abend ist es soweit. Endlich. Susan machte noch ihr Bett und ging runter in die K�che, wo ihre Mutter schon eifrig das Fr�hst�ck machte. "Guten Morgen, Sue", wurde sie von ihr freundlich begr��t. "Gut geschlafen ?" "Ausgezeichnet, Mum, danke der Nachfrage." "�h... Mum, heute gehe ich mit Becki fort, ok ? " Susan konnte ihrer Mutter nichts von ihrem Treffen mit Brian sagen, noch nicht. Was Jungen betraf, wollte Jackie Thompson immer, dass Sue sie erst richtig kennen lernen sollte, bevor sie mit ihnen fortginge, und wenn sie w�sste, dass ihre Tochter diesen Abend ein hei�es Date mit ihren s��en Chatfreund hat, den sie ja noch nie gesehen hatte, sie w�rde es ihr unter keinen Umst�nden erlauben. Ja, Mum w�rde es schon noch fr�h genug erfahren, wenn es dann mit Brian klappt...nein, es musste einfach klappen. Nachdem Sue gen�sslich ein K�sebr�tchen verdr�ckt hatte, trank sie noch den Rest des Kaffees aus der Tasse und fragte: "Und, Mum, darf ich heute mit Becki fortgehen?" "Sicher, aber komm mir ja wieder wohl behalten nach Hause, ok?" "Versprochen, danke, Mum!"

Doch dieses Versprechen wird sie nie einhalten, Sue wird an diesem Abend nicht mehr nach Hause zur�ckkommen.

 

Es war kurz vor sieben Uhr abends, als Susans Handy piepste. "Hallo Sue", schrillte eine laute Stimme durch den Lautsprecher. "Hi Becki!" "Sue, hast Du heute Abend Lust mit mir ins Kino zu gehen, der neue Film mit Brad Pitt, �Ocean�s Eleven�, w�rde mich sehr reizen, Dich nicht?" "Ah, Becki, heute Abend geht es leider nicht...ich hab schon was vor..." "Wie hei�t er?" Rebecca Wilson war schon seit mehr as acht Jahren Sue's Freundin und wusste sofort, wenn was los war. Becki besucht wie Sue das st�dtische College, sie sind aber in verschiedenen Klassen. Trotzdem h�ren sie so gut wie jeden Tag voneinander. Bei Susan und ihr war es so, dass sie fast ausschlie�lich zusammen fortgingen, au�er...ja, au�er, es waren M�nner im Spiel.

"Brian, Brian ist sein Name", war Susans �berraschte Antwort. Becki kannte sie echt schon viel besser, als sie dachte. "Und wie hast Du ihn kennen gelernt?" "Ich glaube, das war einfach nur Schicksal!" �Schicksal? Und was werdet ihr zwei Turtelt�ubchen heute noch unternehmen?� �Wir treffen uns beim �Trance Town�, dann werden wir weitersehen...ha ha ha!� Rebecca freute sich mit Susan mit. Hoffentlich war dieser Brian wirklich das wert. �Dann viel Spa�, Sue!� �Tut mir leid!� �Ah, macht doch nichts, Brad Pitt und George Clooney werden uns schon nicht davonlaufen, oder? Dann schauen wir uns denn Film eben n�chste Woche an, oder?" "Genau, also... ich rufe Dich morgen in der Fr�h sofort an und berichte Dir alles �ber ihn!" Susan war echt froh, dass ihre Freundin so verst�ndnisvoll war und sich mit ihr mitfreute. "Ich habe n�mlich das Gef�hl, dass das der Richtige ist, wei�t Du, Becki?" "Toi, toi, toi, freut mich, dass Du so happy bist... und ich warte auf Deinen Anruf. Ciao!" "Ciao, sch�nen Abend noch!" Susan legte das Handy wieder auf ihren Schreibtisch und schritt r�ber zum Kleiderschrank. Was sollte Sue heute Abend anziehen? Es musste was besonderes sein, weil es ja auch ein ganz besonderer Abend war. Ihr Blick fiel einen kurzen Blick auf den Spiegel, der an der Innenseite des Schranks befestigt war. Sie musterte ihr Gesicht. Wie w�rde sie Brian gefallen? Sie hatte ihm zwar eine kurze Beschreibung von ihr gegeben, aber wie stellte er sich sie vor? Lange schwarze Haare, dunkelgr�ne Augen, 1,71m, schlanke Figur... so ungef�hr hatte sie sich ihm im Chat vorgestellt. Nachdem sie sich noch einmal kurz im Spiegel ansah, st�rzte sie wieder �ber ihre Kleider.

 

W�hrend sich Susan f�r 'ihren' Brian rausputzte, trat ein Mann mit einem schwarzen Trenchcoat, den er sich bis zum Hals zugemacht hatte und der f�r diese Jahreszeit viel zu hei� und unpassend war, in die sehr beliebte Diskothek 'Trance Town'. Er musterte das Innenleben des Geb�udes. Um diese Zeit waren noch kaum Besucher da, nur einige Mitarbeiter bereiteten sich schon auf eine hei�e Nacht vor. Selbstbewusst, aber trotzdem misstrauisch und vorsichtig schritt er zur Bar und st�tzte sich an die Theke. "Kann ich Ihnen helfen?" Der Barkeeper hatte die Gestalt gleich gesehen und trat zu ihm. "Ah... ja, ich h�tte eine Bitte, k�nnten Sie diese Nachricht diesem M�dchen geben", der seltsame Mann im Trenchcoat gab dem Mitarbeiter ein Kuvert und zeigte ihm ein Foto, "sie wird so um 10 Uhr kommen." "Kein Problem, wenn ich sie bei all den Leuten nicht �bersehe, gern. Soll ich ihr sonst was ausrichten?" "Nein...doch, sagen Sie ihr, dass ich sie schon schrecklich vermisse und schon auf sie warte, ok?" "Ah, ihre Freundin! Ok, wird gemacht!" Der Mann nahm eine Geldb�rse aus der linken Seitentasche des Trenchcoats und nahm einen 10-Dollar-Schein heraus. "Da, danke im Voraus, damit sie mein M�dchen nicht �bersehen. Ich hoffe, sie sind verl�sslich." "Ich bin immer verl�sslich!" konterte der Barkeeper und schnappte sich den Geldschein. "Ok, danke f�r ihre Hilfe." Der Mann im Trenchcoat drehte sich von der Theke weg und verlie� mit schnellen Schritten den Raum. Der Barkeeper schaute ihm kopfsch�ttelnd nach. Verr�ckter Kerl, dachte er sich und er lag damit nicht einmal falsch.

Der seltsame Mann blieb kurz vor dem 'Trance Town' stehen, dann drehte er sich nach links und ging die Strasse hinunter. Zwei Ecken weiter stand ein �lterer Ford, dessen beste Zeiten schon lange vorbei waren. �berall blitzten gro�e gr�ssliche Rostflecken durch den blauen Lack. Der Mann schritt zur Fahrert�r und stieg ein. Da blieb er einige Minuten einfach sitzen und blickte ins Leere. Dann zog er das Foto, das er dem Barkeeper gezeigt hatte, aus der rechten Jackentasche. Er sah es sich lange an und fl�sterte anschlie�end vor sich hin: "Susan, bald geh�rst Du mir, bald...."

 

Nach langem �berlegen und Umherprobieren hatte Susan die Wahl getroffen. Sie stand im Badezimmer und sah sich zufrieden in den Spiegel. So, Brian, ich bin bereit! Selbstbewusst schnappte sie sich ihre Handtasche und schritt runter ins Erdgeschoss. Ihre Mutter sah sich gerade 'Emergency Room' an, welche eine ihrer Lieblingssendungen war, als Sue das Zimmer betrat. "Ah, Sue, gehst Du schon?" "Ja,...hmm...Mum?" "Was ist?" "Mum, k�nnte ich Deinen Wagen nehmen? Beckis Auto ist gerade in der Werkstatt, etwas mit den Bremsen ist nicht in Ordnung. Jetzt hat sie gefragt, ob ich fahren k�nnte." "Na gut, aber passt auf, ok?" Ihre Mutter stimmte widerwillig zu, obwohl sie ein schlechtes Gef�hl hatte. "Schaut, dass ihr so bald wie m�glich wieder zur�ckkommt." "Ja, Mum, mach Dir keine Sorgen...und danke noch mal! Ciao!!!" "Viel Spa�, Sue! Tsch��!" Sue verlie� das Haus und schritt zum in der Auffahrt geparkten Wagen ihrer Mutter, einem Toyota Corolla. Obwohl sie schon seit knapp zwei Jahren den F�hrerschein hatte, besa� sie noch kein eigenes Auto. Sie wollte das Geld zuerst in ihr Philosophiestudium stecken. Mit gemischten Gef�hlen sa� sie im Wagen und steuerte in durch die Nachbarschaft. Sie musste wieder ihre Mutter anl�gen. Wenn die w�sste, dass Becki statt bei ihr im Wagen wahrscheinlich daheim in ihrem Zimmer auf dem Bett lag, mit einer Packung frischer Popcorn in der Hand und sich einen romantischen Film reinzog. Susan war es gar nicht recht, wenn sie ihre Mutter anl�gen musste, aber dieses Mal, dass f�hlte sie, war es richtig.

Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Es war zwanzig nach neun. Sie w�rde noch ungef�hr weitere zwanzig Minuten bis zur 'Trance Town' brauchen. Sie dr�ckte flink einige Tasten beim CD-Player und kurz darauf erf�llte "Angel" von Shaggy die Nacht. Susan sang leise mit: 'You're my angel, you're my darling angel...�. Ja, Brian war ihr Engel und es w�rde nicht mehr lange dauern, bis sie ihm endlich begegnet. Ihrem (Todes)Engel...

 

Etwas fr�her als geplant kam Susan bei der Disco an. Sie suchte sich einen in der N�he gelegenen Parkplatz, was trotz der noch fr�hen Zeit ein schon schwieriges Unterfangen war. Nachdem sie einige Minuten umhergefahren war, entdeckte sie einen Platz, der direkt an der linken Seite vom 'Trance Town' lag. Susan stieg aus, schloss ab und ging gem�tlich zum Eingang. An diesem Maiabend war es noch ziemlich mild, darum fror sie in ihrem Kleid nicht. Gleich nachdem sie das Geb�ude betreten hatte, sah sie sich um. War er schon da? Und wenn ja, wo? Das 'Trance Town' war f�r die Jugend von Arlington der beliebteste Treffpunkt, wenn man Spa� und Abwechslung haben wollte. Zwar war die Diskothek vor wenigen Monaten negativ in den Schlagzeilen gewesen, weil ein Wahnsinniger mit einer Spritze bewaffnet, unschuldige Besucher stach. Angst davor, auch ein Opfer dieses Idioten und mit irgendwas infiziert zu werden, hielten sich viele Jugendliche die n�chsten Wochenenden von der �Trance Town� fern, bis schlie�lich vor knapp drei Wochen der T�ter geschnappt wurde. Zum Gl�ck hatte er nur normales Wasser in den Spritzen gehabt und kein giftiges Mittel und der Verr�ckte verwendete keine Spritze ein zweites Mal. So konnte man sicher sein, dass kein Opfer mit dem HIV-Virus infiziert wurde. Angesprochen darauf, warum er das gemacht hat, sagte der �Disko-Schreck�, wie er schon genannt wurde, nur l�ssig, dass ihm langweilig war und ein wenig �Action� erzeugen wollte. Kaum war der Fall gel�st und die Spritzenangriffe beendet, str�mten auch die Besucher wieder in Scharen in die Diskothek. Auch Susan war einige Zeit nicht mehr in der �Trance Town� gewesen. Sicherheitshalber. Das schon recht aufgeregte M�dchen dr�ngte sich bei den vielen Jugendlichen vorbei. Fasziniert blickte sie durch die Disco. Die Architekten und Planer hatten wirklich ganze Arbeit geleistet, als sie das �Trance Town� vor einigen Jahren zum Leben erweckten. Die Innenr�ume waren in tiefen Blaut�nen gehalten, was eine besondere Atmosph�re hervorrief. Es sollte das Leben unter Wasser symbolisieren. An der Wand hing ein riesiges Haimodell, ein gro�er Rochen war an der Decke befestigt und an den W�nden waren gro�e Luftblassen, Quallen und Algen aufgemalt. Susan schritt mit einem Ohr die Rhythmen von �Redemption� ,gemixt von DJ Lerby, horchend, an der Bar vorbei, als eine Stimme ert�nte: "Halt! Warte!" Sie fuhr herum. Der Barkeeper, ein kleinerer Typ mit blonden in die H�he gegelten Haaren, hatte ihr nachgeschrieen. Fast h�tte er Susan bei den vielen Leuten �bersehen. Sie trat erstaunt zu ihm. "Ja, bitte? Hast du mir gerufen?" "Jetzt h�tte ich dich fast �bersehen! Eine Nachricht wurde f�r dich abgegeben...hier!" Der Barkeeper gab ihr ein Kuvert. Susan war total baff. Dann erstarrte ihr Blick. Diese Nachricht musste von IHM sein, Brian, er hatte ihr einen Korb gegeben, sicher, so musste es sein! Sie �ffnete mit zittrigen H�nden den Umschlag und nahm einen kleinen Zettel heraus.

 

Liebe Susan!

 

Mir waren hier zu viele Leute. Ich f�nde es viel netter, wenn wir zwei einen sch�nen Spaziergang durch die Stadt machen w�rden, reden, �ber uns.

Ich hoffe, Du bist jetzt nicht entt�uscht, aber ich will Dich nicht mit allen anderen in dieser Disco teilen, ich m�chte einen romantischen Abend mit Dir verbringen.

Wenn Du meine Gef�hle teilst, dann komm zu mir.

Ich warte vor dem Stadtpark auf Dich!

 

Brian

 

P.S.: Ich habe Dich wahnsinnig gern!

 

Susan atmete tief durch. Zum Gl�ck, es war kein Korb! Einerseits teilte sie seine Gedanken mit ihm, andererseits f�hlte sie sich irgendwie unwohl. Sollte sie seiner Mitteilung folgen oder doch besser hier bleiben? Jetzt hatte sie sich schon so lange auf diesen Moment gefreut, nein, heute Nacht musste sie ihn sehen, auch wenn es mitten in der Nacht im Park geschieht. Ja, sie w�rde ihrem Gef�hl folgen. Sie wollte gerade gehen, als ihr der Barkeeper noch nachrief: "He, ich soll dir noch ausrichten, dass dein Freund dich schon schrecklich vermisst und schon auf dich wartet!" Susan musste grinsen, als sie das h�rte. 'Dein Freund' sagte der Barkeeper. Ja, sch�n w�r's, dachte Sue. Sie blickte noch mal durch die Runde und verlie� in raschen Schritten die Disco. Vor dem Geb�ude fragte sie sich, ob sie zu Fu� zum Park gehen oder den Wagen nehmen sollte.

Sie entschied sich wegen der noch milden Temperaturen und des kurzen Fu�wegs von knapp 5 Minuten f�r Ersteres. Obwohl die Strassen gut beleuchtet und noch einige Personen unterwegs waren, war Susan nicht ganz geheuer. Sie hatte so ein mulmiges Gef�hl in der Bauchgegend. Wenn sie doch schon bei Brian w�re.

 

Da ist sie, meine Rose. Meine wundersch�ne Rose. Und jetzt geh�rt sie bald mir. Mir allein. Die Gedanken kreisten wild durch den Kopf des Mannes in dem Trenchcoat, der sein rostiges Auto schon vor einer Stunde verlassen hatte und nun hinter einem Baum knapp zwanzig, f�nfundzwanzig Meter vom Parkeingang entfernt, kauerte. Er beobachtete sie mit Lust. Ihr sch�ner K�rper kam durch das enge schwarze Kleid, welches ihr bis zu den Knien ging, noch mehr zur Geltung. Ihr schwarzes Haar schimmerte im Licht der Stra�enlaterne. Ihr schien ein wenig kalt zu sein, weil sie hatte ihre Arme verschr�nkt und ging vor dem Parktor auf und ab. Der Mann senkte seinen Blick und verschwand leise hinter den nahe gelegenen B�schen.

 

Wo war er nur? Wartete Brian vielleicht am anderen Eingang auf der anderen Seite des Parks?

Nein, er w�rde sicher gleich kommen. Susan stand unter einer Stra�enlaterne direkt vor dem Haupteingang des Stadtparks. In den letzten Minuten war es schon etwas k�hler geworden, ein leichter Wind zog durch die Stra�en. Sue fr�stelte ein wenig. Damit ihr warm blieb, ging sie einige Schritte hin und her. Sie machte einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war schon fast eine Viertelstunde nach zehn. Wo blieb er nur? Susan wurde ein wenig nerv�s. Da schrieb er in der Nachricht, die sie vom Barkeeper bekommen hatte, dass er schon auf sie wartet und nun war er nicht da. M�nner! Man kann sich nicht auf sie verlassen.

 

Der Mann im Trenchcoat hatte sich auf die Lauer gelegt. Bald w�rde er zuschlagen. Es dauert nicht mehr lange. Er zog ein weiteres Mal das Foto von Susan aus der Tasche. Er hatte es vor der Schule geschossen, die Sue besuchte. Er hatte damals in seinem Wagen gesessen und begierig das unschuldig wirkende M�dchen beobachtet. Durch Zufall kam er an ihren Nickname- sie nannte sich BlackGirl2000- suchte sie im heimischen Chatroom und sprach sie gleich an. Nach und nach fing sie an, etwas f�r ihn zu empfinden. Auch auf die Frage nach einem Treffen stimmte sie sofort zu. Er hatte es geschafft, sie hierher zu locken. Sie wartete auf 'Brian'. Brian. In Wirklichkeit hie� der Mann im Trenchcoat Paul und war seit mehr als einem halben Jahr arbeitslos. Viele Leute meinten, er sei verr�ckt, nicht mal er selbst wusste, ob da nicht doch etwas Wahres dran war. Er wusste nur eins, dieses M�dchen da vorne unter der Stra�enlaterne, dieses h�bsche M�dchen, w�rde gleich SEIN M�dchen sein. Das wusste er ganz sicher...

 

Es war nun schon zwanzig nach zehn. Susan wurde langsam ungeduldig. Will mich dieser Typ nur verarschen? Na toll, es w�re wirklich zu sch�n gewesen. So, f�nf Minuten gebe ich ihm noch, aber wenn er bis dann nicht hier ist, dann fahre ich zur�ck und besuche noch Becki. W�re sie doch mit ihr ins Kino gefahren, das w�re sicher am�santer gewesen als mitten in der Nacht an der Strasse zu stehen und auf ihren 'Traummann' zu warten, der sowieso nicht zu kommen schien. Sue nahm den Zettel mit der Nachricht von Brian aus ihrer Handtasche. Sie �berflog ihn noch einmal. Es konnte nur dieser Park sein, in Arlington gab es nur einen Park. Diesen Park. Und der war um diese Uhrzeit doch schon ziemlich unheimlich. Die gro�en Eichen und Trauerweiden wirkten im Dunkeln wie riesige unreale Ungeheuer. Die Bl�tter rauschten im frischen Sommernachtwind. Aber das Be�ngstigenste f�r Susan waren die Schatten. Schatten, �berall Schatten. Fremde Umrisse und Figuren, die sie nicht identifizieren konnte. Sie f�hrte ihren beunruhigten Blick Richtung Parkeingang. Der steinige Weg, der in das Zentrum des Areals hineinf�hrte, verschwand im Nichts, im Dunkel der Nacht. Nein, es ist genug! Ich gehe! Entt�uscht wollte sie sich gerade auf den R�ckweg zum 'Trance Town' machen, als sie ein Ger�usch aus dem Inneren des Parkgel�ndes vernahm. "Brian? Bist Du das?" Susan war verwirrt. "Brian, wenn Du das bist, komm heraus...hallo?" Nichts regte sich. Dann pl�tzlich ein R�uspern, kaum f�nfzehn Meter von ihr entfernt. Obwohl ein Teil von Sue total ver�ngstigt war, glaubte der andere Teil, Brian, auf den sie so lange gewartet hat, w�re im Park. Vielleicht hatte er tats�chlich am anderen Ende des Gel�ndes auf sie gewartet und war jetzt durch den Park her�bergekommen. Susan machte kleine Schritte nach vorne. Sie stellte fest, dass sie bereits einige Meter im Inneren des Parks stand. "Brian?" kam ein leises Rufen aus ihrem Mund. Sie machte noch ein paar Schritte nach vorne. Vielleicht hatten ihr nur die Nerven einen Streich gespielt. Ja, das muss es wohl gewesen sein. Leider. Nichts wurde aus ihrem Date. Mit der Tatsache, Brian heute nicht mehr zu treffen, wollte sie sich wieder auf den Weg aus dem Park machen. Doch als sie sich umdrehte, stand er da. Ein Mann in langem schwarzen Trenchcoat, den er sich so weit zugemacht hatte, das man sein Gesicht kaum erkennen konnte. Sue stand wie angewurzelt da. Sie war starr vor Angst. "Hallo, Susan!" fl�sterte der Mann. Brian? War das Brian? "Brian? Bist du Brian?" kam es stotternd aus Susan 's Mund. "Nein, ich bin nicht Brian...es gibt keinen Brian...." antwortete der seltsame Mann mit einem unheimlichen Unterton. Endlich wach Sue aus ihrer Erstarrung auf. Sie rannte so schnell sie konnte davon. Weiter, weiter hinein ..immer weiter hinein in den Park...sie musste zum anderen Ausgang kommen. Oh Gott!!! "Sussaaann!" h�rte sie die Stimme des Mannes hinter sich. Sie musste schneller sein...So schnell es ging, zog sie sich im Weiterlaufen ihre hochhackigen Schuhe aus, warf sie hinter sich und lief barfuss weiter. Tr�nen liefen �ber ihr Gesicht. Warum? Was wollte der Mann von ihr? "Sussaannnnn! Gleiiich geh�����rst Duu miiiirr!" schrillte seine unheimliche Stimme durch das Dickicht der B�ume. "Miiir allleinnn..!!!" Sue rannte weiter, immer weiter durch den matschigen Weg, der noch total durchweicht vom gestrigen Regenschauer war. Ein paar mal rutschte sie beinahe aus, so glitschig war der Boden unter ihren blo�en F�ssen. Sie hatte nun schon knapp die H�lfte des Weges geschafft. Die Ger�usche hinter ihr waren verstummt. Keine Laufschritte, kein unheimliches Schreien. Susan zwang sich einen kurzen Blick hinter sich zu werfen. Niemand war hinter ihr. Alles rund um sie herum war ruhig. Sie wurde langsamer. Wo war er? Hatte er aufgegeben? Sie drehte sich im Kreis, blickte durch die Dunkelheit. Sie horchte auf jedes Ger�usch. Sie schien ihn abgeh�ngt zu haben. Susan atmete tief durch. Ihr Herz pochte laut in der stillen Finsternis. So, jetzt nur schnell weg von diesem in der Nacht sehr unheimlichen Ort, raus aus dem Stadtpark. Sue wollte sich nur noch kurz vergewissern, ob der seltsame Typ doch nicht mehr hinter ihr her war. Woher hatte er ihren Namen gekannt? War er Brian? Wenn nicht, wer war es dann beziehungsweise wo war dann Brian? Was wollte er von ihr? Fragen �ber Fragen kreisten durch ihren Kopf. Sie konnte sich in ihrem Schockzustand kein rechtes Bild machen. Zu �berraschend, erschreckend, Angst einfl��end war dieses Erlebnis und Susan wollte nun nur noch eins: Heim zu ihrer Mutter, in ihre Arme. W�hrend sie noch ein letztes Mal zur�ck durch die B�ume starrte, sprang der Mann rechts von ihr aus dem Gestr�pp. Er musste sich geschickt und leise von der Seite aus angeschlichen haben. Susan schrie auf, doch der Mann hatte sie durch seine Wucht zu Boden geworfen. Ihr flog ihre Handtasche aus der Hand ins Gras. Der Mann legte sich auf sie und fing damit an, seine Hose zu �ffnen. Noch w�hrend Susan vor Angst wimmerte, begann er das hilflose M�dchen zu vergewaltigen. Neinnn, nein, warum? Susan hatte Todes�ngste. W�rde sie jemals wieder ihre Eltern sehen? Was w�rde dieser unheimliche Kerl mit ihr machen, nachdem er mit ihr fertig war? Sie fing an zu schluchzen, leise vor sich hin zu weinen. Mum, Dad ...helft mir....Sue verlie�en die Kr�fte. Ihr wurde schwarz vor den Augen. Auf einmal stand der Mann auf, grinste das M�dchen an und kniete sich vor sie hin. Er dr�ckte sie mit der rechten Hand nieder und griff mit der anderen in die Seitentasche seines Trenchcoats. Sue sah mit Entsetzen, wie der Mann ein Messer herausnahm. "Hilfe!Hiiiiiiillllllllfffffffeeee !!!!" Das M�dchen schrie, schrie immer weiter, w�hrend ihr die Tr�nen ihre Wangen runterkullerten. "Aaauuuuuuuu!!!" Susan schrie auf, als der Mann ihr das erste Mal das Messer in die Rippen bohrte. "Hab keine Angst, gleich ist es vorbei....meine Rose." Als der Mann das sagte, wusste Susan, mit diesem Psychopaten hatte sie geflirtet, ihr Herz ausgesch�ttet, sie hatte sich in ihn verknallt, ohne ihn ein einziges Mal gesehen zu haben, sie hielt ihn f�r den perfekten Freund....sie hatte sich geirrt. Und sie wusste noch was...sie w�rde NIE wieder ihre Eltern sehen, NIE wieder. Au�er... sie nehme noch ein letztes Mal alle ihre Kr�fte zusammen und w�rde versuchen, ihrem sicheren Tod zu entkommen. Ja, sie musste sich zur Wehr setzen. Susan wartete einen kurzen unachtsamen Moment des psychopathischen Mannes ab, st�tzte sich vom Boden ab und versetzte dem Vergewaltiger mit ihrem rechten Knie einen starken Tritt in die Magengegend. Dann kratzte sie ihn in die linke Hand, was tiefe Wunden hinterlie�. Er reagierte sehr �berrascht, doch bevor es Sue schaffte, sich vom nassen Gras aufzurappeln, war er wieder voll bei Sinnen, w�tend �ber die Widersetzungskraft seines Opfers. Er knallte ihr mit seiner linken Hand voll in ihr Gesicht. Susan sackte zusammen. Sie r�chelte leise nach ihren Eltern, wissend dass es nun wohl endg�ltig vorbei war. �B�se G�re! Das war nicht gut!� Der Mann im Trenchcoat griff sich kurz an die schmerzende Magengegend. H�tte ich mich nicht gewehrt, vielleicht...ja, vielleicht h�tte er mich dann gehen lassen...aber nun...Ein weiterer Stich in den Unterleib beendeten ihre Gedanken. Noch ein letztes Mal b�umte sie sich auf, versuchte diesem Angriff zu entkommen, doch der Mann hockte direkt �ber ihr und setzte zu seinem finalen Stoss an. Ein letztes Mal drang ein schon durch das Blut im Munde des M�dchens ged�mpftes Hilfeschreien durch die Nacht, bevor es wieder still wurde. Der Mann beugte sich zufriedengestellt �ber sein Opfer, mit seinen Fingern pr�fte er den Puls von Sue. Kein Puls. Der dritte Stich, der genau ins Herz getroffen hatte, beendete Sue's Leben. "Susan, schau, es ist vorbei!" sagte er in die Nacht hinaus. Er griff in ein weiteres Mal in die Seitentasche und holte etwas heraus. Das legte er auf den mit Blut besudelten Oberk�rper des M�dchens. Dann sah er sie ein letztes Mal an, bevor er in der Dunkelheit der B�ume verschwand. Die Leiche von Susan lag im matschigen Boden, voller Blut. Auf ihrem Kleid lag eine verwelkte Rose. Ihre (Lebens-)Zeit war abgelaufen...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.SPUREN

 

 

 

 

 

SONNTAG, 20.Mai 2001

 

Es war kurz nach 7 Uhr morgens, als Inspektor Dumont am Stadtpark von Arlington ankam. Er war schon zeitig aus dem Schlaf geweckt worden, weil es einen Mord gegeben hat. Ein junges M�dchen wurde im Park erstochen aufgefunden. Dumont parkte seinen Wagen gleich neben dem Streifenwagen, der vor dem Parkeingang stand. Langsam und misstrauisch durch die Gegend blickend stieg er aus dem Fahrzeug und schritt durch das gro�e Parktor. ARLINGTON PARK- West Entrance gl�nzte es in goldenen Lettern herunter, einladend f�r alle Menschen. Nichts au�er den Polizisten und den Absperrungen konnte darauf schlie�en lassen, welch dramatisches Verbrechen vor wenigen Stunden hier ver�bt worden war.

Und wieder ein Mord. Dumont hatte es oft schon so satt. Warum m�ssen nur so viele grauenvolle Verbrechen geschehen? Na ja, aber er war doch daf�r da, diese Delikte zu l�sen und die T�ter zu ihrem verdienten Gef�ngnisaufenthalt zu bringen. Leider konnte auch die Polizei von Arlington nicht alle Verbrechen aufkl�ren, viel zu viel wertloses Gesindel lief auf den Stra�en umher. Theoretisch k�nnte auch dein eigener Nachbar ein irrer Psychopath sein oder die liebe alte Dame von nebenan das Mitglied einer gnadenlosen Terroristengruppe. Na, vielleicht ist das ein wenig �bertrieben, aber heutzutage war schon alles m�glich. Andre Dumont hat in seinen bisherigen F�llen alles M�gliche erlebt, erschreckende Sachen, an Details wollte er gar nicht mehr zur�ckdenken. W�hrend Dumont den Schotterweg des Parks entlangging, kreisten die wildesten Gedanken durch seinen Kopf. Wahrscheinlich war er selbst ein bisschen verr�ckt, dachte er sich und musste tief durchatmen. Aber es stimmte doch. Was ihm als junger Polizist so jeden Tag unterkommt, das konnte er damals in der Polizeiakademie nicht ahnen. Dort lernt man zwar alle Gesetze, Verfassungen, Rechte, Pflichten usw., aber auch bei all den �bungseins�tzen kann man nie die Gnadenlosigkeit des rauen Alltags kennen lernen. Die erlebt man erst, wenn man die erste Leiche vor sich sieht, ein unschuldiges Wesen, erst in der Bl�te ihres Lebens, dem durch einen Geistesgest�rten das wertvolle Leben ausgehaucht worden ist. Und warum? Ja, warum nur? Wenn man das so leicht erkl�ren k�nnte. Dumont blickt ernst nach vorne und erblickte einen Polizeibeamten, der hastig auf ihn zuging. "Inspektor Dumont?" fragte er. "Ja, der bin ich. Wo ist denn die Leiche? " "Kommen sie mit, ich zeige sie ihnen. " antwortete der Beamte und wartete darauf, dass ihm Dumont folgte.

Auf dem Weg zum Mordopfer wurden gerade die Schuhe, die Susan sich bei der Flucht ausgezogen hatte, von einem anderen Polizisten sichergestellt. Ein paar hundert Meter weiter lag sie nun. Drei Leute von der Spurensicherung und ein weiterer Beamte standen rund um sie und durchsuchten die Umgebung.

Ihre leeren Augen starrten in den Himmel. �berall an ihrem K�rper klebte Blut. Sie ist verdammt h�bsch gewesen, bemerkte der Inspektor, als er die Leiche ansah. �Wer hat die Leiche entdeckt?� war seine erste Frage. �Eine �ltere Dame war mit ihrem Hund spazieren und dieser hat sie dann auf das M�dchen aufmerksam gemacht�, beantwortete der Polizeibeamte neben ihm die Frage. �Sie sagt, sie hat alles so gelassen, wie sie es vorgefunden hat und gleich die Polizei verst�ndigt.�Raubmord? `" fragte Dumont einen Mitarbeiter der Spurensicherung. "Kann man, glaube ich, ausschlie�en. Wir fanden ihre Handtasche gleich neben ihr. Handy, knapp 80 Dollar, ... alles noch drinnen." "Und Vergewaltigung?" hackte er neugierig nach. "Ja, schaut ganz danach aus. Das M�dchen hatte in der Mordnacht auf jeden Fall Geschlechtsverkehr." "Hat man das M�dchen schon identifiziert?" "Ja, Inspektor, in ihrer Tasche war der F�hrerschein, ihr Name war Susan Thompson, sie wohnte au�erhalb der Stadt bei ihren Eltern. Ein Polizist ist schon bei der Mutter gewesen", antwortete der andere Beamte, der sich das erste Mal zu Wort meldete. "Wie alt war sie?" fragte Dumont weiter. "Sie wurde gerade mal neunzehn Jahre alt." gab ihm der Beamte wiederum die Antwort. "Man kann anhand der Spuren davon ausgehen, dass das Opfer vor ihrem M�rder zuerst gefl�chtet ist, sie warf voraussichtlich ihre hochhackigen Schuhe weg, um schneller laufen zu k�nnen, doch hier musste sie der T�ter dann eingeholt... und sie dann mit einem scharfen Jagdmesser erstochen haben." erkl�rte ihm einer der Spurensicherer. Dumont war betroffen. Ein so unschuldiges M�dchen musste sterben. Und er stellte sich erneut die Frage, auf die es nie eine vern�nftige und zufrieden stellende Antwort geben w�rde: Warum? "Wann wurde sie ermordet?" wendete er sich gleich wieder an den Beamten. "Zwischen 22 und 23 Uhr letzte Nacht." kam schnell die Antwort aus dem Mund des Gefragten. Dumonts Blick fiel auf etwas, dass auf dem toten K�rper des M�dchens lag. Es war eine Rose. Eine verwelkte Rose. Ein paar Bl�tenbl�tter waren durch den leichten Wind von der Pflanze gel�st und einige Meter davongeweht worden. Der Inspektor deutete darauf. "Die muss ihr der T�ter nach dem Mord hingelegt haben." wurde er gleich von den Beamten aufgekl�rt. �Irgendwelche Spuren von dem T�ter?� �Ja, unter den Fingern�geln des M�dchens sind Blut und Hautreste. Es k�nnte leicht sein, dass es den M�rder kratzte, als sie sich zur Wehr gesetzt hat. Au�erdem k�nnte die Untersuchung m�glicher Spermaspuren Aufschluss geben. Und nach der Tat hatte er es wahrscheinlich sehr eilig. Wir vermuten durch viele abgeknickte �ste bei den B�schen und B�umen, dass er in diese Richtung gefl�chtet ist�, erkl�rte der Polizist und deutete mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand Richtung Norden. Das hatte nichts zu sagen. Es half auch nicht weiter bei der Aufkl�rung des Falles, da es nur zwei Eing�nge in den Park gab und der T�ter den n�rdlichen Teil bei der Flucht gew�hlt hatte. Da gab es nichts Au�ergew�hnliches. Er betrachtete noch einmal kritisch das Mordopfer. Es ist einfach unmenschlich. Wenn Menschen zu Bestien werden und die Lust zum Morden erwacht, hat das nichts mehr mit Menschlichkeit zu tun. Wie gesagt, dann hatte man es mit Bestien, mit unkontrollierten, aber doch sehr wohl ausgefuchsten Monstern zu tun. Ruhe in Frieden, Susan Thompson. Ein R�uspern bewegte ihn, nach links zu blicken, wo zwei M�nner mit schwarzen Anz�gen mit einem blechernen Sarg den Weg entlangkamen. "So, unsere Arbeit ist vorerst erledigt", sagte einer der Beamten, deutete dem anderen und die beiden machten sich auf dem Weg zum Streifenwagen. W�hrend sich die M�nner in den schwarzen Anz�gen daran machten, das tote M�dchen in den Blechsarg zu heben, beobachtete Dumont die Spurensicherer, die gerade in den nahe gelegenen Geb�schen nach Spuren suchten. Er dachte nach. Etwas machte ihm bei diesem Mord Kopfzerbrechen. Irgendetwas. Nachdenklich folgte er den M�nnern in den Anz�gen, die gerade auf dem Weg zur�ck zum Leichenwagen  waren, um Susans toten K�rper ins Leichenschauhaus zu bringen. Dumont sah den M�nnern zu, wie sie den blechernen Sarg mit unheimlicher Routine hinten im Wagen verstauten, in den Wagen stiegen und langsam den Tatort verlie�en. Armes Ding, dachte er an das tote M�dchen. Sie wirkte so unschuldig. Obwohl er schon viele Leichen gesehen hatte, wurde es noch immer nicht zur Routine. Bei jedem Verbrechen dachte sich Dumont, es h�tte nicht sein m�ssen. Von einigen seiner Kollegen wurde er deswegen als 'Weichling' bezeichnet.

Haupts�chlich lag dieses besondere Mitgef�hl auch daran, dass er in seiner Kindheit schon ein dramatisches Ereignis durchleben musste. Seine um zwei Jahre �ltere Schwester wurde vor fast f�nfundzwanzig Jahren, als die beiden noch Kinder waren, Opfer eines Mordes. Die damals sechsj�hrige Elizabeth ging an diesem f�r die ganze Familie Dumont unvergesslichen Tag am Nachmittag zum Herumtollen zum nahe gelegenen Spielplatz, den man sogar vom damaligen Haus der Dumonts sehr gut �berblicken konnte. So machte sich Mrs. Dumont auch keine Gedanken, als ihre Tochter von zu Hause losging. Was Andre sich bis heute nicht verzeihen kann, ist die Tatsache, dass er damals keine Lust hatte seine Schwester zu begleiten. Er wollte sich lieber seine Lieblingscartoons im Fernsehen ansehen. So ging seine Schwester alleine los � und wurde nicht mehr lebend gesehen. Als es dunkel wurde und Liz, wie sie von allen liebevoll genannt wurde, noch immer nicht zu Hause erschienen und auch am Spielplatz keine Spur von ihr zu finden war, trommelten Andre Dumonts Eltern innerhalb einer halben Stunde einen fast zwanzig Personen gro�en Suchtrupp aus Nachbarn, Bekannten und Verwandten zusammen. Sie suchten stundenlang � ohne Erfolg. So verst�ndigten die Eltern die Polizei. Die stellten sofort drei Gruppen mit Hunden zusammen, um nach dem M�dchen zu suchen. Doch es wurden keine Spuren von ihr entdeckt. Die Polizei war schon dabei die Suche abzubrechen, bis am 14. August 1976, sechs Tage nach dem Verschwinden, ein F�rster, der gerade bei einem Routinegang durch den Wald war, unter einem Haufen �sten eine M�dchenleiche entdeckte. Andre Dumont war damals gerade mal vier Jahre alt, als seine Eltern neben ihm unter Weinkr�mpfen das M�dchen als ihre verschwundene Tochter identifizierten. Wenige Tage sp�ter konnte man bereits den T�ter fassen. Anhand Kratzspuren, welches das kleine M�dchen beim �berlebenskampf dem M�rder zugef�gt hatte, konnte William Monterrey, ein Nachbar der Dumonts, der makabererweise auch freiwillig nach dem M�dchen mitgesucht und den Eltern von Andre Dumont immer wieder Mut zugesprochen hatte, �berf�hrt werden. Trotz weniger Beweise war der Mann gleich gest�ndig. Seit er sich vor kurzem von seiner Freundin getrennt hat, ging ihm etwas in seinem Leben ab. Und als er die s��e Liz da so heimgehen sah, da �berkam es ihn einfach. Wie sich herausstellte, hatte Monterrey das M�dchen beim Nachhauseweg mit dem Vorwand, ihr eine S��igkeit zu geben, in sein Haus gelockt, darin missbraucht, danach erdrosselt und die Leiche im nahe gelegenen Wald zwischen Zweigen versteckt. Er wurde in Folge zu lebenslanger Haft verurteilt, aber das Leben, welches er von den Dumonts zerst�rte, sollte nie mehr so sein wie fr�her. Seine Mutter Marie wurde total depressiv, war h�ufig in psychiatrischer Behandlung, ihre Ehe mit Andres Vater Eric ging zugrunde. Nun lebten sie getrennt, sie in Dallas, er war wieder nach Kanada zur�ckgezogen, von wo die Dumonts stammten. Sie waren kurz nach der Geburt ihrer Tochter nach Dallas gezogen, weil Eric Dumont einen tollen Job in einer Speditionsfirma bekommen hatte. Nachdem der Mord an seiner Tochter die Ehe zerbrochen hat, k�ndigte er und lie� sich wieder in Montreal nieder, wo er nun seinen Briefen zufolge als Buchhalter in einem kleinen Angelgesch�ft arbeitete. Dumonts Mutter arbeitete in Dallas bis zu dem Verbrechen an ihrer Tochter Liz in einem Kleidergesch�ft au�erhalb der Stadt. Dort war sie immer als sehr seri�se und freundliche Arbeitskraft gelobt worden. Nach unz�hligen Therapiestunden war sie erst drei Jahre sp�ter f�hig, �berhaupt eine Arbeit halbwegs konzentriert aus�ben zu k�nnen. Dauernd musste sie Beruhigungstabletten und Spritzen nehmen, sie wurde fast abh�ngig davon. Andre Dumont musste mit Entsetzen an diese vergangenen Jahre zur�ckdenken. Seine Kindheit war sehr traurig, still, manchmal fast erdr�ckend. Seine Teenagerzeit hatte auch nicht viel f�r ihn �brig. Auf Grund seiner ruhigen Art und seiner Verschlossenheit fand er kaum Freunde und die wenigen, die er hatte, sah er kaum. Obwohl er 1976 noch ein kleiner Bub war, verstand er damals trotzdem, dass etwas nicht mehr stimmte. Das alles rund um diesen Mord hat ihn sehr gepr�gt. Andre Dumont war ein sehr misstrauischer, nicht leicht zug�nglicher Mann geworden, was auch dazu f�hrte, dass er bis jetzt, fast drei�ig Jahre alt, noch immer keine wirklich feste Beziehung mit einer Frau gehabt hat. Zu sehr hat er Angst, dass ihm so etwas Schreckliches wie damals wieder widerfahren k�nnte. Aber seit seiner Schulzeit stand nur f�r ihn nur noch ein Berufswunsch fest: er wollte Polizist werden und alle, die Menschen Leid zuf�gen, hinter Schloss und Riegel bringen. Dieses Ziel hat er nun geschafft, auch wenn ihm die Arbeit bei der Mordkommission viel mehr Nerven kostet, als er vorher vermutet hatte. Mit den ersten M�dchenmorden, die er mit untersuchen musste, kamen die Erinnerungen an damals wieder, aber nie so stark wie dieses Mal. Er hatte das Gef�hl, dass dieser Mord erst der Beginn von etwas wirklich H�sslichem werden w�rde. Wie er schon wenig sp�ter feststellen sollte, sollte es noch schlimmer, h�sslicher werden, als er vermutete.

Dumont sah noch einmal zum Parkeingang zur�ck, wo sich ja in der Nacht zuvor ein schreckliches Verbrechen ereignet hatte, stieg dann in seinen Wagen und machte sich auf den Weg zu Susans ehemaligem Zuhause. Das war eines der Aufgaben, die sich Dumont am liebsten sparen wollte, doch auch das Befragen der Eltern der Mordopfer geh�rte leider zu seinen Pflichten.

 

Harrington Street 27, ja, hier ist es. Dumont blickte mit strengem Blick aus seinem Auto, als er rechts in die Strasse einbog, wo Susan Thompsons (ehemaliges) Zuhause war. Er musterte das Haus, w�hrend er davor parkte und hastig ausstieg. Es war ein gr��eres Haus mit kaminroten Dachziegeln, beigefarbenen Hausanstrich und einer sch�nen Holzterrasse. Der Inspektor stieg die steinernen Stufen zum Haus hinauf und klingelte an der T�r. Er wartete kurz, wollte gerade noch mal l�uten, als die Haust�r von innen ge�ffnet wurde. Im nun offenen T�rrahmen stand eine Frau, die unter normalen Zust�nden sicher nicht �lter als f�nfunddrei�ig Jahre aussah, in den letzten Stunden musste sie um viele Jahre gealtert sein. Ihr vor Tr�nen verklebtes Gesicht wirkte wie das von einer f�nfzigj�hrigen Frau. Sie zitterte am ganzen K�rper, schluchzte vor sich hin. "Mrs. Thompson?" "Jaaa?" kam leise, verzweifelt das Wort aus dem Mund von Jackie Thompson. "Ich bin Inspektor Dumont von der Mordkommission. K�nnte ich Ihnen kurz ein paar Fragen stellen? Ich wei�, wie schwer es jetzt f�r sie ist, aber ich werde es so schnell wie m�glich machen, ok?" "...na gut.." Jackie Thompson trat von der T�r weg und lie� den Polizisten eintreten. Die Frau f�hrte ihn rechts ins Wohnzimmer, das sehr elegant eingerichtet war. "Setzen sie sich bitte!" Sie zeigte auf das Sofa, welches links vom Eingang des Raumes stand und Dumont nahm Platz. Mrs. Thompson setzte sich direkt gegen�ber auf einen Stoffsessel. "Mrs. Thompson, wann haben sie ihre Tochter zuletzt gesehen?" "....gestern Abend ... so gegen neun Uhr.... " Ihre Stimme brach ab. Sie begann zu weinen. "Ich habe sie sooo geliebt, sie war unser einziges Kind... oh Gott....." Dieses war einer von den Momenten, in denen Dumont nie wusste, was er nur machen sollte. Aufmuntern, tr�sten...nein, in so einer Situation, wie sie dieser Mutter gerade widerfuhr, konnte man gar nichts tun, das war das Problem, man konnte ihr nicht helfen. "Entschuldigung, aber... "   " Mrs. Thompson, ich verstehe ihre Gef�hlausbr�che voll und ganz, ich wei�, wie weh so ein Verlust tun kann, ich selber habe auch meine kleine Schwester verloren. Das wird zwar nicht im Geringsten ein Trost sein, aber sie m�ssen sich wirklich nicht entschuldigen!" Dumont hoffte, damit das Gespr�ch mit der Mutter wieder fortsetzen und schnell durchziehen zu k�nnen. "Hatte ihre Tochter einen Freund?" Jackie Thompson blickte Dumont mit starrem Blick an. Sie sch�ttelte ihren Kopf. "Nein,... nicht das ich w�sste. Wissen sie, Sue hatte nie wirklich Gl�ck mit den M�nnern. Zuletzt hat sie nur sehr gerne mit einem Jungen gechattet, den sie beim Surfen kennen gelernt hatte....", sie schluchzte bei jedem Wort, das sie von sich gab, "...Sue fand ihn furchtbar nett..." Dumont blickte neugierig von seinem Notizblock auf, den er aus seinem Mantel geholt hatte, um kurze Notizen machen zu k�nnen. "Wissen Sie, ob Susan ihn irgendwann getroffen hat, von wo er kommt oder sogar, wie er hei�t?" "Nein, leider...im Chat nannte er sich 'Angel' oder so...warum fragen Sie?" "Nur reine Routinefragen, ...wir m�ssen jeder Spur nachgehen..." "Wissen Sie, was ich �berhaupt nicht verstehen kann? Susan hatte sich gestern mit ihrer Freundin Rebecca Wilson verabredet...warum konnte dann das passieren.....warum?" Susans Mutter redete vor sich her, Dumont hatte das Gef�hl, dass sie ihn nicht selber ansprach, nein, sie fragte vielmehr einfach in die Welt hinaus...WARUM?...Warum musste ihre geliebte Tochter sterben? "K�nnte es sein, dass die Freundin von Susan alleine heimgefahren ist und ihre Tochter noch..." Dumont kam nicht zum Ausreden. "Rebecca kann gar nicht selber zur�ckgefahren sein, weil meine Tochter das Auto hatte..." Andre Dumont blickte verwirrt auf. Doch die im Raum stehenden Fragen sollten wenige Sekunden sp�ter aufgekl�rt werden, weil pl�tzlich eine Gestalt das Wohnzimmer der Thompsons betrat. "Entschuldigung, die T�r war offen... Mrs. Thompson...es tut mir so leid...." Das M�dchen mit den langen br�netten Haaren, das gerade eingetreten war, ging zu der schluchzenden Mutter, umarmte sie und fing selber an leise vor sich hin zu weinen. "Das ist Rebecca Wilson, die Freundin...von Sue..." Rebecca trat zu Dumont und reichte ihm die Hand. Inspektor Dumont erwiderte ihre Geste und stellte sich dem M�dchen vor. "Mr. Dumont, was ist mit Susan geschehen?" Becki sah ihn mit verweinten, verzweifelten und sehr ernsten Augen an. "Wie konnte das passieren?" " Ms. Wilson, wann haben Sie Susan Thompson das letzte Mal gesehen?" "...�h...gestern am Vormittag in der Schule..." Dumont wusste jetzt wirklich nicht mehr, was los war. "Ich habe gedacht, sie haben sich gestern Abend mit Susan getroffen?" Jetzt blickte Becki verwirrt. "..Was?" "Haben Sie sich NICHT mit Susan getroffen?" "..Neinn, wie kommen Sie nur darauf...?" Rebecca Wilson wirkte hilflos. Sie war hierher gekommen, um N�heres zu diesem schrecklichen Ereignis zu erfahren, Mrs. Thompson zu tr�sten, und nun wurde sie selber mit Fragen gel�chert. "Ja, ...ich wollte mit ihr zwar ins Kino gehen,...aber..." "Aber was...?" fragte Dumont neugierig. "...ja, sie hatte ja ein Date mit einem Typen namens Brian. Sagen Sie, k�nnte der was mit diesem...Mord...zu tun haben?" fragte das M�dchen den Inspektor mit zittriger Stimme. "...Oh Gott...." schluchzte Mrs. Thompson pl�tzlich auf. Ihre Tochter hatte sie belogen. Wegen einem Jungen. Susan hatte gewusst, dass sie es ihr unter Umst�nden nicht erlaubt h�tte, mit diesem Jungen auszugehen. Woher kannte sie diesen Brian �berhaupt? Sue hatte in letzter Zeit doch nur Gedanken f�r diesen Typen im Chat gehabt...dieser Typ im Chat...ER musste dieser Brian sein.... "Becki?" "...Ja, Mrs. Thompson?" "Hat Sue dir gesagt, woher sie diesen Brian kannte?" "Nein,... nein!" sch�ttelte Becki den Kopf. Andre Dumont musste gerade derselbe Gedanken wie Mrs. Thompson durch den Kopf gegangen sein, denn pl�tzlich meinte er: "�h,... k�nnte ich mal den PC ihrer Tochter ansehen?" "...�h... sicher... kommen sie mit!" Jackie Thompson stand auf und wandte sich zur Treppe, die in den ersten Stock hinauff�hrte. Oben befanden sich Bad, Schlafzimmer und... Susans Zimmer.

Inspektor Dumont und Rebecca Wilson folgten ihr hinauf. Er musterte das Zimmer ganz genau. Es war modern eingerichtet, an der Wand klebten Poster von Brad Pitt und Ben Affleck. Dann wandte sich Dumont zum PC, der auf einem Holzschreibtisch links beim Fenster stand. Er schaltete ihn ein und w�hrend das Ger�t startete, wandte er sich wieder an Mrs. Thompson. "Welches Auto fuhr Susan gestern?" "Wissen sie, sie nahm immer mein Auto zum Fahren. Ich besitze einen �lteren Toyota Corolla, das Kennzeichen ist AR-16085-XR." antwortete die Frau. Sie hatte sich ein wenig gefasst. Andre Dumont fasste sein Handy aus dem Mantel und suchte die Nummer vom Revier aus seinem Speicher. Dem Polizisten, der sich meldete, gab er den Auftrag nach Mrs. Thompsons Wagen fahnden zu lassen. Vielleicht w�rde der Wagen die Polizei zum M�rder f�hren. Inzwischen hatte sich bereits der Windows2000-Desktop ge�ffnet. Dumont fuhr mit dem Mauspfeil zum Icon, der ihn ins �Microsoft Outlook�, dem Programm, mit dem man E-Mail versenden und empfangen konnte, brachte. Er klickte darauf und es �ffnete sich ein gro�es Fenster.

Dumont zog den Pfeil zum Men� "Empfangene Nachrichten". Es �ffnete sich ein weiteres Fenster, welches die Nachrichten, die Susan in den letzten Wochen vor ihrem tragischen Tod erhalten hatte, beinhaltete. Die meisten Mails stammen von Rebecca Wilson, anderen Schulkollegen und Verwandten. Doch Dumonts Interesse wurde beim vorletzten Mail geweckt. Es stammt von einem gewissen 'Angel021'. Er klickte mit der Maus darauf. Daraufhin �ffnete sich ein Fenster, welches Dumonts Blick erstarren lie�. Auf der Nachricht befand sich eine Rose, gro� in der Mitte platziert, bl�hend, wundersch�n. Das war er! Die Rose! Und die Zeilen darunter festigten endg�ltig den Verdacht.

 

�F�r meine sch�ne Rose, Susan!  Ich kann Dich einfach nicht vergessen!

P.S.: Bis Samstag beim 'Trance Town'!�

 

Die Diskothek 'Trance Town' lag keine zehn Minuten vom Tatort entfernt. Auch Mrs. Thompson und Rebecca haben sich inzwischen das Mail gelesen und lagen sich nun in den Armen, wissend, dass dieser �s��e� Chatfreund Susans h�chstwahrscheinlich ein kaltbl�tiger M�rder war. Beiden liefen Tr�nen �bers Gesicht. Sie hatten ihre Tochter bzw. beste Freundin verloren. Durch ein perverses Arschloch, der sie ohne Mitleid vergewaltigt und danach gef�hllos abgestochen hat wie ein Schwein im Schlachthaus. Dumont sah die beiden an, dann wandte er sich suchend wieder um, fand den Drucker, schaltete ihn ein und kurz darauf kam das E-Mail des geheimnisvollen Verehrers in Papierform aus dem Ger�t. Er nahm den Zettel, faltete ihn sorgf�ltig einmal in der Mitte zusammen und steckte ihn sich in die linke Manteltasche. Mit schnellen Fingerbewegungen schaltete er die beiden Ger�te wieder aus, stand auf und trat wieder zu den beiden Frauen, die zusammengekauert auf Susans Bett Platz genommen hatten. �Mrs. Thompson, ich verspreche Ihnen, wir werden den M�rder ihrer Tochter schnappen.� �Warum hat er das gemacht? Warum gerade Susan?� wisperte die Frau. �Sie hatte einfach das Pech, den falschen Kerl zu treffen, leider...� Andre Dumont konnte nicht ahnen, was diese einfach so dahergesagte Aussage von ihm bei der Mutter bewirken sollte. Sie fing an hemmungslos zu weinen, dazwischen schluchzend: �Sue hatte immer Pech mit den Jungen, aber.....keiner wollte sie...umbringen...oh Gott!!!!!� Sie grub ihr entsetztes Gesicht in ihre Arme, weinte immer weiter.

Dumont stand fassungslos da und h�tte sich am liebsten selbst eine runtergehauen. In dieser Situation war er innerlich sogar ein wenig froh, als pl�tzlich sein Handy piepste. Schnell fasste er es aus seiner Jackentasche. �Ja, Dumont?� �Inspektor? Wir haben das Fahrzeug des Opfers gefunden, es hat in der N�he von der Diskothek �Trance Town� gestanden. Au�erdem will sich ein Barkeeper dieser Disco an einen Mann erinnern, der letzte Nacht eine Nachricht f�r ein M�dchen hinterlassen hat. Und dessen Beschreibung passt genau auf Susan Thompson.� Der Beamte klang mitgenommen. �Ah, interessant. Kann sich der Barkeeper an das Aussehen des Mannes erinnern?� Dumont hatte Lunte gerochen. Nun war es so gut wie bewiesen, dass Susan Thompsons Chatfreund in diesem Mordfall verstrickt ist. �Leider konnte er sich nicht an sein Gesicht erinnern, nur, dass er sehr blass wirkte und einen langen schwarzen Trenchcoat anhatte. Der seltsame Typ zeigte ihm ein Foto von einem M�dchen, also h�chstwahrscheinlich von dem Mordopfer, und gab ihm einen Brief, den er dann �bergeben sollte. Das M�dchen sei dann ungef�hr gegen zehn Uhr nachts in die Disco gekommen, also knapp drei Stunden nach dem Mann und der Barkeeper gab ihr dann diesen Brief. Kurz darauf verlie� sie dann das Geb�ude. Was dann genau geschah, konnten wir leider noch nicht feststellen.� �Danke f�r die Informationen. Ich werde in knapp einer Stunde zum Revier kommen...�h, und lassen sie den Wagen untersuchen. Vielleicht finden wir irgendeine Spur.� �Wird gemacht, Inspektor. Dann bis sp�ter.� Dumont steckte das Handy wieder in seine Jacke. �Was ist, Inspektor?� Jackie Thompson sah ihn mit �ngstlichen Blicken an. �Ihr Auto wurde gefunden und der Verdacht, dass der Chatfreund ihrer Tochter mit ihrem Tod etwas zu tun hat, erh�rtet sich.�  Rebecca Wilson hatte inzwischen die am ganzen Leibe vor Aufregung zitternde Frau wieder fest in ihre Arme genommen, sich selbst wieder halbwegs unter Kontrolle. �Wurde denn dieses Schwein gesehen?� fragte sie. ��h... ja, h�chstwahrscheinlich. Leider konnte der Zeuge keine gute Beschreibung von ihm machen, aber keine Sorge, wir kriegen ihn schon. Ganz sicher.� Doch Dumont selbst war nicht ganz so sehr davon �berzeugt. Wahrscheinlich keine brauchbaren Zeugenaussagen, kaum Spuren, es sah wirklich nicht gut aus, doch f�r die Tatsache, dass man die Leiche erst vor knapp drei Stunden gefunden hatte, konnte man wenigstens schon die Tat so halbwegs rekonstruieren. Dieser Chatfreund, dieser �Angel21�, ER war der Schl�ssel zur L�sung. ER hatte mit Susan Thompson ein Treffen bei dieser Disco vereinbart, hatte eine Nachricht f�r sie hinterlassen, wahrscheinlich zu einem anderen Treffpunkt gelockt, vielleicht sogar zum Tatort selbst. ER war die einzige brauchbare Spur, die sie zurzeit hatten. Dumont kam eine Idee. Ms Diana Hawkins von der Computerabteilung der Polizei k�nnte im Chat nach diesen �Angel21� Ausschau halten. Es k�nnte sogar sein, dass sie sogar herausfinden konnte, von wo ER surft. Mit diesen Gedanken wandte sich Inspektor Dumont an die Mutter. �Mrs. Thompson, ich m�chte mich f�r ihre Hilfe bedanken. Ich wei�, wie sehr jetzt der Schmerz in Ihnen nagt, darum sch�tze ich es sehr, dass sie so offen gewesen sind, um uns bei der Aufkl�rung dieses Verbrechens zu helfen.� Dann trat er zu Rebecca Wilson. �Ich bleibe noch bei ihr�, sagte sie. �Sehr lieb von Ihnen, es ist gut, wenn sie jetzt jemanden hat.� Jackie Thompson war inzwischen von Susans Bett aufgestanden und ging mit zittrigen Schritten zur T�r. Dumont folgte ihr die Stufen runter zur Haust�r. Da fiel sein Blick auf ein eingerahmtes Blick, rechts an der Wand. Es zeigte die Mutter, die einen Arm um ihre nun verstorbene Tochter geschlungen hatte und daneben ein Mann, vermutlich der Vater von Susan. �Ist das ihr Mann?� fragte er und zeigte auf das Foto. ��h, ja...er ist gerade auf Gesch�ftsreise in Boston. Er kommt mit der n�chsten Maschine. Susan war f�r George das.....Sch�nste auf der Welt. Leider verbrachte er viel zu wenig Zeit mit ihr, da er so oft gesch�ftlich unterwegs ist.� Vor den n�chsten Worten rannen ihr wieder Tr�nen �ber die Wangen. �Jetzt...jetzt ist es leider zu sp�t...nun kann er nie...entschuldigung...� Das war zuviel f�r die Frau. Sie brach wieder in Tr�nen aus. Rebecca war auch aus Susans Zimmer gekommen und ging nun in schnellen Schritten zur weinenden Mutter runter, um sie tr�sten zu k�nnen. Das w�rde ihr zwar nicht gelingen, aber trotzdem, in diesen Stunden durfte man diese Frau, die momentan ein �menschliches, nervliches Wrack� war, aber nicht allein lassen. Und auch Rebecca selbst brauchte jemanden, bei dem sie ohne Bedenken ihrer Trauer freien Lauf lassen konnte. Sie f�hrte Mrs Thompson zu der nahe gelegenen Coach und die Frau setzte sich, langsam wieder zur Ruhe kommend. �Mrs. Thompson, nochmals Danke f�r ihre Hilfe. Ich werde sp�ter noch einen Beamten zu ihnen schicken, der nach dem Rechten schauen wird.� Die Frau nickte nur. Sie war momentan zu schwach zum Reden, zu schwach f�r alles. Dumont warf noch einmal einen kurzen Blick auf sie, dann trat er aus dem Haus und schloss die T�r hinter ihm. Da blieb er stehen, musste kurz verschnaufen. Diese Arbeit, den Eltern nach dem Tod ihrer Kinder Fragen stellen zu m�ssen, geh�rte zu den nervenaufreibendsten Sachen im Polizeidienst. Er fasste in die Jackentasche und holte eine schon halbleere Packung Marlboro heraus. Er z�ndete sich eine Zigarette an und zog einmal fest an. Er steckte die Packung wieder in die Tasche und trat langsam zu seinem Wagen. Was war das doch f�r ein �toller� Tagesbeginn gewesen. Andre Dumont blickte auf seine Armbanduhr. Kurz vor halb zehn. Er w�rde sich gleich auf den Weg ins Revier begeben. Ungef�hr gegen zehn Uhr m�sste er dort sein. Er trat zu seinem Wagen, setzte sich hinein und startete den Motor. Mit der Absicht, am Revier gleich der Computerspezialistin Ms. Diana Hawkins ihre neue Aufgabe mitzuteilen, verlie� er die Harrington Street Richtung Innenstadt.

 

W�hrend Inspektor Andre Dumont mit seinem Dienstfahrzeug das Haus der Thompsons hinter sich lie�, sa� nur wenige Meilen davon entfernt ein Mann gem�tlich in einem schon an vielen Stellen aufgerissenen Ledersessel in einem kleinen Haus ,welches von innen wie auch von au�en einen erb�rmlichen Eindruck machte. Er las sich gerade die �Dallas Morning News� durch. Der Mann hatte sie sich von dem unten an der Stra�e stehenden Zeitungsbeh�lter geholt. Normalerweise las er sonst fast nie Zeitungen, wirklich sehr selten. Doch an diesem Tag war es etwas anderes. Er suchte nach etwas Bestimmten. Er bl�tterte neugierig die Seiten durch, und bereits auf Seite 5 wurde er f�ndig. Der Mann blickte angestrengt auf den Artikel, las ihn sich hochkonzentriert durch.

 

ARLINGTON,TX- In der Nacht auf heute wurde die 19-j�hrige Susan T. Opfer eines kaltbl�tigen Mordes. Sie wurde im Stadtpark von Arlington durch drei genaue Messerstiche in den Oberk�rper get�tet. Ein Raubmord wird ausgeschlossen, viel mehr geht man von einer Vergewaltigung aus. Das Mordopfer muss ihrem T�ter direkt am Tatort in die Arme gerannt sein, sie konnte aller Anschein nach zuerst fl�chten, doch wenige hundert Meter weiter muss sie ihr M�rder gefasst haben. Dort kam es dann zur Bluttat. Eine verwelkte Rose, die der T�ter offenbar bei Susan T., die als kontaktfreudiges und wegen ihrer netten Art als sehr beliebtes M�dchen von nebenan bekannt war, nach dem Mord hinterlassen hatte, gibt der Polizei einige R�tsel auf.  Bisher gibt es noch keine konkreten Hinweise, auch Zeugen haben sich bis jetzt noch keine gemeldet. Der Kommissar der Arlingtoner Polizei Edward Payton meinte in einem Interview, das er auch nicht mit sp�teren Zeugenaussagen spekuliert, die Tat geschah ja erst gegen 23 Uhr und um diese Zeit w�ren kaum mehr Menschen im oder vor dem Park unterwegs. Man hofft nun, dass man nach der Obduktion des M�dchens mehr �ber das Gewaltdelikt sagen kann.

Wenn Sie Hinweise zu diesem schrecklichen Verbrechen haben, dann rufen Sie die Nummer (972)333-5652 oder richten Sie sich direkt an die Polizei von Arlington.

 

Zufrieden blickte der Mann von der Zeitung auf. Er legte sie auf dem neben dem Sessel stehenden Tisch, der auch schon ein wenig wackelig aussah, stand auf und ging durch das heruntergekommene Zimmer. Es war wie auch die restlichen R�ume sehr schmutzig, dreckige Kleidungsst�cke lagen verstreut auf seiner Couch und den restlichen M�belst�cken. An manchen Stellen br�ckelte schon Putz von den W�nden, Spinnweben hingen an den Ecken der miefenden R�ume. Doch dem Mann war seine Behausung ziemlich egal. Erstens, weil er sowieso die meiste Zeit unterwegs war und zweitens hatte er momentan ganz andere Gedanken zu verschwenden. Er ging zur Couch hin�ber und nahm ein Foto, das darauf lag, in die Hand. Es zeigte ein h�bsches blondes M�dchen. 17, vielleicht 18 Jahre alt. �Juliette�, fl�sterte vor sich hin, mit Erregung blickte er gebannt auf das Bild in seiner Hand, �Juliette, Du wirst meine n�chste Rose sein, schon sehr bald...�. Er trat zur an den Angeln schon leicht angerosteten Haust�r, zog sich seine davor stehenden Schuhe an und nahm sich noch den schwarzen Trenchcoat vom Kleiderhaken neben der T�r, bevor er das Haus verlie� und das Foto in die rechte Seitentasche steckte.

 

Tanson,...Tedford,...Thompson, ja, Susan Thompson alias �BlackGirl2000� aus Arlington! Endlich! So, und jetzt suchen wir nach �Angel021�...nein�nein, kein �Angel021� zu finden, leider�� Diana Hawkins blickte vom PC auf. �K�nntest du herausfinden, mit wem Miss Thompson alles gechattet hatte?� fragte Dumont und schaute die Computerspezialistin  hoffnungsvoll an. �Ja, ich probiere es, also...�, sie tippte wie verr�ckt auf der Tastatur herum, auf dem Monitor �ffneten sich verschiedene kleine Fenster. Ein Polizist hatte kurz zuvor noch schnell den Computer von Susan Thompson abgeholt und hierher gebracht. Diana erhoffte sich, herauszufinden, mit wem Susan gechattet bzw. wo ihre Chatpartner zu dieser Zeit gesessen haben. Zuerst hatte sie im Internet umhergesurft und in einigen Chatr�umen nach einer registrierten Susan Thompson gesucht und schon nach einer Viertelstunde war sie in der �Texas Chatworld� f�ndig geworden. Und laut den Daten handelte es sich zu hundert Prozent um das Mordopfer. �Andre?� �Hm...ja..?� �Ich habe im Computer des M�dchens umhergesucht und �interaktive Adressen� ihre Chatkollegen gefunden. Also, sie chattete vorwiegend mit �erraten- �Angel021� und dieser chattete ebenfalls von Arlington aus. Das kann ich hiermit schon mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Darum k�nnen wir die Suche auf die Stadt selbst konzentrieren...er muss ihr wirklich den Kopf verdreht haben, weil allein in den letzten zwei Wochen chattete sie an neun Tagen mit ihm, meistens stundenlang, zuletzt drei Tage vor ihrem Tod. Laut der IP - Adressen hat dieser Typ immer vom selben Ort aus mit Susan gechattet bzw. auch die E-Mails gesendet. Sie ist genau identisch, das hei�t, dass es sich um einen ISDN-Server handelt, bei dem man sich immer mit derselben Nummer ins Internet einw�hlt. So, ich gebe diese �Adresse� nun in das Suchprogramm meines Computers ein....� Andre Dumont sah ihr bewundernd zu, wie schnell und pr�zise sie mit diesen Rechnern umgehen konnte. �So, geschafft, nun m�ssen wir auf das Ergebnis warten. Das kann eine Weile dauern.� Andre blickte nachdenklich vom Bildschirm auf. �Danke f�r deine Hilfe, Diana!� �Kein Problem, ich werde noch im Chat nach diesem �Angel021� fragen, vielleicht kann jemand Hinweise zu seiner wirklichen Identit�t machen, ok?� Dumont war echt froh, dass sich seine nette Kollegin von der Computerabteilung so viel Zeit nahm, um ihm bei diesem Fall unter die Arme zu greifen. �Das w�re echt toll von dir, danke! Hoffentlich halte ich dich nicht von einer anderen Arbeit ab.� �Keineswegs, ich brauche sowieso immer neue Herausforderungen. Er verabschiedete sich von ihr und verlie� ihr Arbeitszimmer Richtung Leichenschauhaus. Ein Beamter hatte ihn vorhin dar�ber informiert, dass die Obduktion bereits abgeschlossen war.

 

Kurz nach Mittag betrat Inspektor Dumont die Leichenhalle von Arlington. Es wehte ihm eine k�hle Brise entgegen, als er die T�r �ffnete. Der Gerichtsmediziner Dr. Arthur Patterson stand neben der Leiche von Susan Thompson, die auf einem der eisernen Obduktionstische lag, zugedeckt mit einem wei�en Tuch. Dr. Patterson drehte sich um, als er das �ffnen der T�r h�rte. �Ah...Inspektor...ich habe sie bereits erwartet�, wandte er sich an Dumont. �Sie wollten mich sprechen?� fragte dieser gleich zur�ck. �Ja, ich wollte Ihnen etwas zu der abgeschlossenen Autopsie des Opfers sagen....wir haben Blut und Hautpartikel unter den Fingern�geln der rechten Hand gefunden�, berichtete der Gerichtsmediziner. Dumont fragte nach: �Hat man sonst noch irgendwelche Spuren gefunden?� �Ja, die wunden Stellen im Genitalbereich schlie�en auf eine Vergewaltigung, es wurden auch Samenspuren gefunden. Ich habe schon Proben von allen Stellen ins Labor nach Dallas gegeben. Wenn wir Gl�ck haben, k�nnten wir schon bald den Namen des M�rders wissen.� Der Mediziner trat zur aufgebahrten Leiche, zog das Tuch davon runter und zeigte mit seiner rechten Hand auf den Oberk�rper von Susans leblosen K�rper. �Die Todesursache waren, wie schon vermutet, die Stiche in den Oberk�rper. Einer der Stiche, vermutlich der letzte, traf das Herz, was das Leben von Mrs. Thompson beendete. Wir haben zwar noch eine Wunde am Hinterkopf gefunden, die d�rfte von einem Kampf mit dem T�ter stammen.� Mit einer gewissen Entt�uschung nickte Andre Dumont zum Bericht des Mediziners. �Wie lange wird es dauern, bis man die Spuren analysiert hat?� fragte er den Arzt. �Kann ich leider nicht sagen. Ich habe zwar den Leuten gesagt, dass dieser Fall Priorit�t hat, aber vor morgen fr�h wird es sicher keine Resultate mehr geben.� �Ah, danke...rufen Sie mich wieder an, wenn es wieder was Neues gibt. Meine Nummer haben sie ja.� Er verabschiedete sich bei Dr. Arthur Patterson und verlie� sehr rasch den k�hlen Raum.

 

Endlich Mittag! Juliette Sanders trat erfreut zu ihrem Spind. An diesem Sonntag war zwar kein regul�rer Schultag, doch die Sch�ler mussten doch alles f�r den Maiball, der den Samstag darauf stattfinden w�rde, vorbereiten. Aber jetzt hie� es : Endlich nach Hause! Sie zog einen kleinen Schl�ssel aus der Hosentasche und �ffnete damit das Schloss des Spinds. Als sie gerade ihre Schulsachen rausholen wollte, die sie noch f�rs Lernen ben�tigte, fiel ihr Blick auf das unterste von den drei Regalen, die in dem Spind befestigt waren. Da lagen eine wundersch�ne rote Rose und darunter ein wei�es Kuvert. �berrascht starrte die 18-j�hrige Juliette auf das Geschenk. Wie kam es in den Spind? Wer hat es da reingelegt? Was stand im Brief? Wenigstens die letzte Frage wollte sie so schnell wie m�glich beantwortet haben. Voller Neugier nahm sie das Kuvert, �ffnete es und zog einen Zettel heraus. Zuerst �berflog sie nur die geschriebenen Zeilen, dann wurde sie langsamer und las schlussendlich Wort f�r Wort durch. W�hrend dem Lesen err�teten ihre Wangen und sie begann sch�chtern zu grinsen. Als sie mit dem Lesen fertig war, begann sie nochmals von vorne.

 

 

 

 

 

Liebe Juliette!

 

Diese Rose ist f�r Dich. Ich hoffe, sie gef�llt Dir.

Leider kann sie nicht die Sch�nheit ausdr�cken, die Deiner w�rdig ist.

Ich beobachte Dich schon seit Wochen und ich finde Dich einfach gro�artig.

Du bist wahnsinnig h�bsch, reizend und bist ganz anders als die anderen M�dchen, die ich so kenne. Du bist sympathisch und sooo s��.

Ich m�chte Dich gerne kennen lernen.

Ich werde mich bald wieder melden.

Bis bald, meine Rose

 

Ein Verehrer

 

Juliette wusste nicht, was sie sagen sollte. Da bekam sie nun einmal einen sch�nen Brief von einem Jungen und wusste dann nicht, von wem er stammt. Nachdenklich steckte sie den Zettel wieder zur�ck in das Kuvert, nahm auch die Rose aus dem Spindregal, roch einmal kr�ftig an der Bl�te und gab beides in ihren gelben Schulrucksack. Sie nahm ihn auf die Schulter und schloss den Spind. Dann ging sie mit einem Grinsen auf dem Gesicht Richtung Schulausgang, wo ihr Fahrrad stand. Dieser Verehrer, wer war er wohl? Sie sollte es bald genug herausfinden. Sehr bald.

 

 

MONTAG, 21.Mai 2001

 

�Diana, gibt es etwas Neues?� Mit schnellen Schritten trat Andre Dumont ins B�rozimmer der Computerspezialistin. Es war kurz nach zehn Uhr morgens. Am letzten Tag konnten leider keine weiteren wichtigen Hinweise oder Spuren zum Mordfall �Susan Thompson� mehr ermittelt werden. Der Barkeeper des �Trance Town� wurde am Nachmittag zum Revier gebeten, um eine Zeugenaussage abzugeben, doch es konnte nichts Neues als beim ersten Gespr�ch am Vortag herausgefunden werden. Er konnte keine konkrete Beschreibung des Mannes abgeben, den er in der Mordnacht in der Disco getroffen hatte, und auch sonst hatte er schon alles bei der ersten Stellungsnahme den Beamten gesagt. Mit einer gewissen Entt�uschung hatte Andre Dumont am ereignisreichen Sonntag gegen f�nf Uhr abends sein B�ro verlassen und zu seiner Wohnung gefahren, in der er sich noch schnell kalt duschte und sich dann auf seine Couch legte und einfach nachdachte. Es war ein turbulenter Tag gewesen. Nach seinem Besuch bei Dr. Patterson musste er der lokalen Presse Stellungsnahmen abgeben. Kein Hinweis, kein richtiger Zeuge, es war zum Haare raufen! Dumont nickte schlie�lich nach knapp einer Stunde des Nachdenkens ein, wachte erst wieder mitten in der Nacht auf, wo er sich in sein gem�tlicheres Bett begab, um seinen jedoch unruhigen Schlaf fortzusetzen. Er musste oft an Mrs. Thompson denken, sie hatte ihn an seine Mutter erinnert, als die Polizei damals die Nachricht �berbrachte, dass seine Schwester Liz Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war. �hnlich wie bei Jackie Thompson brach f�r seine Mutter die Welt zusammen. Warum, warum nur? Sie war kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Zuletzt fuhr Dumont jede zweite Woche zu seiner Mutter, und jedes Mal war Liz eines der Hauptthemen der beiden. Dieser Schweinehund William Monterrey hat das Leben von Marie Dumont f�r immer zerst�rt. Mit diesen grausamen Erinnerungen schlief Dumont endg�ltig ein, bevor er um halb sechs Uhr in der Fr�h wieder aufwachte und sich f�r die Arbeit zurechtmachte. Mit der Hoffnung, dass wenigstens seine Kollegin von der Computerabteilung, Diana Hawkins, etwas Neues herausgefunden hatte, stieg er in seinen Dienstwagen und fuhr Richtung Revier. Zuerst wurde er ins B�ro von seinem Vorgesetzten Edward Payton gerufen, um diesen die bisherigen Ergebnisse der Ermittlungen mitzuteilen. Nach dem etwa f�nfzehnmin�tigen Gespr�ch verlie� er das Zimmer des Polizeikommissars und noch bevor er zur�ck in sein B�ro ging, schritt er zu Mrs. Hawkins� B�rozimmer. �Ah, Herr Kollege, du bist es!� Diana Hawkins drehte sich vom Computermonitor weg, richtete ihren Blick Richtung Dumont. �Ja, ich konnte herausfinden, von welchem Server aus dieser �Angel021� chattete. Er surfte vom �Cool Spirit� - Internet-Cafe von Arlington aus, also k�nnte es jeder Besucher gewesen sein, der �fter im Cafe war. Ich rief dort schon an. Die Frau am Telefon sagte mir, dass es Dutzende Jungen gibt, die beinahe jeden Tag im Cafe am PC h�ngen.� �Danke f�r die M�he...!� Andre Dumont trat an den Schreibtisch von seiner Kollegin, beugte sich r�ber und gab ihr einen von der Frau nicht erwarteten Kuss auf ihre linke Wange. �Danke, ich finde es wirklich toll von dir...., �h, ich werde einen Beamten mal in dieses Internet-Cafe schicken, er soll einige Aussagen aufnehmen.� Andre Dumont sagte das voller Abwesenheit. Er hatte diesen Kuss nicht geplant, er kam instinktiv, aus seinem innersten Gef�hl heraus. Seit Mrs. Hawkins vor knapp f�nf Monaten zu diesem Revier versetzt worden war, hatte er selten mit ihr zu tun. Manchmal sahen sie sich auf den G�ngen des Reviers, aber pers�nlicher war es zwischen den beiden kaum geworden. Sie duzten sich, ja, weil es Diana und auch Andre so lieber war. Es machte das Arbeiten mit Kollegen gem�tlicher. Und nun dieser unschuldige Kuss auf die Wange. Andre sp�rte ein Kribbeln im Bauch. Es schien, als ob er sich in seine Kollegin ein wenig verknallt hatte. Was Dumont nicht ahnen konnte, war, dass auch Diana ihren Kollegen �u�erst sympathisch und attraktiv fand und den Augenblick, als Dumont sie auf die Wange k�sste, genossen hatte. Nat�rlich, es w�re ihr noch lieber gewesen, wenn er ihre Lippen gek�sst h�tte, aber es war ein Anfang. Dumonts Gedanken wurden schnell wieder in die Realit�t zur�ckgeholt. Zuerst galt es einen kaltbl�tigen Mord zu l�sen. �Entschuldigung, weil ich...dich...� Wiederum wurde er von seiner Kollegin unterbrochen. �Du brauchst dich f�r nichts zu entschuldigen...und ich helfe dir sehr gerne.� �...das h�re ich gern....Diana...� Diesmal st�rte Dumont das Piepsen seines Handys. Mit ein wenig Wut im Bauch nahm er den Apparat aus der Jackentasche. �Ja, bitte?� �Inspektor Dumont, hier ist Dr. Patterson von der Gerichtsmedizin.� Die Stimme des Mediziners klang aufgeregt.

 

Da f�hrt sie. Juliette, meine Rose. Das M�dchen sa� auf ihrem Fahrrad und radelte gerade gestresst zur Schule. Sie wohnte mit ihren Eltern und ihrem um sechs Jahre j�ngeren Bruder Brad in einer Eigentumswohnung, knapp drei Kilometer vom  Arlington College entfernt. Sie hatte sich an diesem Morgen wieder mal verschlafen. �Schei�e!� Mit einem ver�rgerten Blick auf die Armbanduhr trat sie noch schneller in die Pedale. Schon f�nf vor Acht. Der Unterricht begann schon in wenigen Minuten. Endlich, da war ja schon die Schule. Gekonnt vom Fahrrad geschwungen, legte Juliette nur noch schnell ein Schloss am Rad an und rannte mit ihrem gelben Rucksack auf dem R�cken ins Geb�ude. Wenige Meter vom Schulgeb�ude entfernt parkte ein alter, an einigen Stellen schon angerosteter Ford. Am Lenkrad sa� erregt ein Mann im Trenchcoat, mit Genuss dem fast zu sp�t zum Unterricht gekommenen M�dchen ins Schulgeb�ude laufend nachblickend. Oh, Juliette! Nachdem er noch einige Minuten Richtung Schuleingang starrte, in der Hoffnung, dass seine Rose vielleicht wieder herauskam, startete er schlie�lich den Motor des Wagens an. Mit krachendem Ger�usch fuhr der Mann vom Parkplatz weg, mit seinen Gedanken noch immer bei seiner Rose.

 

�Ja, Doktor, was gibt�s?� ��h...Mr. Dumont, ich wei� nicht, wie ich es Ihnen sagen soll...heute fr�h bekam ich die Ergebnisse der dem Opfer abgenommenen Spuren. Die Analytiker lie�en ihre Werte durch den Polizeicomputer von Dallas laufen...und tats�chlich, nach einiger Zeit wurden sie f�ndig....wir wissen jetzt, wen Susan Thompson vor ihrem Tod gekratzt hat, ...wer sie vergewaltigt hat...� Der Blick von Dumont wandte sich seiner Kollegin zu, die ihn neugierig anblickte. �Aha, das sind ja hervorragende Nachrichten, Dr. Patterson! Wie hei�t der T�ter?� Die Antwort des Mediziners lie� auf sich warten. Dumont vernahm ein skeptisches Seufzen des Arztes. �Ich bin echt verwirrt....� �Was meinen Sie..., wie hei�t nun der M�rder von Ms. Thompson?� �Der vermeintliche T�ter hei�t Paul Sylka. Er wohnte in einer kleinen Wohnung im Osten von Dallas...er steht im Computer wegen einiger Delikte. Schon fr�her hat er Frauen angegriffen...� �Super, und wo wohnt er jetzt?� fragte Dumont. Einige Sekunden war Totenstille am anderen Ende der Leitung. Mit leiser Stimme sprach dann Dr. Patterson zum Inspektor. �Mr. Dumont, es ist so,..., Sylka hat keine Anschrift mehr...� �Was meinen sie, Doktor?� hackte Dumont nach. Was hatte Dr. Patterson denn? �...Paul Sylka arbeitete in einer Autoproduktionsfirma im Industrieviertel von Dallas. Im November letzten Jahres gab es ein gro�es Feuer in der Fabrik...� Die Stimme des Arztes verstummte wieder. �Doktor...und was hat das mit diesem Sylka zu tun?� Dumont wurde langsam ungeduldig. Warum konnte Dr. Patterson ihm nicht einfach sagen, wo dieser Mistkerl wohnhaft war, damit man ihn so schnell es ging festnehmen konnte? �Mr. Dumont,...Paul Sylka...wurde Opfer bei diesem Feuer....die Spuren unter den Fingern�geln von Susan Thompson, die gefundenen Samenspuren, sie stammen von einem Mann, der....�, der Doktor musste tief durchatmen, bevor er weiterreden konnte. � Paul Sylka.... der M�rder, nach dem wir suchen,...er ist am Hauptfriedhof von Dallas begraben,...�

�Was? Dr. Patterson, was wollen sie mir damit sagen?� Dumont war verwirrt. Diana sah ihn voller Neugier an. Er sch�ttelte den Kopf hin und her. Was soll das sein. Ein geschmackloser Witz. Den 1. April hatten wir ja schon. Die unglaubliche Antwort gab ihm Patterson. �Mr. Dumont, ich kann es selber nicht erkl�ren, aber der vermeintliche T�ter Paul Sylka...er ist schon seit �ber einem halben Jahr tot...�

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.PAUL SYLKA

 

 

 

 

 

�Miss Sanders!� ��h...ja, bitte?� Juliette wachte durch die strenge Stimme ihrer Englischprofessorin Mrs. Hackelbuck aus ihren Tagtr�umen auf. �Miss Sanders, wo waren Sie blo� wieder mit ihren Gedanken?� Das M�dchen err�tete. W�hrend sich die nervige Lehrerin wieder der Tafel zuwendete, um mit ihren bunten Kreiden Grammatikregeln weiter raufzukritzeln, drehte sich Juliette um, schaute durch die Klasse. Besonders musterte sie die Jungen. Wer von denen k�nnte wohl in sie verknallt sein? Welcher Junge schrieb ihr diese netten Briefe und schenkte ihr sch�ne rote Rosen? Sie wandte sich wieder der Besch�ftigung zu, der sie vor Mrs. Hackelbucks Ermahnung nachgegangen war. Sie hatte sich eine Liste aller Sch�ler der ganzen Schule angefertigt, welche f�r diese romantischen Gesten in Frage k�men und welche auch am Sonntag wegen der Ballvorbereitung in der Schule anwesend waren. Einige Namen hatte sie schon durchgestrichen, weil der eine, Jason Preston, seit Donnerstag eine neue Freundin hatte und ein anderer potenzieller Kandidat, George Dyer, doch nicht so viel von ihr zu halten schien. Der n�chste Name auf der Liste war James McGovern. Er war neunzehn Jahre alt, also ein Jahr �lter als Juliette, hatte schwarze Haare und einen muskul�sen K�rper.  Sie fand ihn ziemlich s�� und ihr neuer Verehrer musste einfach s�� sein. James k�nnte es wirklich sein. Doch dann fiel Juliette etwas ein. James konnte es auch nicht sein. W�hrend die Sch�ler noch eifrig am Arbeitsplan f�r den Ball t�ftelten, musste er schon wieder zum Baseball-Training seines Vereins. Und er war da schon zu sp�t  dran, um auch noch Spinds aufzuknacken und seinen Liebesbeweis zu hinterlegen. Nein, leider, auch James konnte es nicht sein und wenige Sekunden sp�ter war sein Name von der angefertigten Verehrer-Liste eliminiert. Schon wollte Juliette zum n�chsten Namen schreiten, als die schon bekannte Stimme ihrer Lehrerin zu ihr durchdrang. �Miss Sanders! Ich sage es Ihnen zum letzten Mal, passen Sie endlich auf! Wenn Sie den Unterricht zu langweilig finden, k�nnen Sie ruhig nach Hause gehen. �Und die n�chsten Worte richtete Mrs. Hackelbuck genervt an die ganze Klasse, die knapp zwanzig Sch�ler umfasste.  �Es ist nun mal Euer letztes Jahr. Wir wollen ja nur, dass am Schluss jeder bei der Abschlusspr�fung durchkommt! Also macht doch beim Unterricht mit, dann habt ihr auch zu Hause nicht mehr so viel zum Lernen, oder etwa nicht?� Die Lehrerin blickte durch ihre �bergro�e Brille durch die Tischreihen. Von dem einen oder anderen Platz kam ein Seufzen, was soviel bedeuten sollte wie �H�ren Sie auf zu quatschen, wir haben es eh verstanden!� Juliette hatte inzwischen die Liste in ihren Rucksack gesteckt. Irgendwie war es ihr peinlich, dass die Lehrerin dauernd sie anredete. Die anderen in der Klasse passen doch auch nicht auf. Juliette blickte genervt auf die Uhr. Zum Gl�ck, nur noch zwanzig Minuten, dann endlich frei! Da an diesem Montagnachmittag die Lehrer eine Konferenz hatten, war Gott sei Dank nach dieser Unterrichtseinheit beziehungsweise in ungef�hr einer Viertelstunde dieser Schultag zu Ende. Mrs. Hackelbuck hatte sich auf den Lehrersessel begeben und gab den Sch�ler einen verst�ndlichen Wink, doch das Englischbuch aufzuschlagen. �So, bl�ttert bitte auf Seite 67 und macht die �bungen 4 und 5. Wer fertig ist, gibt mir die Arbeiten ab.� Uff! Das fehlte gerade noch! Aber was soll�s? Juliette las sich die Aufgabenstellung genau durch und stellte fest, dass sie kaum noch Lust hatte, mit einem kurzen Aufsatz �ber Texas und einer kompliziert aussehenden Grammatik�bung zu beginnen. Dann kam ihr der rettende Gedanke. �Mrs. Hackelbuck? Ich m�sste auf die Toilette!� Die Lehrerin rollte ihre Augen, doch nickte sie schlie�lich nachgebend. Kaum hatte das M�dchen die Klassent�r hinter sich geschlossen, schnaufte sie kurz einmal tief durch. Dann begab sie sich um doch auf Nummer sicher zu gehen auf die M�dchentoilette, die sich direkt neben den Spindf�chern der Sch�ler befand. Dort blieb sie knapp f�nf Minuten, blickte noch mal auf ihre Uhr �noch knapp zehn Minuten- und entschied sich die restliche Zeit doch wieder in die Klasse zu gehen. Es k�me der Lehrerin doch ein wenig komisch vor, wenn Juliette fast f�nfzehn Minuten auf der Toilette verweilen w�rde. Au�erdem war der Unterricht eh schon so gut wie gelaufen. Also trat sie wieder aus dem Raum heraus. Als Juliette dann wieder an den Spinden vorbeischlenderte, fiel ihr Blick auf eines, welches einen kleinen Spalt ge�ffnet war. Als sie die Nummer darauf genau ansah, erstarrte sie. Es war ihr Spind. Neugierig trat sie vor das Fach und �ffnete es ganz. Und da lag wieder wie am Tag davor ein Kuvert, und auch dieses Mal lag daneben eine wundersch�ne rote Rose. Juliette wurde sofort wieder warm ums Herz. Schon wieder eine Nachricht von IHM! Sie wusste zwar nicht, wen sie mit diesem IHM meinen sollte, doch sie malte IHN sich in ihren vertr�umten Gedanken aus. Er musste ein unbeschreiblich romantischer und charmanter Typ sein. Ungeduldig und voller Erwartung riss sie das Kuvert auf und zog den Inhalt heraus. Sie schlug den Zettel auf und sah ihn sich zuerst an, dann fing sie an ihn zu lesen, f�rmlich zu verschlingen.

 

Liebe Juliette!

 

Ich bekomme das Bild Deines wunderh�bschen Gesichts einfach nicht mehr aus meinem Kopf!

Ich schmelze bei Deinem Anblick immer wieder dahin.

Ich w�rde Dich wirklich sehr gerne mal treffen, Dir meine Gef�hle f�r Dich pers�nlich ausdr�cken! Wenn Du mich auch kennen lernen m�chtest, hinterlege in Deinem Spindfach einen Brief von Dir! Ich werde mich sehr bald wieder bei Dir melden!

 

Bis dahin, Kuss

Dein Verehrer.

 

Dar�ber war das Bild einer Rose aufgedruckt. Einer Rose, die gerade bl�ht, w�chst, sich zu ihrer Sch�nheit entwickelt.

Juliette seufzte vor sich hin. Wer war ER blo�? ER musste ihr diesen Brief schon in der Fr�h reingelegt haben. Weil sie zu sp�t zum Unterricht gekommen war, hatte sie nicht mal Zeit, zu ihrem Spind zu gehen. Bis jetzt. ER wollte, dass sie diesen Brief findet. Darum lie� ER diesmal das Spindfach einen Spalt offen, damit sie seine Nachricht bekommt. Sie wollte sich den Brief noch einmal durchlesen, als eine schrille Stimme durch den Schulflor hallte. �Miss Sanders! Kommen Sie sofort wieder in die Klasse!� Mrs. Hackelbuck stand im T�rrahmen des Klassenzimmers, in dem sie gerade unterrichtete. �...Entschuldigung, ich komme schon, einen Moment noch...� Juliette verstaute den Brief wieder im Kuvert und legte ihn wieder ins Regal des Spinds. Nach dem Unterricht w�rde sie ihn sich dann holen. Sie schloss noch schnell das Fach und begab sich genervt wieder in die Klasse, um die restlichen f�nf Minuten noch abzuarbeiten.

 

�Tot?� Dumonts Stimme �berschlug sich fast, als er ins Handy zur�ckschrie. �Es ist den untersuchenden Leuten wirklich kein Fehler unterlaufen?� �Nein, Inspektor, wir haben konkrete Beweise, dass der M�rder von Susan Thompson und der Mann, der vor einem halben Jahr bei einem Brand ums Leben kam, ein und derselbe ist, auch wenn das nicht zu erkl�ren ist...Mr. Dumont, die Blutproben stimmen mit hoher Sicherheit �berein. Paul Sylka war Samstagnacht im Park...Paul Sylka hat Miss Thompson vergewaltigt und kaltbl�tig erstochen...aber wie?� Dr. Patterson hatte es selbst die Stimme verschlagen. Wie konnte man auch diese neue Beweislage interpretieren? Ein toter Kerl steigt aus seinem Grab und bringt schnell ein M�dchen um, wir sind doch hier nicht bei beliebten Teenagerserien wie �Buffy� oder so! Das hier ist die harte Realit�t! Aber es blieb eine Frage bestehen: Wie? Wie konnte ein Mann jemanden t�ten, wenn er schon seit l�ngerer Zeit selbst tot war? Dumont drehte sich im Kreis, sein Handy am Ohr, dauernd zu seiner Kollegin schauend. Diana Hawkins konnte noch nicht ahnen, was ihr Kollege gerade erfahren hatte. Doch sie sah ihm an, dass er sehr beunruhigt aussah, irgendwie fassungslos. Und das war Andre Dumont auch. �K�nnten Sie mir die Akte von Paul Sylka faxen lassen, von der Sache beim Gericht bis zum Tod, ok?� Dr. Patterson stimmte ihm zu und teilte dem Inspektor weitere Informationen mit. �Vielleicht fragen Sie sich, warum Sylka damals nicht verurteilt wurde. Das hat einen ganz interessanten Grund. Zu der Zeit, als er diese Frau angegriffen hatte, war er unter psychiatrischer Behandlung wegen erh�hter Aggressivit�t und Depressionen. Darum erkl�rte man ihn vor Gericht zu unzurechnungsf�hig. Er besuchte diese Behandlung weitere Monate, bevor er durch das Arbeitsamt einen kleinen Job in dieser Autowerkstatt fand. Sylka freundete sich mit einem Kollegen an, der ihn bei sich wohnen lie�. Die m�ssen sich sehr nahe gestanden sein, weil nach dem Unfall der Mann nie mehr in der Arbeit auftauchte. Er schickte ein knappes K�ndigungsschreiben an den Leiter der Firma und ab diesen Moment hatte man nichts mehr von ihm geh�rt. Er ist auch aus seiner Wohnung ausgezogen. Darum wei� man momentan nicht seinen Aufenthaltsort. �Macht nichts, es braucht auch nicht von Bedeutung sein.� Dumont versuchte alle M�glichkeiten zu kombinieren, doch irgendetwas passte nicht zusammen. �Wissen Sie was, w�ren Sie so nett und k�nnten mir auch die Akte von Sylka aus der psychiatrischen Anstalt, wo er in Behandlung war, besorgen?� �Kein Problem, ich wollte sowieso noch einmal beim Revier in Dallas wegen der Sache anrufen. Da kann ich auch das noch dazwischenflicken.� �Danke...ich hoffe, nachdem ich mich durch diese Aufzeichnungen gek�mpft habe, entdecke ich mehr Licht im Dunkeln als bisher.� �Viel Gl�ck...Mr. Dumont...ich lasse die Akten gleich zu Ihnen durchfaxen.� �Vielen Dank, Doktor!� Andre Dumont steckte sein Handy wieder in die Seitentaschen seiner Jacke und wandte sich Mrs. Hawkins zu, um ihr die neuesten Ergebnisse, so verr�ckt und unglaublich sie auch klangen und auch waren, mitzuteilen.

 

Der Mann, der ein paar Stunden zuvor noch erregt Juliette Sanders nachgestarrt hatte, stand nun in seinem Haus �wenn es den Begriff �Haus� �berhaupt verdient hatte, es glich eher einer kleineren Ruine- vor einem h�lzernen, von Holzw�rmern schon ein wenig angenagten Tischchen, auf denen lauter Fotos von einem M�dchen darauf sch�n geordnet lagen. Der Mann musterte lustvoll die selbstgeschossenen Bilder. Sie ist noch h�bscher, als es Susan war! Und sie wird bald mir geh�ren,...wie ich auch Susan bekommen habe....nicht mehr lange..! Er nahm sich das eine oder andere Foto, blickte es voller Erwartung an, bevor er es wieder zu seinem urspr�nglichen Platz zur�cklegte. Ein Foto zeigte das M�dchen auf dem Fahrrad, ein anderes beim Joggen und wieder ein anderes vor dem Schuleingang. Der Mann hatte sie nun seit einigen Tagen im Blickfeld gehabt. Er hatte immer seinen alten, aber noch immer funktionierenden Fotoapparat in seinem Wagen liegen, man wusste ja nie, ob er leicht seine Rose vors Visier bekam. Er fand das M�dchen sehr sexy, wahnsinnig s��. Und sie w�rde bald in seinen H�nden liegen. Sehr bald... Er trat vom Tisch zur�ck und setzte sich auf dem daneben stehenden Holzstuhl. Der Mann atmete tief durch. Er schloss seine Augen und dachte nach. Dachte an Susan Thompson, der er im Chat aufgelauert war und sie dann nach allen Regeln der Kunst mit seinem Charme gefangen hatte. Dachte an Juliette Sanders, wie er sie bald treffen w�rde. Ihm wurde es gar nicht wirklich bewusst,  dass er ein kaltbl�tiger Vergewaltiger und M�rder war. Er wollte nur das, was ihm bisher in seinem Leben verwehrt geblieben ist: Sch�ne junge M�dchen. Und das holte er sich jetzt. Auch wenn er �ber Leichen gehen musste, denn wenn schon er nicht diese unschuldigen M�dchen bekommen konnte, dann sollte sie in Zukunft auch kein anderer mehr bekommen! Sie geh�rten ihm,...sie waren seine Rosen. Er schlug die Augen auf. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass seine Sch�nheit in wenigen Minuten die Schule verlassen w�rde. Seine Nachforschungen haben ergeben, dass f�r den Nachmittag eine Lehrerkonferenz in Juliettes Schule geplant war und daher der Nachmittagsunterricht entfiel. Der Mann schwang sich aus dem Stuhl und trat zur Haust�r, nahm sich noch seinen Trenchcoat vom Kleiderhaken und verlie� voller Erregung sein Haus. Mit der Hoffnung, wieder einige unwiderstehliche Fotos von seiner Rose knipsen zu k�nnen durchquerte er den Schotterweg, der von der T�r zur Strasse f�hrte, und schwang sich in sein altes Auto, dass wenige Augenblicke sp�ter unter einem lauten Aufheulen des Motors den Parkplatz hinter sich lie�.

 

Dr. Artur Patterson rannte in seinem B�ro auf und ab. Er durchdachte alle neuen Ergebnisse. Irgendetwas stimmte nicht. Nur was? Seufzend lie� er sich auf seinen Ledersessel hinter dem B�rotisch fallen. Dieser Sylka konnte nicht tot sein...doch wer war dann die Leiche, die man beim Brand in der Autofabrik gefunden hatte...oh Gott...es schoss ihm ein schrecklicher, aber durchaus logisch erscheinender Gedanke durch den Kopf. Mit vor Nervosit�t zitternden Fingern tippte er aufgeregt eine Nummer in die Tastatur seines Telefons.

 

Juliette, da bist du ja! Der Mann im Trenchcoat nahm seinen Fotoapparat vom Beifahrersitz seines verrosteten Wagens und nahm das M�dchen, das gerade auf dem Nachhauseweg war, ins Visier. Klick! Klick! Mit schnellem Tippen schoss der Mann Bild um Bild, gefesselt von dem Anblick der Unschuld, die dieses M�dchen ausstrahlte. Erregt dr�ckte er immer und immer wieder auf den Ausl�ser, bis Juliette mit ihrem Fahrrad um die Ecke verschwunden war. Dann legte der Mann den Apparat wieder auf den Sitz neben ihm und blickte lustvoll auf die Stelle, wo seine Rose gerade abgebogen war, auch wenn diese schon lange nicht mehr in Sichtweite war. Oh Juliette, meine S��e! Mit einem Grinsen auf den Lippen startete er den Motor und fuhr dem M�dchen nach.

 

Zum Gl�ck war an diesem Nachmittag schulfrei! Jetzt nur schnell daheim eine Kleinigkeit essen, dann noch die Hausaufgaben machen, und um drei Uhr w�rde dann ihre Freundin Sarah kommen. Sollte Juliette ihr was �ber ihren s��en Verehrer erz�hlen,...? Nein, vielleicht sp�ter. Es k�nnte leicht sein, dass sie ihr diese Aufmerksamkeiten nicht g�nnt, weil Sarah Cox war eine der Personen, die selber erst Gl�ck und Geborgenheit haben m�chten, bevor sie sich �ber solche Erlebnisse von Freunden mitfreuen konnte. Aber egal. Juliette w�rde es ihr schon sagen,...aber erst, wenn sie wusste, wer dieser Verehrer blo� war. Langsam radelte sie Richtung Wohnhaus der Familie, mit den Gedanken wieder einmal bei den Briefen. Nicht nur der Wille des Jungen, seine Gef�hle f�r sie mitzuteilen, es war vielmehr die Art, der Stil, wie ER es tat, die Juliette nicht aus ihrem Kopf bekam. Auch so musste ER ein echter Romantiker sein, wie sie an den Rosen bemerkte. Sie hatte sich noch mal die Namen der selbst geschriebenen �Verehrer-Liste� durchgedacht und kam zum Ergebnis, dass es vermutlich keiner der Verd�chtigen war. Zwar waren einige hei�e Kandidaten im Rennen, aber ihr Gef�hl sagte ihr, dass sie ihren neuen Verehrer wom�glich noch gar nicht kannte. Darum: Wer war ER? Eines wusste sie jedenfalls, sie wollte es so bald wie m�glich herausfinden. Und das w�rde sie auch...

 

�Das ist ja wirklich irr! Wie ist so etwas m�glich...nein, das ist nicht m�glich....� Diana Hawkins sa� geschockt �ber die Mitteilungen ihres Kollegen Andre Dumont in ihrem B�rosessel, den Mund vor Fassungslosigkeit weit offen stehend. Dumonts Worte rasten durch ihren Kopf. Ein Mann, der tot war, konnte kein M�rder sein, vor allem nicht, wenn der Tod des T�ters schon viel l�nger her war als der des Opfers...Sie musste tief durchatmen. �Und wie geht�s jetzt weiter?� wendete sie sich wieder an Dumont. �Puh,...keine Ahnung. Jetzt warten wir mal auf die Akten von Sylka, vielleicht l�st sich dieses unm�gliche R�tsel doch. Dr. Patterson sagte auch, dass Paul Sylka l�ngere Zeit in psychiatrischer Behandlung war. W�re gespannt, was der Grund f�r seine schlimmen Gewaltanf�lle war. Na ja,...m�chtest du einen Kaffee?� Der Inspektor blickte seine attraktive Kollegin freundlich an. �Sehr gerne, Andre!� Diana Hawkins fand es toll, dass sie endlich mehr Kontakt zu ihrem Kollegen hatte, er war ihr schon �fters aufgefallen, doch sie hatte zuvor kaum was mit ihm zu tun. Sie fand Dumont echt spitze. Doch nun tat er ihr richtig leid, weil die verr�ckten Wendungen in diesem Mordfall strapazierten seine Nerven merkbar viel mehr, als ihm lieb war. Dumont war aus ihrem Zimmer gegangen, auf dem Weg zum Kaffeeautomaten. Diana blickte ihm mit Mitgef�hl nach. Er versuchte, sich selbst ein wenig abzulenken. Von diesem Nerven zerm�rbenden Fall, von den Vorgesetzten, die ihm sicher schon Druck machten. Doch bei diesen Versuchen merkte man ganz klar, dass ihm das nicht wirklich gelang. Zu oft war er mit seinen Gedanken ganz wo anders, bei dem T�ter, seinen Absichten, seiner Lebensgeschichte und vor allem die Frage, wie ein Toter einen Mord ver�ben konnte. Doch diese Frage w�rde sich schon bald beantworten, leider ein bisschen zu sp�t...

 

Juliette parkte ihr Fahrrad vor dem hohen Geb�ude, machte das Sicherungsschloss noch dran, und ging dann zur Eingangst�r. Mann, der Lift dauert heute wieder lange! Ah...endlich! Nachdem sie per Aufzug in den f�nften Stock gefahren war, betrat sie die in dieser Etage gelegene Wohnung der Sanders - Familie. Geschickt aus ihren Sandalen geschl�pft trat sie in die K�che, wo sie sich eine Tiefk�hlpizza aus dem K�hlschrank holte und ins Rohr des Herdes schob. Lecker,...Salami! W�hrend ihr Mittagessen so richtig warm wurde, setzte sie sich auf den Balkon, wo Juliette sich noch ein wenig br�unen lassen w�rde, bevor sie sich �ber ihre Lieblingsspeise st�rzen konnte.

 

Da oben sitzt sie und l�sst ihren sch�nen K�rper br�unen...Juliette...Oh Juliette! Die rechte Hand des Mannes griff instinktiv zum neben ihm liegenden Fotoapparat r�ber, nahm ihn und stellte das Visier Richtung Balkon von den Sanders. Klick! Klick! Wie auch schon wenige Minuten zuvor schoss sich der Mann im rostigen Wagen in einen richtigen Wahn, dr�ckte immer wieder auf den Ausl�ser, bis er schlie�lich merkte, dass der Film aus war. Er dr�ckte weiter, in der vergeblichen Hoffnung, dass der Apparat noch irgendwelche Reserven f�r weitere lustvolle Fotografien frei legte. Nach knapp einer halben Minute kam er wieder aus seiner Traumwelt zur�ck, in die Realit�t. Er legte das alte Ger�t wieder auf den Beifahrersitz zur�ck und blickte einfach zum Balkon hinauf, wo das h�bsche M�dchen einen Zettel in die Hand genommen hatte und ein wenig darin schm�kerte. Ihre braunen Haare gl�nzten im Licht der Sonne. Sie sah richtig vertr�umt aus. Erregt seufzte der Mann vor sich hin. Er konnte es kaum noch erwarten, bis dieses M�dchen endlich ihm geh�ren w�rde. Nur ihm, und sonst keinem anderen mehr... Der Mann blieb noch knapp zehn weitere Minuten in seinem Auto sitzen, bis Juliette den Balkon verlie� und in die Wohnung zur�ckging. Kurz ihr noch nachblickend, setzte er schlie�lich seinen Wagen, welcher gegen�ber des Wohngeb�udes, in dem Juliette Sanders wohnte, geparkt war, in Bewegung und fuhr die Stra�e hinunter, zur�ck zu seiner Behausung, um in seinem selbst eingerichteten Fotolabor die unwiderstehlichen neuen Aufnahmen seiner Rose zu entwickeln.

 

�Hier, bitte! Aber pass auf, er ist noch sehr hei�!� Andre Dumont reichte seiner Kollegin den Plastikbecher voll gef�llt mit cremigen Kaffee. �Danke!� Diana Hawkins nahm den Becher und stellte ihn sich auf den B�rotisch. Anschlie�end setzte sie sich nieder und sah Dumont erwartungsvoll an. �Und, wie lange wird es noch dauern, bis die Akten hergefaxt werden?� fragte sie ihn. Ungeduldig blickte der Inspektor auf seine Armbanduhr und antwortete mit einem m�rrischen Unterton. �Ich hoffe bald...� Er nahm einen gro�en Schluck aus dem Becher und musste danach wegen der wirklich noch sehr warmen Temperatur des Getr�nkes kurz durchatmen. Er blickte Diana an. �Ich wei�, dass ich mich jetzt schon zu sehr in diesen Fall hineinsteigere, f�r die Tatsache, dass ich erst seit nicht einmal zwei Tagen daran arbeite, kommt es mir schon wie eine halbe Ewigkeit vor. Es ist so ein komisches Gef�hl. Ich versp�re es die ganze Zeit, wenn ich an den Mord und den T�ter denke. Und ich muss sehr oft an das denken. Kaum ein Mordfall nahm mich bisher so mit wie dieser. Wom�glich auch, weil ich das komische Gef�hl habe, dass dieser Mord erst der Anfang ist....� �Der Anfang....wovon...?� Diana Hawkins h�rte interessiert zu. Dumonts Worte best�tigten ihren Verdacht �ber seine Gedanken. Sie hatte Recht behalten. Dumont fuhr fort: �Ich wei� nicht,...aber ich habe so ein mulmiges Gef�hl, dass ich...wir noch sehr viel zu �berstehen haben...in dieser verzwickten Sache. Ich wei�, ich muss mich wie ein selbstmitleidiger, pessimistischer und durchgeknallter Ermittler anh�ren, den dieser Fall nervlich ans Ende seiner Kr�fte treibt...� Er sah seine Kollegin mit einem traurigen Blick an. �Nein, du siehst eher wie ein Ermittler aus, der so schnell wie m�glich diesen Schweinehund hinter Gittern bringen will und so lange dir das nicht gelingt, macht dich diese Gewissheit total fertig.� Diana versuchte Dumont damit ein wenig zu helfen, doch ein Teil von ihr haderte auch mit Dumonts letzten Worten: �...den dieser Fall nervlich ans Ende seiner Kr�fte treibt�. Sie passten wirklich zum momentanen Zustand von ihrem Kollegen, sie hatte Angst, dass sie wom�glich Wirklichkeit w�rden. Dumont war ein zu sensibler Typ, um so etwas schnell wieder zu verarbeiten, sich zu regenerieren. In diesem Augenblick l�utete der Telefonapparat auf ihrem Schreibtisch. �Ist Inspektor Dumont bei Ihnen?� fragte die Sekret�rin der Mordkommission. �Ja, ist er!� �Ich wollte nur, dass er wei�, dass er ein wichtiges Fax bekommen hat, es stammt vom Polizeirevier in Dallas.� �Ah,...ja...danke...ich werde es ihm ausrichten...� Sie verabschiedete sich bei der hilfsbereiten Mitarbeiterin und legte den H�rer wieder auf die Gabel des Telefons. �Andre....die Faxe sind da!� �....na endlich...!� Mit einem kurzen Winken verlie� er das Zimmer von Diana Hawkins und machte sich auf den Weg in sein B�ro. Die Computerspezialistin blickte ihm sorgvoll nach. Dann lie� sie sich seine Worte noch mal durch den Kopf gehen: �...den dieser Fall nervlich ans Ende seiner Kr�fte treibt.� Ja, er hatte Recht. Es w�rde wahrscheinlich soweit kommen. Armer Andre! Mit den Gedanken bei ihrem Kollegen merkte sie gar nicht, dass der Kaffee inzwischen fast schon kalt geworden war.

 

Andre Dumont st�rmte f�rmlich zum Faxger�t in seinem B�rozimmer. Sieben Seiten lagen auf dessen Ablage. Der Inspektor nahm sie voller Neugier mit einem Griff und setzte sich auf den B�rosessel. Er nahm sich den ersten Zettel und fing an den Inhalt schnell zu �berfliegen.

 

Polizeirevier Dallas, Texas

 

 

Akte 21368/85                                                                                              16. November 2000

 

Name: Paul Sylka

Nationalit�t: US-Staatsb�rger

Geboren: 23. September 1967 in Dallas, Texas

Gestorben: 13. November 2000 in Dallas, Texas

Todesursache: Brandopfer(siehe Akte 24536/72)

 

Lebenslauf:

 

Paul Sylka wurde am 23.09.1965 im City Hospital in Dallas, Texas geboren. Er wuchs in einer Handwerksfamilie auf. Sein Vater Dan besa� eine eigene Tischlerei, bis er aufgrund von Herzanf�llen 1995 in Fr�hpension gehen musste. Er starb am 03.05.1999 auf Grund eines weiteren schweren Schlaganfalls. Paul Sylka war ab diesem Tag elternlos, da auch seine Mutter Jessica zwei Monate nach seinem einundzwanzigsten Geburtstag, am 13. 11. 1987,  bei einem Autounfall ums Leben kam. Ab dieser Zeit entwickelte P. Sylka erstmals gro�e Aggressionsanf�lle gegen�ber seiner Mitmenschen. Er musste seine Arbeit in einem Fotogesch�ft aufgeben, da er psychisch �berfordert war. Er war sehr gereizt und verschlossen.

 

Pl�tzlich stoppte Dumont. Er las die letzten Zeilen noch einmal durch und sein Blick erstarrte. Paul Sylkas Todestag war auf den Tag genau dreizehn Jahre sp�ter als der t�dliche Unfall seiner Mutter...13. 11.2000, 13.11.1987...das konnte doch kein Zufall sein. Die Beamten mussten diese Gemeinsamkeit �bersehen oder kein Interesse gezeigt haben. Doch dem Inspektor brannten schon wieder alle Gehirnzellen. Dieser Sylka gab ihm immer mehr R�tsel auf. Nach einem tiefen Durchatmen las er weiter.

 

Darum kam er ab J�nner 1988 in die psychiatrische Behandlung bei Dr. Steve Conroy. In unregelm��igen Abst�nden, meist nach Konflikten mit dem weiblichen Geschlecht oder mit dem Gesetz, suchte Sylka immer wieder seine Praxis auf. Mit Hilfe von Dr. Conroy fand er zun�chst Arbeit in einem Fachgesch�ft f�r Computer-Hardware & Software. Doch mit dem Tod seines Vaters wurden die gez�hmten Aggressionen wieder aktiv und Paul Sylka wurde immer unberechenbarer. Er blieb jetzt dauerhaft in Dr. Conroys Behandlung, bis diese mit Juni 2000 beendet wurde, da Sylka ab diesem Zeitpunkt wieder arbeitsf�hig und f�r seine Mitmenschen keine Gefahr zu sein schien. Er fand einen kleinen Job in einer Autoherstellungsfabrik, bei der er bis zu seinem Tod am 13.11.2000 arbeitete. Er wurde eines von f�nf Opfern bei einem verheerenden Brand im Geb�ude.

Seine Leiche wurde am Zentralfriedhof in Dallas begraben.

 

Delikte:

 

17.11.1987:

Paul Sylka bricht beim Begr�bnis seiner Mutter zusammen. Als ihn sein Vater zum Hausarzt bringt, f�ngt er wie wild um sich zu schlagen an und verletzt die Sprechstundengehilfin im Gesicht. Sie tr�gt bis heute eine kleine Narbe an der Stirn. Sylka wird vom Opfer angezeigt und zu einem Schmerzensgeld von 3.500 Dollar verklagt.

 

4.12.1987:

P. Sylka f�ngt an der U-Bahn-Station eine Schl�gerei an, bei der ein unschuldiger Mann leicht verletzt wird. Sylka verbringt eine Nacht im Polizeirevier und wird dann wieder auf freien Fu� gesetzt.

 

30.04.1993:

P. Sylka bel�stigt eine junge Frau in einem Restaurant, wird handgreiflich. Der Freund der Dame st��t dazwischen und beginnt mit ihm eine kleine Rauferei. Als die Polizei kommt, versucht Sylka zu fl�chten, doch die Beamten k�nnen ihn rechtzeitig fassen. Da die Frau von einer Anzeige absieht, kann er nicht festgehalten werden.

 

23.06.1996:

Paul Sylka stiehlt zwei Pornomagazine in einer Trafik. Er wird vom Trafikanten selbst gestellt, der die Polizei verst�ndigt. Die nimmt ihn fest und gibt ihm eine Geldstrafe von 80 Dollar.

 

 

 

15.10.1997:

P. Sylka besch�digt Gesch�ftseigentum im Computershop, in dem er zu dieser Zeit angestellt ist. Obwohl es nicht bewiesen werden kann, behauptet ein Mitarbeiter, es war Absicht und gibt der Polizei zur Aussage, das Sylka aggressiv und leicht reizbar w�re. Nach einer Entsch�digung von 850 Dollar wird die Anzeige dieses Angestellten zur�ckgezogen, da der Firmenleiter kein Aufsehen erregen wollte. Auf Grund von Dr. Conroys �berredungskunst beh�lt Sylka die Arbeit, wird aber ins Lager versetzt.

 

09.05.1999:

Bei der Beisetzung seines Vaters bekommt Sylka einen von seinen nicht steuerbaren Anf�llen und bedroht einige der wenigen Begr�bnisbesucher. Vor dem Friedhof legt er sich mit einem ehemaligen Freund seines Vaters an und schl�gt ihn zu Boden. Der Mann tr�gt zwei Rippenbr�che und Prellungen am Oberk�rper und im Genitalbereich davon. Sylka wird angezeigt, wird aber zum wiederholten Male auf freien Fu� gesetzt, da er das Schmerzensgeld in H�he von 3.300 Dollar zahlen kann und noch immer unter Behandlung steht.

 

20.07.1999:

P. Sylka bel�stigt eine Sch�lerin auf dem Nachhauseweg. Er greift sie an intimen Stellen an und bedroht sie mit schlimmen Folgen, wenn sie die Polizei einschalten w�rde. Das M�dchen bleibt tagelang stumm, doch bricht sie dann in einem Weinanfall alle Versprechen an Sylka. Er kann jedoch nicht verhaftet werden, weil erstens zu wenig Beweise f�r die Schuld von Sylka vorliegen, und zweitens, weil er von Dr. Conroy von der Psychiatrischen Heilanstalt als �unzurechnungsf�hig� beurteilt wird und au�erdem momentan in einer schweren Behandlungsphase w�re.

 

13.11.2000:

Es gibt einen schweren Brand in der Autoherstellungsfirma, in der Sylka arbeitet. Bei dem Feuer sterben f�nf Mitarbeiter, unter ihnen Sylka selbst. Obwohl es der Firmenleiter nicht beweisen kann, wird gemunkelt, dass Sylka selbst diesen Brand gelegt hat. Er fiel einige Male wegen Sticheleien an seinen Kollegen auf. Seine verkohlte Leiche wurde vier Tage sp�ter am Zentralfriedhof von Dallas begraben.

 

Nachdem Andre Dumont die ersten Seiten zu Ende gelesen hat, lehnte er sich zun�chst in seinen Sessel zur�ck und durchdachte alle gerade aufgenommenen Informationen. Sylka war zweifellos ein Mann mit einer gest�rten Psyche gewesen. Der Tod seiner Eltern war ein Mitgrund, doch Dumont hatte das Gef�hl, ob nicht doch etwas anderes dahinter stecken k�nnte. Er nahm noch mal die durchgelesenen Zettel in die Hand und �berflog den Inhalt noch einmal. Sieben Mal hatte Sylka mit der Polizei zu tun, darunter zweimal wegen sexueller Bel�stigung, dreimal wegen K�rperverletzung und je einmal wegen Diebstahls und absichtlicher Besch�digung von Verkaufswaren. Bei allen Punkten kam die Aggressivit�t, die Unberechenbarkeit von Paul Sylka zu Tage. Was fand in seinem Kopf statt? Welche Gedanken spukten ihm darin herum? Dumont dachte angestrengt nach. Er versuchte sich ein wenig in die Psyche von ihm hineinzusehen, doch es schien ihm nicht zu gelingen. Am besten w�re es sicher, weiterzulesen. Vielleicht konnten die kommenden Seiten ein wenig das erkl�ren, was in Sylka vorging. Darum nahm er die n�chsten Seiten des Faxes zur Hand und begann die Mitschriften von Dr. Steve Conroy zu untersuchen.

 

 

 

 

 

Psychiatrische Heilanstalt Dallas

Hunther Street 64

US, Dallas, Texas

 

Name des Patienten: Paul SYLKA (*geboren 23.09.67)

Beginn der Behandlung: 09.01.1988

Vorl�ufiges Ende der Behandlung: 17.07.2000

 

�Vorl�ufiges Ende der Behandlung�, das klang f�r Dumont ein wenig makaber wegen der Tatsache, dass der Patient ja schon unter der Erde lag(oder legen m�sste).

 

Behandelnder Arzt: Dr. Steve Gerome CONROY

 

 

Zusammenfassung der grundlegenden Meinung des behandelnden Arztes �ber den Zustand des Patienten:

 

Paul Sylka kam das erste Mal Anfang J�nner 1988 in meine Praxis. Er machte einen unruhigen, aufgebrachten Eindruck. Als ich ihn auf seine Mutter ansprechen wollte, wurde seine Stimme sehr laut und ungehalten. Doch nach knapp einem Monat Behandlung wurde er zug�nglicher, lie� die Schutzmauer, die er um sich aufgebaut hatte, fallen und fing an, mit mir in diszipliniertem Ma�e zu kommunizieren an, nur das Thema um seine Mutter durfte ich nie anschneiden, da er sonst seine Schutzmauer wieder um sich aufreihte. Sein Vater erz�hlte mir einige Male, dass Paul Sylka auch zuhause kaum etwas sprach beziehungsweise in abnormalem Zustand war. Ich belie� es damit, den Patienten nur noch �ber Themen zu befragen, �ber die er mit mir sprechen wollte, besser gesagt, �ber die er mit sich sprechen lie�. Er war schon zu Beginn der Behandlung einer der schwersten Patienten, die ich je behandelt hatte. Dann aber, eines Tages, als er wieder zur Therapie zu mir kam, schaffte ich es erstmals, ein wenig in seinen Kopf, in seine Gedanken zu blicken. Zuerst sa� er nur so da, sagte kein Wort, doch nach ungef�hr zehn Minuten brach er sein Schweigen. �Sie hat mich verlassen, sie hat mich einfach allein gelassen.� Auf meine Frage, wen er denn damit wohl meine, zuckte er zusammen und redete erneut kein Wort. Ich wusste, ich musste das Gespr�chsthema gleich wieder �ndern, sonst w�re ich an diesem Tag wohl nicht mehr an ihn rangekommen. Aber als ich ihn auf etwas anderes ansprechen wollte, sagte er mit trauriger, leerer Stimme ihren Namen. Den Namen des M�dchens, das er liebte. Den Namen des M�dchens, das ihm das Herz gebrochen hatte. Sie hie� Janette. Wie sich in den kommenden zwei Stunden herausstellen sollte, war sie seine erste richtige Liebe, er hatte sie einige Wochen zuvor kennen gelernt. Zun�chst f�hlte sie sich bei ihm geborgen, sie empfand anscheinend einiges f�r ihn. Doch dann, einen Tag vor dieser Aussprache, hatte sie ihn verlassen. Aus welchem Grund, wollte Paul Sylka mir nicht sagen, doch ich habe den Verdacht, das seine Anf�lle, seine auf irgendeine Art unheimliche Pers�nlichkeit, auch seiner Liebe oder Rose, wie er sie nannte, Angst eingefl��t hatte. Das k�nnte wirklich der Grund f�r die Trennung gewesen sein. In den kommenden Wochen hatte ich nur damit zu tun, Sylka zu �berzeugen, dass es noch mehr Frauen auf der Welt gab als Janette, doch es schien, als w�rden meine Ratschl�ge immer an seiner wieder um ihn aufgereihten Schutzmauer zerschmettern, bevor sie auch nur in Reichweite des Empf�ngers kam. Er erz�hlte mir davon, dass sie zun�chst ihn tr�stete, weil sie ihm leid tat, weil er so depressiv war. Und sie musste sich auf irgendeine Weise von ihm angezogen gef�hlt haben, obwohl Sylka ehrlich gesagt, keine Sch�nheit war und auch keine Spur von Attraktivit�t ausstrahlte. Aber trotzdem, es scheint, als h�tte er eine besondere Art von Charme gehabt, die Frauen anziehen. Und doch wollte er nur was von Janette wissen. Nur sie wollte er. Er begehrte sie f�rmlich. Und nach seinen Beschreibungen nach muss sie wirklich eine echte Sch�nheit gewesen sein. Seine Rose wurde jedenfalls zum Hauptgespr�chsthema der folgenden Wochen. Immer, wenn ich einmal auf ein anderes Themengebiet kommen wollte, wehrte er ab und fing einfach wieder von ihr zu erz�hlen an, nicht mehr auf meine Stimme oder auf irgendwelche sonstige Ger�usche achtend. Er befand sich in seiner eigenen Traumwelt, in der er noch immer mit seiner Janette zusammen war, gl�cklich, vereint. Paul Sylka war besessen von ihr. Er wollte sie besitzen. Er begehrte sie, ihren Charakter, ihren K�rper, ihre Sch�nheit. In den darauf folgenden Wochen war er anf�llig, Frauen, die Janette �hnlich sahen, zu bel�stigen. Er hatte aus diesem Grund auch einige Male Schwierigkeiten mit der Polizei. Nur durch meine �berzeugungskraft, schaffte ich es, den Patienten von der ihm bevorstehenden Haft zu bewahren. Aber ich bestand daf�r darauf, dass Sylka in meine Klinik einzog, damit ich noch mehr �ber ihn erfahren konnte, auch wenn er meistens nur auf seine gro�e Liebe anzusprechen war. Was mich wunderte, war, dass Sylka kein einziges Mal �ber den Tod seines Vaters sprach, ich habe das Gef�hl, dass seine Psyche schon soweit verworren war, dass er nichts mehr rund um ihn erlebte. Er versteckte sich immer mehr in seiner Traumwelt, wollte ungest�rt sein, nur an seine Rose denken. Als sich sein Zustand binnen Monate wieder um einiges besserte, wollte ich ihm eine weitere Chance geben und  suchte ihm einen kleinen Job in einer Autoherstellungsfabrik. Ich hoffte, dass er die Sache diesmal disziplinierter anstellte als 1997, als Sylka durch meine Mithilfe in ein Computergesch�ft eingestellt wurde. Dort hatte er einige Aggressionsanf�lle und zerst�rte teures Gesch�ftsinventar. Aber es schien immer besser zu werden. Wie ich erfuhr, freundete er sich mit einem Arbeitskollegen an, unter dem Gesichtspunkt gesehen, dass er die letzten Jahre �berhaupt nie welche Freunde hatte, au�er seine Liebe Janette, war diese Folge f�r mich mehr als nur ein positives Zeichen. Vielleicht h�tte er ein neues Leben begonnen, auf jeden Fall kein normales, doch ein Leben. Wenn nicht dann dieser schreckliche Brand in der Fabrik gewesen w�re. Es wird behauptet, dass Sylka selbst das Feuer gelegt habe, doch dieser Aussage kann ich nichts abgewinnen, da Sylkas Aggressionsanf�lle immer geringer geworden sind und er sich auch wieder viel zug�nglicher und offener gezeigt hat. Auch wenn er ein wirklich seltsamer Kauz gewesen ist, einen Brand zu verursachen, das habe ich ihm zuletzt nicht mehr zugetraut.

F�r mich war Paul Sylka ein Patient, an den ich sehr oft zur�ckdenken muss. Er bleibt f�r mich ein ewiges R�tsel. Trotz aller Bem�hungen konnte ich nie feststellen, wer er wirklich war.

 

Dr. Steve Genome Conroy

 

Darunter war noch gedruckt:

 

F�r weitere noch ausf�hrlichere Informationen melden sie sich bitte bei uns unter der Telefonnummer (972)875-3228/13.

Wir werden ihre Fragen mit gro�er Diskretion behandeln.

 

Dumont richtete sich auf. Er legte die Zettel auf den B�rotisch. Sylka war ein echt kranker, von Frauen besessener Psychopath gewesen. Eigentlich ein eindeutiges Indiz daf�r, dass er f�r den Mord an Susan Thompson verantwortlich war. Wenn er nicht tot w�re... Dumont fuhr sich mit seinen Zeigefingern an seine Schl�fen und massierte sie. Er war m�de, m�de wegen all den Gedanken, die er sich zerbrochen hatte. F�r ihn sollte alles logisch sein, es war auch logisch. Paul Sylkas Spuren wurden auf der Leiche des M�dchens gefunden, er  war auch schon einige Male an Frauen handgreiflich und... er begehrte Frauen. Und noch etwas hatte Dumont erkannt: Sylka nannte seine Liebe immer �meine Rose�...genauso wie der M�rder von Susan in den Mails, die er ihr geschrieben hatte. Das w�rde auch die verwelkte Rose bei der Leiche erkl�ren. Doch es gab ein Indiz, an welchem der Inspektor zerbrach: Paul Sylka war tot. Lag seit einem halben Jahr unter der Erde von Texas. Andre Dumont nahm den letzten Zettel zur Hand. Es war der Bericht von der Feuerwehr Dallas �ber den Brand in der Autoherstellungsfabrik mit der Aktennummer 24536/72. Der Ort, an dem der Hauptverd�chtige im Mordfall Thompson das Zeitliche gesegnet hat. Auf dem Zettel fanden sich kaum weitere Hinweise. Es war ein normaler Unfall gewesen, nichts wies auf Brandstiftung hin, doch trotzdem, die genaue Brandursache konnten sie bis heute nicht feststellen. Die Feuerwehr nahm an, dass eine Maschine pl�tzlich �berladen und explodiert war. Die Folge war, dass zehn Personen von der Au�enwelt abgekapselt waren. Ein Flammeninferno trennte den Weg in die Freiheit. Doch es konnten noch ein paar Leute gerettet werden, au�er f�nf Angestellten, darunter Paul Sylka. Sie kamen im Feuer um. Dumont wusste, was er als n�chstes machen wollte. Zun�chst w�rde er Diana Hawkins �ber die neuen Hinweise informieren, dann w�rde er sich auf die Suche nach Sylkas gro�er Liebe machen. Janette hie� sie. Sie k�nnte Dumont vielleicht noch einiges zu der Psyche von ihrem Ex-Liebhaber erz�hlen. Und warum sie ihn verlassen hatte. Aber die Antwort auf diese Frage glaubte Dumont selbst zu wissen. Doch wie konnte er diese Janette finden? Vielleicht w�rde ihm dieser Dr. Conroy helfen, Sylkas Seelenklempner. Ihm hatte dieser Irre ja das Aussehen seiner �Rose� beschrieben. Das k�nnte Andre Dumont weiterhelfen.

 

�Psychiatrische Anstalt Dallas, guten Tag. Hier spricht Dr. Steve Conroy.� �Ah, Dr. Conroy, ich hei�e Andre Dumont und bin von der Mordkommission in Arlington und m�chte Ihnen einige Fragen zu einem ehemaligen Patienten von Ihnen stellen.� �Sicher, um wen geht�s denn?� �Um Paul Sylka.� Der Inspektor musste einige Sekunden auf eine Antwort des Psychiaters warten. �...ah...Paul Sylka...der ist schon seit einiger Zeit tot...was wollen Sie denn �ber ihn wissen?� �Sylka sprach in ihren Therapiestunden doch lange Zeit mit Ihnen �ber seine Liebe, eine Frau namens Janette. K�nnten Sie mir vielleicht sagen, wie er sie Ihnen beschrieben hat?� Dumont musste wieder einen kurzen Augenblick warten, doch dann begann der Doktor zu erz�hlen. �Janette war seiner Beschreibung nach gro�, hatte lange blonde Haare, sch�ne gro�e blaue Augen, ein verf�hrerisches Muttermal auf der linken Wange, eine �ppige Oberweite und war sehr humorvoll. Bis sie ihn verlassen hatte. Das brach Sylka das Herz. Aber warum blo� m�chten sie das alles wissen, Mr. Dumont?� �Ich m�chte mehr �ber die Gedanken von diesem Verr�ckten erfahren...� zischte Dumont hervor. Diese Aussage tat ihm sogleich wieder leid, da es bei Conroy eine w�tende Resonanz hervorrief. �Paul Sylka war nicht verr�ckt, nur missverstanden und ausgen�tzt. Alle, die ihm etwas bedeutet hatten, verlie�en ihn. Erst der Tod seiner Mutter, dann seine Rose. So nannte er sie immer. Aber er war nicht verr�ckt. Sie haben �berhaupt keine Ahnung, was in seinem Kopf vorging.� �...und wissen sie, was in seinem Kopf vorging?� kam die konternde Frage vom Inspektor. �Nein,...auch ich konnte nie wirklich zu ihm vordringen, aber f�r mich war er ein Patient,...nein, ein Mensch, f�r den auf dieser Welt kein Platz zu sein schien. Erst sein Tod konnte alle seine Feinde befriedigen, alle, f�r die er auch nur der Verr�ckte von nebenan gewesen war...� Stille. Dann redete Conroy weiter. �...aber ich h�tte auch gerne gewusst, was wirklich in ihm vorging...nur eines wei� ich, er war besessen von den Personen, die ihn respektiert haben, die ihn geliebt haben...das war zun�chst seine Mutter und dann Janette. Ansonsten wollte er nichts B�ses anrichten. Diese Anf�lle, die er hatte, er selbst konnte sie nicht steuern...lassen Sie Paul in Frieden ruhen. Diese Ruhe hat er sich verdient...� Dumont sa� an seinem Schreibtisch und war froh, als er schlie�lich das Gespr�ch mit Steve Conroy beenden konnte. Gereizt legte er den H�rer des Telefons auf die Gabel und schrieb sich die Aussehensmerkmale von Sylkas Liebe auf seinen Notizblock auf. Trotz denen w�rde es verdammt schwer werden, diese Janette zu finden. Aber sie war eine weitere hei�e Spur in diesem verwirrenden Fall. Und man musste jeder Spur nachgehen.

                                                       

Diana Hawkins surfte durchs Internet, auf verschiedenste Sites von der Polizei Dallas, in andere , auf deren es �ber Mordrituale ging. Die verwelkte Rose bei der Leiche von Susan Thompson. Was hatte sie zu bedeuten? Angestrengt suchte sie nach �hnlichen Vorkommnissen bei anderen Morden. Es wurden schon oft Leichen mit Gegenst�nden gefunden, meist waren das Sektenmorde oder �hnliches. Seufzend gab sie die n�chste Adresse ein, um weiter zu suchen. Wenn sie schon nicht zusammen mit Andre Dumont auf M�rdersuche gehen konnte, wollte sie ihm wenigstens mit dieser Art von Nachforschungen helfen. Doch sie hatte keinen Erfolg auf der Suche nach weiteren Hinweisen in diesem Mordfall. Als sie schon resignierend die Internet-Verbindung unterbrechen wollte, sagte ihr ein Gef�hl, dass sie sich noch in den lokalen Chat von Arlington, der �Texas Chatworld�, in dem ja auch Susan Thompson gechattet hatte, reinklicken sollte. Zun�chst fand sie auch im Chatraum nichts besonderes, doch dann blieb ihr Blick auf einem Wort h�ngen. Auf der Liste der anwesenden Chatter leuchtete auch folgender Nickname auf: �Angel021� ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.JULIETTE

 

 

 

 

 

Der Mann im schwarzen Trenchcoat war schon auf dem Weg zu seiner verfallenen Behausung, als er mit seinem rostigen Ford am �Cool Spirit� vorbeifuhr. Das �Cool Spirit� war eines der beliebtesten Internet-Cafes der Stadt...und auch eines der billigsten. F�r einen Dollar konnte man ohne Einschr�nkungen eine Stunde surfen. Zuerst wollte der Mann weiterfahren, doch dann fuhr er fast automatisch an den Stra�enrand. Er hielt an, warf noch einmal einen kurzen Blick auf seine alte am Beifahrersitz liegende Fotokamera, auf dessen eingelegten Film unwiderstehliche Aufnahmen seiner Rose nur darauf warteten, entwickelt und dann bewundert zu werden. Dann schloss er den Wagen ab und betrat das Internet-Cafe. Um die Mittagszeit waren wie auch diesmal nur wenige Jugendliche vor den Computern. Die Angestellte sa� gerade selbst vor dem Monitor eines PCs, achtete nicht auf den neuen Besucher. Erstens, weil so viele Leute dieses Geb�ude besuchten, sodass man sowieso den �berblick �ber alle Personen verlor, aber auch zweitens, weil sie diesen Mann kannte. Er war schon �fters hier gewesen. Meistens surfte er knapp zwei bis drei Stunden im Netz umher, ging dann zur Kassa, zahlte ohne Probleme das Geld und verschwand wieder. Der Mann trat bei der jungen Frau vorbei und suchte sich einen Rechner am Ende des Raumes und stellte die Internet-Verbindung her. Instinktiv gab er die Adresse der lokalen Chatsite ein und wenige Sekunden darauf landete er bei der Anmeldung zum Chatraum. Ohne zu z�gern gab er seinen Nickname ein... �Angel021�.

 

Nachdem Juliette genussvoll die Salami-Pizza verschlungen und danach schnell die Englisch-Hausaufgabe in ihr Heft gekritzelt hatte, legte sie sich wieder auf den Balkon. In ihrer linken Hand hatte sie die Rose ihres Verehrers, auf dem kleinen Tischchen neben dem Liegestuhl lagen seine zwei Briefe. Immer wieder musste Juliette �berlegen, wer nun dieser Kerl blo� war. Da schloss sie einen Entschluss. Sie w�rde IHM einfach wirklich eine Nachricht in ihrem Spind hinterlassen und darauf warten, bis er kam, nat�rlich versteckt hinter einer Ecke. Sie musste erfahren, wer ihr diese Liebesbeweise zukommen lie�. Sie setzte sich auf, holte sich einen Zettel und einen Kugelschreiber und begann mit dem Brief. Was sollte sie blo� hineinschreiben? Zuerst einmal sich f�r die sch�nen Rosen und die charmanten Briefe bedanken! Eifrig schrieb sie die ersten Zeilen auf das Papier. Und wie jetzt weiter? Aufgeregt �berlegte sie, wie sie weiter schreiben sollte. Nach knapp einer halben Stunde hatte sie endlich den Brief fertig. Juliette las ihn sich noch einige Male durch, auf der Suche nach Opfern des Fehlerteufels, aber sie hatte den Eindruck, als ob die Nachricht in Ordnung war. Morgen fr�h w�rde sie ihn gleich in ihrem Spind verstauen und auf ihren Verehrer warten.

 

Ah, wer ist denn da alles im Chat? �Ravergirl�,...nein, das ist so eine fette 18-J�hrige, die sich f�r etwas Besseres h�lt. Er hatte zwar schon ein paar Mal kurz mir ihr gechattet, doch sein Interesse galt anderen M�dchen. �Sue1104�,...auch nicht, zwar s��, aber zu jung. Nein, der Mann im schwarzen Trenchcoat war auf der Suche nach einem neuen atemberaubenden M�dchen. Er sah sich die Liste der eingeloggten Chatter am Rand des Fensters an, suchte aufgeregt alle Nicknames weiblicher Internet-Surfer heraus. Einige der zu dieser Zeit anwesenden Chatter kannte der Mann, zuerst fand er keinen Namen, die ihn von einem wunderbaren M�dchen �berzeugte. Immer wieder �berflog er die Liste der eingeloggten Jugendlichen, die sich im Moment �ber Probleme in der Liebe oder in der Schule unterhielten, ohne befriedigt zu werden. Doch dann wandte sich sein Blick auf eine Nachricht, die im oberen Feld des Bildschirms erschien und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem hinterlistigen Grinsen. ��Rose� betritt den Channel.� Mit vor Erregung zitternden Fingern zog er den Mauspfeil auf den Namen des gerade eingetroffenen M�dchens. Seines neuen Opfers...

 

Diana Hawkins wusste zun�chst nicht, was sie machen sollte. Sie starrte aufgeregt auf den Bildschirm und den Namen, der zu lesen war. �Angel021�, er war im Chat! Der vermutliche M�rder von Susan Thompson! Die junge Frau fuhr sich mit beiden H�nden nerv�s durch ihr langes br�nettes Haar, blies tief durch. Einige Fragen flogen in ihrem Kopf herum. War das DER �Angel021�? War ER im �Cool Spirit�? Oder chattete ER von wo anders? Was sollte sie blo� tun? Andre...er w�rde wissen, was zu tun war. Hastig durchkramte Diana ihren Schreibtisch, fand schlie�lich ihr Notizbuch mit der Nummer ihres Kollegen. ...Durchwahl 45... Sie tippte so schnell sie konnte die Nummer ein und wartete angestrengt darauf, dass Andre Dumont den H�rer in seinem B�ro abnahm und ihr half. Doch er hob nicht ab. Dauernd ert�nte der Besetztzeichen durch den Telefonh�rer. Das auch noch! Sie wandte sich wieder dem Computer zu und suchte nach dem Namen des Gesuchten....ah, er war noch da,...aber was sollte sie unternehmen. Da kam sie zu einem verh�ngnisvollen Entschluss. Diana Hawkins legte ihre schmalen Finger auf die Tastatur, �berlegte noch kurz und gab dann ein Wort in den Computer ein. Sie wusste, es gab jetzt nur noch einen Weg, um herauszufinden, ob dieser �Angel021� DER �Angel021� war, nach dem alle suchten. Sie suchte mit dem rechten Zeigefinger die ENTER-Taste, bet�tigte sie und fand sich als �Rose� im Chatraum wieder.

 

W�hrendessen hatte Andre Dumont sein Gespr�ch mit Dr. Conroy schon l�ngst beendet und w�hlte nun die Nummer der Polizei von Dallas, um nach Sylkas gro�er Liebe suchen zu lassen. Der Inspektor hatte so ein Gef�hl, dass diese junge Dame ein gr��eres Teil in diesem verflixten Puzzle war. Darum lag ihm sehr viel davon, sie ausfindig zu machen. W�hrend er auf das Freizeichen wartete, musste er kurz seinen Kopf sch�tteln. Er untersuchte diesen Fall mit dem Hintergedanken, dass Paul Sylka noch lebte und wirklich der M�rder von Susan Thompson war. Das Problem, mit dem Dumont nicht zurechtkam, war das, dass rein theoretisch diese Vermutung unm�glich war. Sylka war tot und lag am Zentralfriedhof von Dallas begraben. Er war durchgeknallt gewesen,...doch er war tot. Oder? Die Stimme einer jungen Polizistin riss ihn aus seinen Gedanken, die sich doch immer um dasselbe drehten und trotzdem nicht wirklich zu erkl�ren waren. ��h...hier spricht Inspektor Andre Dumont von der Mordkommission in Arlington. Ich h�tte eine Bitte. Ich suche nach einer Frau. Leider kann ich nur einen Vornamen und ein paar Aussehensmerkmale aufz�hlen.� Die nette Dame am anderen Ende der Leitung antwortete: �OK, was k�nnen Sie mir zu der Person sagen?� Dumont z�hlte rasch alle Merkmale auf, die ihm kurz zuvor Dr. Steve Conroy, der auch nicht gerade �normal� zu sein schien, mitgeteilt hatte. �Ich wei�, dass ist fast nichts, aber ich hoffe, sie k�nnen mir so bald wie m�glich eine Liste aller in Frage kommenden Frauen ins Revier faxen.� �Wird gemacht. Ich werde mich beeilen, Mister Dumont.� �Danke f�r die Hilfe! Auf Wiederh�ren!� Dumont legte den H�rer wieder auf die Gabel und dachte wieder nach. Wie soll er nun weiter vorgehen. Das f�r den Inspektor nervendste war, dass man kaum Hinweise hatte, die Vorgehensweisen zulie�en. Keine Zeugen, keine Spuren(au�er welche eines seit einem halben Jahr Verstorbenen). Es war zum aus der Haut fahren! Andre erhob sich aus seinem schwarzen Ledersessel und kreiste durchs B�rozimmer und fasste sich auf den Kopf. Wenn ihn so einige seiner Kollegen gesehen h�tten, sie h�tten ihn glatt als total �berfordert und ausgelaugt eingestuft, aber Andre Dumont war es nicht, besser gesagt, er wollte es sich nicht eingestehen, dass dies bald passieren konnte, wenn dieser Fall das verwirrende und mysteri�se Netz weiterspann und man nicht zu einer glaubhaften L�sung kommen sollte. Aber Dumont wollte nicht aufgeben. Das war er sich schuldig. Und Susan Thompson. Und ihren Eltern. Dieser Psychopath musste geschnappt werden. Und zwar so bald wie m�glich. Doch was sollte er tun? Zun�chst w�rde er auf die Liste aus Dallas warten. Vielleicht k�nnte diese Janette endlich mehr Licht in diese Angelegenheit bringen. Andre heckte einige Hoffnung in ein Gespr�ch mit Sylkas ehemaliger Liebe. Es w�rde sicher viel Aufschluss auf Sylkas Psyche machen. Ja, diese Janette musste gefunden werden, so schnell es ging.  Er musste mit ihr reden. �ber Sylka. Doch zu einem Gespr�ch sollte es nie kommen.

 

Knapp zwanzig Minuten, nachdem Dumont bei der Polizeizentrale in Dallas um die Suche nach dieser Janette gebeten hatte, kam die Polizistin, die Andre am Apparat hatte, kreidebleich die G�nge hinunter gerannt. Direktor Roy Carson sa� gerade in seinem B�ro, als Andrea Waynes ins Zimmer gest�rmt kam. �Entschuldigung, Mister Carson, aber ich glaube, sie sollten sich das ansehen.� Die junge Frau reichte ihm einen Zettel. �Ein Andre Dumont von der Polizei in Arlington hat vorhin angerufen und nach einer Frau, die hier in Dallas leben sollte, gesucht. Ich habe seine von ihm bekommene Beschreibung in den Computer eingegeben und in der st�dtischen Personendatenbank nach dieser Frau gesucht. Und ich bin mir fast sicher, dass ich sie gefunden habe...� Mrs. Waynes zeigte auf das Blatt Papier. Erstmals warf der Mann einen Blick darauf. Oben stand der Name einer Frau: Janette Peeters. Darunter ein Foto eines h�bschen jungen M�dchens Anfang zwanzig. Unter dem Bild war eine kurze Beschreibung von ihr zu lesen. Beim letzten Absatz stand dann geschrieben:

 

Geboren am: 3. Juli 1978 in Dallas /Texas

Gestorben am: 19. Mai 1999

Todesursache: Get�tet in ihrem Wagen durch drei Stiche ins Herz durch einen Unbekannten, der bis heute nicht gefasst werden konnte.

 

�Sind Sie sicher, dass die gesuchte Frau dieses M�dchen auf dem Foto ist?� wendete sich Roy Carson wieder an seine Mitarbeiterin. �Es muss diese Dame sein. Zu keiner anderen im Computer passen alle Merkmale so perfekt zusammen. Es scheint so, als m�ssten wir Mr. Dumont eine schlechte Nachricht �bermitteln.� �Nein, Andrea, ich mache das schon selbst. Ich m�chte n�mlich zu gern erfahren, ob der Mord an diesem M�dchen in Arlington mit dieser Janette Peeters etwas zu tun hat, weil ich habe so ein Gef�hl, dass sich in dieser Stadt etwas zusammenbraut.� Der Direktor lehnte sich in seinen Sessel zur�ck und legte den Zettel auf den Schreibtisch. �Ah, danke, Mr. Carson. Dann gehe ich wieder.� Verlegen schloss die junge Frau die T�r. Carson blickte ihr kurz nach. Dumont also, wie interessant! Dann wandte er sich seinem Telefon zu und tippte die Nummer der Polizei von Arlington.

 

�Angel021�: Kommst Du auch aus Arlington?

�Rose�: Ja.

�Angel021�: Und was machst Du gerne?

Diana dachte angestrengt nach. Was sollte sie schreiben? Wie konnte sie schnell herausfinden, ob sie mit einem harmlosen Kerl oder mit einem psychopathischen Killer chattete? Was waren die Vorlieben dieses Typen?

�Rose�: Fortgehen, Kino,...aber am liebsten kuschle ich.

�Angel021�: Mit wem?

Diana sp�rte, dass sie die Neugier des Mannes geweckt hatte.

�Rose�: Am liebsten w�re es mir mit Dir...

�Angel021�: Aha...wie stellst Du Dir mich �berhaupt vor?

Jetzt wusste Ms. Hawkins, was zu schreiben war.

�Rose�: Muskul�s, sexy, braungebrannt, s�dl�ndischer Teint.

Diana hatte ihm genau die Merkmale aufgez�hlt, die der M�rder Susan Thompson in seinen Mails mitgeteilt hatte. Sie musste einige Augenblicke warten, bis sie eine Antwort bekam.

�Angel021�: Es kommt mir so vor, als k�nntest Du mich konkret vor Dir sehen. Genau so sehe ich aus.

�Rose�: Und wie stellst Du Dir mich vor, mein Engel?

�Angel021�: Dunkle Haare, wundersch�ne Augen, schlanker K�rper, bezauberndes L�cheln...ich k�nnte noch Dutzende von weiteren Sachen aufz�hlen, aber...

�Rose�: Ich habe wirklich dunkelbraunes Haar und bin schlank.

�Angel021�: Meine Rose, wie viele Jahre bl�hst Du denn schon?

Meine Rose, er hat meine Rose geschrieben. Aber war das ein eindeutiger Beweis f�r die Identit�t dieses Kerls? Nein, leider. Diana hatte sich ja auch den Nickname: �Rose � gegeben, also, war das kein Beweis. Sie hatte noch gar nichts in der Hand. Es blieb ihr jetzt nur noch eine M�glichkeit: Diana musste weitermachen...

�Rose�: 21.

Diana war zwar schon 26 Jahre alt, doch erstens schien der M�rder auf j�ngere M�dchen fixiert zu sein und zweitens sah sie laut ihrer Freunde j�nger aus als sie war. Darum musste sie diese Notl�ge anwenden.

�Angel021�: Ich werde in einem Monat 27. Ich w�rde mich wahnsinnig freuen, wenn Du mit mir feiern w�rdest.

Diana hatte ihn am Haken. Das dachte sie wenigstens.

�Rose�: Sicher doch, wenn ich Dich bis dahin besser kennen lerne. Weil ich finde, Du bist ein echt netter Kerl.

�Angel021�: Das bin ich auf jeden Fall, meine s��e Rose. Und Du wirst mich schon besser kennen lernen.

�Rose�: Was machst Du �berhaupt beruflich?

�Angel021�: Momentan arbeite ich als K�nstler. Ich male und fotografiere sehr gerne. Mich w�rde es sehr reizen, ein Portr�t von Dir zu schaffen. Was h�ltst Du davon?

�Rose�: H�rt sich interessant an. Richtig verf�hrerisch.

Diana f�hlte sich auf einmal unsicher. Sie wusste nicht, warum, aber es �berkam sie ein komisches, kaltes Gef�hl.

�Angel021�: Und was machst du beruflich, meine S��e?�

So, das war es. Jetzt musste Diana ihre Fantasie spielen lassen. Welche Arbeit w�rde ihn reizen? Ok, versuchen wir�s damit...

�Rose�: Momentan studiere ich und gelegentlich verdiene ich mir als Fotomodell etwas Taschengeld.

�Angel021�: Oh, das h�rt sich verdammt verlockend an. K�nntest Du mir ein Bild von Dir schicken?

�Rose�: Aber nur, wenn Du mir auch eines von Dir schickst!

Diana musste wiederum einige Sekunden auf eine Antwort warten.

�Angel021�: Nat�rlich. Wie ist denn Deine E-Mail-Adresse?

So, jetzt musste Diana nachdenken. Sollte sie dem Typen ihre wirkliche E-Mail-Adresse geben. Wenn nicht, welche dann? Nein, sie musste es tun.

�Rose�: sie lautet: dianahawkins@hotmail.com . Und Deine?

,Angel021�: ah, Diana hei�t Du also. Ein sch�ner Name.

�Rose�: Deine E-Mail-Adresse?

,Angel021�: Liebe Diana, du hast sicher einen Freund, oder?

�Rose�: Leider nein. Ich wollte aber eigentlich deine E-Mail-Adresse wissen.

,Angel021�: sorry� angel021@aol.com . Ich warte schon auf Dein unwiderstehliches Foto.

�Rose�: Mir geht es genauso.

�Angel021�: Meine S��e, ich muss leider gleich aufh�ren. Ich habe n�mlich noch einen Fotoauftrag zu erledigen. Aber am liebsten w�re mir eine Session mit Dir, Rose.

�Rose�: Ja, das w�re toll. Schade, dass Du schon gehen musst. Aber ich wei� ja, wie ich Dich erreichen kann.

�Angel021�: Also, bis bald, meine bl�hende Sch�nheit!

Noch bevor Diana Hawkins eine weitere Frage stellen konnte, erschien folgende Zeile am Monitor. �Angel021� verl�sst den Channel.�

 

�Ja, hier spricht Direktor Roy Carson von der Polizei Dallas. K�nnte ich bitte Direktor Payton sprechen?� Nach einer kurzen Wartezeit wurde er mit seinem gew�nschten Gespr�chspartner verbunden. �Hier Direktor Payton!� �Hallo, Ed, wie geht�s? Ich bin�s, Roy Carson aus Dallas.� �Ah, Roy, was verschafft mir die Ehre? Hast ja lange nichts mehr von Dir h�ren lassen...also, was gibt�s?� Carson kam gleich zur Sache. �Ed, bei Euch ist ja momentan die H�lle los. Dieser Mordfall an dem M�dchen muss Euch wirklich Sorgen bereiten...� Er sprach unschuldig weiter. �Wer ist eigentlich f�r den Fall zust�ndig? Nein lass mich raten,....Andre Dumont?� Hawkins seufzte. Er wusste, was jetzt kommen w�rde. �Roy, was willst Du?� �Willst Du wirklich dieses Nervenb�ndel so einen Fall bearbeiten lassen? Dumont? Der hat doch nicht alle Tassen im...� Carsons b�sartige Stimme wurde von Payton unterbrochen. �Roy, sei ja ruhig! In den drei Jahren, die Inspektor Dumont f�r uns arbeitet, hat er wirklich vorbildliche Polizeiarbeit geleistet, wir hatten nie mit ihm Probleme. Ich wei�, dass das damals in Dallas ein wenig komplizierter war, aber...� �Aber was?� schnauzte Carson. �Ich meine, er wird damals auch nicht den besten Vorgesetzten gehabt haben. F�r Dich war ja schon seit seinem ersten Arbeitstag ein Loser. Da braucht es Dich nicht zu wundern, wenn Dumont von Dir die Schnauze voll hatte und um Versetzung gebeten hatte!� Das hatte gesessen. Aus dem H�rer vernahm Edward Payton nur ein w�tendes Schnaufen. Dann meldete sich der nervende Carson wieder zu Wort. �Wei�t Du �berhaupt, dass Dein toller Inspektor lauter toten Menschen nachjagt? Glaubt er vielleicht, DIE h�tten das M�dchen auf dem Gewissen. Wahrscheinlich haben SIE das arme Ding so erschreckt, dass sie gestorben ist...warum wendet er sich nicht gleich an die �Ghostbusters�?� Ein sarkastisches Lachen ert�nte aus dem H�rer. Dieser verdammte Schweinehund! �Ich w�nsche Dir viel Gl�ck bei diesem Fall, weil Gl�ck wirst Du dringend brauchen. Dumont wird diesen Fall niemals l�sen, aber tr�ste Dich...� Carsons� Stimme wurde wieder b�sartig. �...vielleicht stellt sich ja der T�ter selbst. Ansonsten sehe ich keine Hoffnung f�r Dich. Also, Ed, ich wollte Dich nur helfen. Stell Dumont von dem Fall ab und ich schicke Dir zwei f�higere Leute, die blitzschnell den M�rder hinter Gittern bringen. Die suchen n�mlich nicht nach Toten...� Edward Payton donnerte ver�rgert den H�rer auf die Telefongabel. So ein dummes Arschloch! Er sa� noch einige Minuten da und musste sich �ber Carsons� Bemerkungen �rgern. Nein, er w�rde Dumont weiterarbeiten lassen. OK, bei einigen F�llen, die ihn an den Mord an seiner Schwester erinnern, versetzt er sich zuviel hinein, doch ansonsten ist er ein sehr verl�sslicher und sorgf�ltiger Mitarbeiter, der dringend sein weiteres Vertrauen ben�tigte. Aber was quasselte Carson da von Toten? Payton wusste nur von dem M�dchen im Park, was hatte Dumont blo� herausgefunden. Am besten war es, ihn selber zu fragen. Er nahm sein Telefon und w�hlte die Durchwahl von Andre Dumonts B�ro. Nach siebenmaligem L�uten legte er den H�rer wieder auf. Wo war denn dieser Dumont schon wieder. Schnell suchte er nach der Handynummer des Inspektors.

 

�He, Diana! Wie geht�s?� Diana Hawkins drehte sich �berrascht um und sah Andre Dumont im T�rrahmen stehen. Sie wusste nicht, ob sie ihm vom Chat mit �Angel021� erz�hlen sollte. Nein, es w�re besser, erst damit herauszur�cken, wenn sie mehr �ber diesen Kerl herausgefunden hatte. �Ah, Andre! Na ja, viel Arbeit....und was hast du herausgefunden?� So! Diana versuchte, gleich Andre losreden zu lassen, bevor er etwas merkte. Sie hatte noch immer ein mulmiges Gef�hl und musste sich zusammenrei�en, um ein glaubw�rdiges L�cheln hervorzubringen. �Nicht viel. Dieser Sylka war bis zu seinem Tod sieben Mal mit der Polizei in Konflikt gekommen, auch wegen K�rperverletzung und abnormalen Handlungen gegen�ber jungen Frauen. Mir gibt nur eine Spur Hoffnung. Sylka sprach mit seinem Psychiater oft �ber seine gro�e Liebe. Ihr Name war Janette und sie verlie� unseren vermeintlichen M�rder. Das hinterlie� bei ihm ein traumatisches Verhalten. Er wurde nicht damit fertig, dass diese Frau ihn nur verlassen hat. Und nun versuche ich, diese Frau ausfindig zu machen. Vielleicht bringt sie uns weiter.� Diana hatte ihm interessiert zugeh�rt. �Andre, aber wenn dieser Sylka tot ist, was hilft uns dann die Suche nach dieser Frau?� �Na ja, ich habe so eine Vorahnung. Dr. Conroy, der Betreuer von Sylka hat angemerkt, dass er diese Janette immer �Rose� nannte. Ich glaube, sie k�nnte uns weiterhelfen. Au�erdem passt mir etwas in Sylkas Akte nicht zusammen. Irgendetwas ist faul.� Diana sah Dumont voller Bewunderung an. Er war mit Leib und Seele ein Bulle. Ok, man musste auch einer sein, aber Andre wirkte in diesen Minuten f�r sie wie ein ganz Gro�er. ��berfordere dich nur nicht, Andre!� schoss es pl�tzlich aus ihr hinaus. Die Sorge um seine Gesundheit war nicht vergessen. �Ich finde es lieb von dir, dass du dich um mich sorgst, aber ich muss nun mal alles M�gliche versuchen, um diesen M�rder zu fassen.� Er betrachtete ihr h�bsches Gesicht, ihre sch�nen Augen. �Diana?� �Hm?� �Wenn diese Sache vorbei ist, h�ttest du Lust, mit mir mal Essen zu gehen?� Diana Hawkins war positiv �berrascht. Endlich hat er mich eingeladen! �Liebend gerne, Andre!� Sie stand auf und ber�hrte mit ihrer Hand sanft sein Gesicht. Dann fl�sterte sie fast: �Aber pass bitte auf dich auf...� Andre wusste nicht, was er sagen sollte. Er strich ihr durch ihr langes Haar und sah sie unentwegt an. �...Versprochen!� stammelte er. Und wieder mal war es das Piepsen seines Handys, welches diese wunderbare Ruhe st�rte. Mit einer Wut im Bauch zog er das nervende Ger�t aus seiner Tasche und sah am Display die Nummer von Payton, dem Polizeidirektor. �Was will denn der jetzt?� dachte er laut nach. �Ja, Dumont?� �Ah, endlich erreiche ich sie. Wo sind sie gerade?� �Bei Diana....�h...Miss Hawkins in der Computerabteilung. Ist was passiert?� �Nein, k�nnten sie schnell zu mir heraufkommen. Ich muss mit ihnen sprechen.� �Ok, bin schon auf dem Weg...� Ver�rgert beendete er das Gespr�ch und wandte sich noch einmal an Diana. �Also, ich muss zum Boss. Leider. Aber wie schon Arnold Schwarzenegger im �Terminator� sagte: Ich komme wieder!� Diana musste schmunzeln. Jetzt hatte sie ihn schon so weit gebracht, dass er anfing, Spr�che zu rei�en. Sie kamen sich n�her, keine Frage. Und Diana fand es sch�n. Sie winkte dem hinauseilenden Inspektor nach und begab sich anschlie�end wieder hinter ihren Schreibtisch, wo noch viel Arbeit auf sie wartete.

 

�Anhand dieses Faxes, welches mir Direktor Carson gerade aus Dallas zukommen lie�, m�sste es sich bei der gesuchten Frau um Janette Peeters handeln. Ihren Wunsch auf ein Gespr�ch mit der Dame kann ich leider nicht erf�llen.� �Warum denn nicht?� kam gleich die Frage von Dumont. �Na ja, Ms. Peeters ist seit dem 19.Mai 1999 tot. Sie wurde in ihrem Wagen erstochen aufgefunden. Was den Verdacht, dass dieser Sylka f�r mehrere Morde verantwortlich ist, erh�rtet, ist die pikante Tatsache, dass diese Frau auch mit drei gezielten Stichen in den Oberk�rper get�tet wurde, genauso wie Susan Thompson.� Kam die ersch�tternde Antwort von Payton. �Was haben sie gesagt? Wann ist Ms. Peeters get�tet worden?� �...am 19.Mai 1999, warum fragen...Oh mein Gott!� Direktor Paytons Gesichtsausdruck konnte man ablesen, dass er dieselbe Theorie wie Dumont hatte. Dieser Sylka, ob nun tot oder nicht, t�tet seine Opfer immer an einem 19.Mai. So war die Theorie, die Praxis war komplizierter. �Es gibt �brigens noch eine Gemeinsamkeit von Daten in Sylkas Akte. Seine Mutter starb an einem 13.11., genauso wie dreizehn Jahre sp�ter auch Sylka selbst. Na ja, aber wer soll dann der T�ter sein?� Payton sah den fast verzweifelten Blick in Dumonts Augen und ermutigte ihn: �Inspektor Dumont, ich wei�, dieser Fall wird immer verwirrender, ...aber ich glaube, sie sind der richtige Mann daf�r.� �Danke, Direktor Payton, ich wei� das zu sch�tzen, darum ist es jetzt besser, wenn ich wieder bei meiner Arbeit weitermache.� Dumont erhob sich aus dem Stuhl und verlie� wenige Sekunden danach das B�ro von Direktor Payton. So, nachdem er dem Boss jetzt alle Neuigkeiten zum Fall anvertraut hat, konnte es jetzt weitergehen. Aber wie sollte er nun vorgehen? Die hei�e Spur, Janette, ist auch nicht unter den Lebenden und so die Chance, N�heres zu Sylka heraus zu bekommen wieder geringer geworden. Dr. Steve Conroy, Sylkas ehemaliger Psychiater, d�rfte nichts mehr wissen, was von Bedeutung w�re. Aber Dumont sah noch eine Chance: den ehemaligen Arbeitskollegen und Mitbewohner von Paul Sylka aufzusp�ren. Vielleicht konnte mit seiner Hilfe einiges gekl�rt werden. Voller Zuversicht schritt Andre Dumont zu seinem B�ro, um unverz�glich die Suche nach diesem Mann zu veranlassen.

�Danke f�r ihre Hilfe! Auf Wiederh�ren!� Dumonts Anruf bei �Chevrolet Texas� war sehr hilfreich gewesen. Es war die Firma, in der Sylka zuletzt gearbeitet hatte...und wo er ums Leben kam. Der Mitarbeiter, der mit Sylka zusammengewohnt hatte, war ein mexikanischer Einwanderer und hie� Ramon Hernandez. Sein letzter gemeldeter Wohnsitz war au�erhalb von Dallas, aber diese Wohnung war nun schon l�ngst weitervermietet worden. Andre Dumont wandte sich zu seinem Computer und sah in der Verbrecherkartei nach diesem Hernandez nach und wenige Sekunden sp�ter fand er tats�chlich eine Akte. Oh, wie interessant! Der Mexikaner war sowohl in seiner Heimat als auch in den Vereinigten Staaten schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Ladendiebst�hle, Drogenbesitz und K�rperverletzungen standen bereits auf der Liste seiner Delikte. Ohne noch irgendwelche Zeit zu verlieren, gab Dumont per Anruf gleich die Suche nach diesem Mann heraus.

 

 

DIENSTAG, 22.Mai 2001

 

Ha, jetzt wird das Geheimnis um die Identit�t meines s��en Verehrers bald gel�ftet werden. Den Brief gut sichtbar am Spind befestigt huschte Juliette sogleich um die Ecke und wartete gespannt. Sicher, die Chance, dass ihr M�rchenprinz jetzt sofort den Brief abholen w�rde, war mehr als gering, aber wenn es ein Mitsch�ler war und davon musste sie doch ausgehen, w�rde es wenigstens seine Neugier wecken. Ihre h�bschen blauen Augen ein wenig zugekniffen, konzentriert, ja fast wie hypnotisiert auf ihren Spind blickend, harrte sie aus. Noch knapp zehn Minuten bis zum Unterrichtsbeginn! Hoffentlich geht�s sich die Zeit aus, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. Eine schrille Stimme hinter ihr lie� sie aus ihren Gedanken rei�en. �He, Juliette, was machst denn da?� Es war Emily Watson, eine Mitsch�lerin von Juliette. Sie konnte eine richtige Nervens�ge sein. �Ah, Emily, du bist es!� zischte es durch Juliettes Lippen. So eine Freude! �Wie geht�s? Alles im Lot?� fragte das klein gewachsene M�dchen mit den �bergro�en Brillen. �Ja sicher, es passt schon alles!� Und jetzt, verschwinde wieder! Ihr Wunsch wurde leider nicht erf�llt. Emily Watson bohrte weiter an ihren Nerven. �He, hast du schon flei�ig Mathe geb�ffelt? H�, ich checke es n�mlich gar nicht. Das wird sicher morgen ein Reinfall! H� h�, so was Bl�des!� Oh, dieses nervende Kichern! Aber Juliette h�tte wirklich fast aufs Lernen vergessen! So ein Schei�, da steht mir heute noch ein prima Lernnachmittag bevor... �Nat�rlich hab ich schon gelernt....und du wirst es schon schaffen, glaub mir!� Juliette hoffte, Emily irgendwie loswerden zu k�nnen. Und tats�chlich schien sich die Nervens�ge wieder auf den Weg zu machen. �Ok, wenn du meinst! Ja, hoffentlich hast du recht, obwohl es ist ja wirklich so ein bl�der Stoff. Komplizierter geht�s ja kaum mehr. H� h�! Also, ich gehe schon mal in die Klasse. Kommst auch?� �Ja ja, gleich...muss nur noch schnell was aus meinem Spind holen...� Erleichtert registrierte sie Emilys Nicken und ihr Verschwinden in das Klassenzimmer. So, und jetzt wieder zur�ck auf meinem Beobachtungsposten! Sie drehte sich wieder um die Ecke und erstarrte. Das gibt�s doch nicht! Oh nein! Mit gro�em Bedauern, fast Entsetzen, musste sie zur Kenntnis nehmen, dass der Brief von ihrem Spind weg war. Sie hatte ihren Verehrer verpasst. W�tend h�pfte sie auf der Stelle hin und her! Schei�e! Nein, nein, nein! Sie rannte zu ihrem Spind, begutachtete ihn ungl�ubig von oben nach unten, aber au�er einigen Rostflecken und bereits ausgebleichten Stickern war nichts Au�ergew�hnliches zu erkennen. Auch auf dem Boden lag kein rotes Kuvert. Irgendwer hat es weggenommen. Und jetzt wich Juliettes Wut der Unwissenheit. Hatte ihr Verehrer den Brief an sich genommen, wie es ja auch geplant war, oder...nein, warum sollte jemand anderes einen fremden Brief klauen? Nein, ER hat ihn sicher. Hoffentlich gef�llt er ihm. Dieses dumme Gans Emily! Sie hat alles vermasselt. Wut stieg wieder durch ihren K�rper. So, die braucht mich heute ja nicht mehr bl�d anreden. Dann setzt es aber was! Ver�rgert wendete sie sich von ihrem Spind ab und machte sich auf den Weg zu ihrer Klasse.

 

W�hrend Juliette fast trotzig ihre Klasse betritt, �ffnete der Mann im Trenchcoat ganz sachte ein rotes Kuvert. In seinem alten Ford sitzend, zog er langsam einen wei�en Zettel heraus.

Oh, Juliette, meine h�bsche Rose! Beinahe h�ttest du mich ertappt, aber ich war einfach zu gerissen f�r dich. So, jetzt schauen wir mal, was du mir geschrieben hast. Er faltete den Zettel auseinander und begann erregt zu lesen.

 

Lieber Unbekannter!

 

Ich habe mich �ber deine wundersch�nen Briefe sehr gefreut!

Du scheinst ein sehr romantischer Typ zu sein.

Ich bin zum Entschluss gekommen, dass du anders als die meisten anderen in meiner Schule bist. Nach langem �berlegen musste ich sogar feststellen, dass du ziemlich einzigartig in deiner Art bist.

Keinem anderen von den Jungen traue ich es zu, so schmeichelnd zu schreiben.

Obwohl ich es ziemlich interessant finde und einen kleinen Nervenkitzel bekomme, w�re ich wirklich nicht abgeneigt, deine wahre Identit�t zu erfahren.

Es w�re mir sogar ein gro�es Anliegen, dich privat kennen zu lernen.

Ich hoffe, dass du mir meine Bitte erf�llen k�nntest, da mir sehr viel daran liegt.

 

Kuss,

Deine Juliette

 

P.S.: Lass mich bitte nicht allzu lange warten!(Ha ha)

 

Keine Sorge, meine Liebe, ich werde dich nicht lange warten lassen, darauf kann ich dir mein Wort geben...

 

�Was? Das kann doch nicht ihr Ernst sein!� Andre Dumont konnte es nicht fassen. Wie ein Anruf nach Dallas herausstellte, hatte die Polizei kein Foto von Paul Sylka in ihrer Datenbank. Sie beharrten zwar darauf, dass mindestens eines von ihm gespeichert sein m�sste, aber er schien so, als ob sich die Aufnahmen in Luft aufgel�st h�tten. Und auch ein weiterer Anruf, diesmal nochmals zur Psychiatrischen Heilanstalt ergab dieselbe Antwort. Wie konnte es sein, dass alle Fotos von Sylka, die im Umlauf sein m�ssten, verschwunden sind. Ja, es wurde immer geheimnisvoller und Dumont wusste momentan keinen Weg heraus.

Auch die Fahndung nach Ramon Hernandez brachte vorerst kein Ergebnis. Es war zum Haare raufen. Er brauchte Ergebnisse, Spuren. Aber alle, die er fand, l�sten sich wie Staub in Luft auf. Fassungslos knallte Andre den H�rer auf die Gabel und setzte sich in seinen B�rosessel. Wer bist du? Ja, WER bist du? Er lie� die Frage durch seinen Kopf wandern. Paul Sylka, ein Mann mit scheinbar unendlich vielen R�tseln.

 

W�hrend Inspektor Dumont auch bis zum Abend noch keine weiteren brauchbaren Ergebnisse ermitteln konnte(trotz nochmaliger Durchsuchung von Susan Thompsons Zimmer und des Wagens der Mutter), packte Juliette total genervt und ausgepowert ihre Mathematikunterlagen weg. So, mehr geht nicht mehr. Und auch noch sturmfreie Bude! Ihre Eltern sind n�mlich heute zu einer Firmenfeier ihres Vaters eingeladen worden und Juliette brauchte nicht mitgehen. Zum Gl�ck! So, was gibt�s denn heute Abend so in der Glotze? Flink griff sie zum Fernsehger�t und zappte durch alle Sender, bis sie bei den �Friends� Stopp machte. So, vorher die Arbeit, jetzt das Vergn�gen! Da registrierte sie ein unruhiges Knurren in der Magengegend. Sie hatte heute noch gar nichts gegessen. Wie w�r�s mit einer Pizza? Voller Vorfreude schwang sie sich zum K�hlschrank, �ffnete ihn eilig-und seufzte. Schade, keine Pizza mehr da! Entt�uscht wollte Juliette sich wieder an den R�ckweg machen, als ihr ein Gedanke kam. Ich lasse mir einfach eine Pizza kommen, es hat vor kurzem sowieso in der N�he ein N�he Pizzaladen mit Lieferservice aufgemacht, das war�s! Juliette, ich muss mich wirklich jetzt selber loben. Tolle Idee! Sie suchte sich aus der Postablage das vor kurzem geschickte Flugblatt der Pizzeria �Alessandro� heraus und flitzte voller Hei�hunger zum Telefon, um die Bestellung aufzugeben. �Hier Pizzeria �Alessandro�! Was kann ich f�r Sie tun?� meldete sich eine typisch nach Italiener klingende Stimme. �Ja, hallo! Ich h�tte gerne eine Salamipizza mit viel Pfefferoni. K�nnte sie mir jemand bis neun Uhr vorbeibringen?� �Ja, kein Problem! Wie lautet ihre Adresse?� �Baker Street 18, ich wohne im f�nften Stock, T�r Nummer 64. Mein Name ist Juliette Sanders. Ok?� �Ok, kein Problem. Um neun Uhr ist die Pizza bei ihnen. Ich w�nsche ihnen einen guten Appetit.� �Danke, freu mich schon. Auf Wiederh�ren!� Erfreut legte Juliette den H�rer wieder auf die Gabel und setzte sich wieder zum Fernseher, wo Ross und Rachel gerade wieder eine ihrer Beziehungskrisen durchmachten. Vertr�umt verfolgte Juliette die Serie und merkte danach zun�chst gar nicht, dass es schon kurz nach neun war.

 

P�nktlich f�nf Minuten vor neun hielt der Pizzabus vor dem Wohnhaus. Als der Lieferant mit der Pizza aus seinem Wagen steigen wollte, fiel ihm im R�ckspiegel ein Schatten hinter dem Bus auf. Als er noch einmal hinsah, war aber nichts mehr zu sehen. Muss ich mich geirrt haben! Schlie�lich war es um diese Zeit schon etwas d�ster und da konnten einen die Augen leicht einen Streich spielen. Der Pizzamann schloss die Fahrert�r und machte sich auf dem Weg zur T�r, als er ein Knacken hinter ihm wahrnahm. Erschrocken drehte er sich um. Alles wirkte ruhig. Mann, Luigi, was ist heute nur mit dir los? Verwundert drehte er sich wieder Richtung Eingangst�r. Doch bevor er sie �ffnen konnte, erklang ein R�uspern hinter ihm. Wieder drehte er sich um. Das Letzte, was er wahrnahm, bevor sich ein Jagdmesser tief in sein Herz bohrte, war ein seltsamer Mann in einem schwarzen langen Trenchcoat. In dessen Jackentasche steckte eine Blume. Eine verwelkte Rose. Dann brach Luigi Pierini auf dem Asphalt zusammen und starb.

 

Nachdem �Friends� aus war und schon �Sex and the City� anfing und der Pizzalieferant noch immer nicht da war, obwohl es ja schon zehn Minuten nach neun war, wurde Juliette ein wenig ungeduldig. Sie wollte schon zum Telefon gehen und den Leuten bei der Pizzeria Feuer unterm Hintern machen, als die Haust�rglocke ert�nte. Zuerst kurz einmal, dann zweimal schnell hintereinander. Ja, das musste ihre Pizza sein! Hmmm! Sie nahm ihre Geldb�rse vom Wohnzimmertisch und ging zur T�r. Zuerst sah sie durch den Spion und entdeckte vor ihrer T�r einen Mann mit einer gr�nen Kappe mit der un�bersehbaren Aufschrift �Alessandro� auf dem Kopf. Au�erdem trug er ein Namensschild, �Luigi� stand darauf. Obwohl der Lieferant einen langen Trenchcoat trug und einen mysteri�sen Blick hatte, war Juliette nur eines wichtig: die Pizzaschachtel in seiner Hand. Ihre Hand griff zum Sicherheitsschloss und �ffnete es mit einer flinken Bewegung.

 

Ah, ich h�re sie schon kommen! Jetzt geh�rt sie gleich mir...hoffentlich sch�pft meine S��e nicht Verdacht, aber mit der Kappe, dem Namensschild und der lecker duftenden Pizza in der rechten Hand wird schon alles klappen. Aha, wenn ich mich nicht irre, schaut sie mich gerade durch den Spion an. Ja, soll sie nur, meine bezaubernde Rose, sie kann es ruhig tun.

 

�Ich mach� schon auf!� Juliette �ffnete fast hastig vor Hunger die Wohnungst�r und blickte ihrem M�rder das erste Mal richtig in die Augen. Als sie sein d�steres Grinsen und das aufblitzende Messer in seiner linken Hand bemerkte, war es schon zu sp�t...

 

 

MITTWOCH, 23.Mai 2001

 

Es war gegen zwei Uhr morgens, als Viviane und Howard Sanders leicht angetrunken und in heiterem Gef�hlszustand im f�nften Stock aus dem Lift stiegen. Howard erz�hlte seiner Frau gerade bereits zum f�nften Mal an diesem Abend denselben Witz, und obwohl beide die Pointe schon auswendig kannten, mussten die zwei trotzdem vor der Haust�r kr�ftig auflachen. Ja, der Alkohol hat sicher das Wesentliche zum lockeren Gem�tszustand von Juliettes Eltern beigetragen, aber es w�rde auch das letzte Mal f�r sehr lange Zeit sein, dass sie �ber etwas so richtig herzhaft lachen sollten. W�hrend dem Gel�chter drehte Viviane bereits den Haust�rsch�ssel im Schloss um und �ffnete die T�re langsam. Zuerst konnten sie nicht bemerken, welch dramatisches und grausames Ereignis hier vor wenigen Stunden stattgefunden hatte. Wie auch, es war auf den ersten Blick nichts Verd�chtiges zu entdecken. Mrs. Sanders zog ihre St�ckelschuhe aus und wankte barfuss durch das Vorzimmer. Ihr Mann l�chelte ihr gl�cklich nach. Und dann kam der Schrei. Ein so durchs Mark gehender Schrei, dass Howard Sanders ihn in seinem ganzen Leben nicht mehr aus seinem Kopf bringen w�rde. �Juliette...NEIN!� So schnell er konnte lief der Ehemann in Richtung ihres Schreis, ins Wohnzimmer. Und als er den Raum betrat, schreckte er zuerst voller Schock zur�ck. Juliette Sanders lag halbnackt auf dem Wohnzimmertisch, �berall klebte Blut, ob an Gesicht, Bauch oder Beinen. Auch auf den M�bel und den Fu�boden war alles rot besudelt. Und obwohl beide Elternteile unter gro�em Schock standen, konnten sie die gro�e Stichwunde in der Herzgegend nicht �bersehen. Auch nicht die verwelkte Rose, die auf Juliettes blutigem T-Shirt lag.

 

Oh nein! Nein! Liz! LIIIZZZ!! Das Handy riss Andre Dumont aus seinem Albtraum. Seit er an diesem Fall arbeitete, tr�umte er jede Nacht von seiner toten Schwester. Er sah, wie der M�rder sie umbrachte und er konnte in diesen Traum nicht eingreifen, nur nutzlos zusehen, wie ihm sein geliebtes Schwesterchen entrissen wurde. Erstmals seit langem war Dumont �ber das sonst eher l�stige Handypiepsen eher erfreut, obwohl ein Blick auf die Uhr verriet, dass etwas passiert sein musste. Es war n�mlich erst drei Uhr morgens. Und auf dem Display blinkte auch schon die Nummer des Reviers auf. Noch ein wenig ruhelos wegen des Albtraums musste er erst noch einmal tief durchatmen, bevor er den Anruf annahm. �Ja, hier Dumont! Was gibt�s?� �Herr Inspektor, ich habe sehr schlechte Nachrichten...� Und obwohl Andre Dumont noch gar nichts vom Mord an Juliette Sanders wissen konnte, sagte ihm der Unterton des anrufenden Beamten schon alles. �...es hat ein zweites Opfer gegeben, nicht wahr?� �...woher...naja, im Grunde genommen, sind es zwei Opfer, Herr Inspektor. Beide gestorben durch Stiche ins Herz. Vermutlich derselbe....Herr Inspektor?� Dumont hatte bereits aufgelegt.

 

Juliette, nun ist es vorbei. Zugegeben, es war wirklich leichter als ich dachte. Susan hat sich wenigstens gewehrt aber du...du konntest nicht realisieren, dass ich dich t�ten wollte. Auch als ich dich vergewaltigte, lie� du alles �ber dich ergehen. Braves M�dchen! Der M�rder sa� in seinem Drehsessel, vor ihm ein brennender M�lleimer. Darin schmolzen gerade Fotos von einem sch�nen M�dchen in sich zusammen. Bei n�herem Betrachten sah man, dass das M�dchen Juliette Sanders war. Der Mann legte leise vor sich herfl�sternd weitere Aufnahmen ins Feuer. Die rote Glut verschlang sie auf der Stelle. Du hast nie geschluchzt, Tr�nen rannten �ber dein Gesicht, aber du machtest es mir wirklich leicht. So gef�llt es mir. Ich wusste doch, dass ich auf dich z�hlen kann. Und als ich das erste Mal das Messer in deinen K�rper rammte, konnte ich die Ergebenheit, die Resignation in deinen wunderh�bschen blauen Augen sehen. Na ja, meine Rose, du bist Geschichte. Nun werde ich mir eine Neue suchen, wundersch�n bl�hend, nur auf mich wartend, nur auf mich. Hmm...wie w�r�s mit... Der Mann im schwarzen Trenchcoat drehte sich voller Tatendrang zu seinem Laptop. Wenn man diesen Raum genau betrachtete, fiel auf, dass darin eine wahre High-Tech-Ausr�stung vorhanden war. Neben dem Computer lagen Wanzen �berall umher, au�erdem eine Reihe von verschiedenster Software und Hardware und direkt daneben Hackeranleitungen und Spionageb�cher. Mitten in dieser fast unwirklich wirkenden Welt sa� der Mann im schwarzen Trenchcoat voll Eifer vor seinem Laptop, nach etwas suchend.

So, jetzt sehen wir einmal nach, wer du wirklich bist, meine S��e Diana. Mit flinken Fingerbewegungen tippte der Mann im Trenchcoat alle m�glichen Befehle in die Tastatur des Laptops. Als das Ergebnis seiner Suche mitsamt Foto auf dem Bildschirm anschien, huschte ein geh�ssiges L�cheln �ber sein Gesicht. Ich glaube, du hast ein wenig gemogelt, liebe Diana. Du bist gar nicht 21. Aber, ehrlich gesagt, wenn ich mir so dein Foto ansehe, du siehst wirklich verdammt sexy aus, echt verf�hrerisch,...auch wenn du eine hinterlistige Polizeischlampe bist...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.DIANA

 

 

 

 

 

�Der Mann starb durch einen einzigen pr�zisen Stich ins Herz. Man fand ihn hier hinter dem Busch. Er ist voraussichtlich genauso lang tot wie das M�dchen. Todeszeitpunkt bei beiden war zwischen neun und zehn Uhr nachts. Wie wir bereits feststellen konnten, hatte der Mann den Auftrag eine Pizza zu diesem Haus an T�rnummer 64 zu liefern. In dieser Wohnung wohnte das M�dchen, unser zweites Opfer. Wie uns der Chef der Pizzeria erkl�rte, hat sich Luigi Pierini, so ist der Name des Toten, seit seiner Fahrt zu diesem Wohnhaus nicht mehr gemeldet. Er wollte ihn schon als vermisst melden, weil er einen Unfall bef�rchtete. Weil er auch nicht an sein Handy ging, machte er sich schon Sorgen. Kommen Sie, Inspektor Dumont, da vorne haben wir auch etwas gefunden, was uns merkw�rdig vorkommt.� Dumont nickte dem Kollegen von der Mordkommission, dessen Name Jason Warwick war, zu und folgte ihm zu einer Reihe von M�lltonnen, die zum Wohnhaus geh�rten. Warwick war erst am Vorabend aus seinem Urlaub zur�ckgekommen. Ansonsten unterst�tzte er Andre Dumont bei den F�llen, so gut er konnte. Aber ehrlich gesagt mochte ihn Dumont nicht besonders. Warwick hatte einfach eine ziemlich eigenartige Art, war oft ein komischer Kauz...aber Dumonts musste sich zugestehen, dass sich das einige, und das waren nicht gerade wenige, �ber ihn auch denken werden. Darum war er im Prinzip trotzdem heilfroh, �berhaupt einen Gehilfen zu haben, der ihn bei den Ermittlungen unterst�tzen konnte. Gratuliere, Herr Kollege! Kaum zur�ck und schon gab�s wieder einen Haufen Arbeit. Dumont betrachtete neugierig die Bewegungen seines Kollegen, der sich zielstrebig einer bestimmten M�lltonne n�herte. Warwick �ffnete diese und lie� Dumont einen Blick gew�hren. In der Tonne lagen eine Pizzaschachtel und eine Kappe, die sich auf dem zweiten Blick als die eines Pizzaunternehmens entpuppte. �Alessandro� stand mit geschwungener Schrift darauf. Ja, so hie� die Pizzeria, in der das Mordopfer gearbeitet hatte. Was Dumont aber wirklich beunruhigte, war die Tatsache, dass beide Fundgegenst�nde voller Blut befleckt waren. �Wann wurde der Pizzaauftrag aufgegeben? Und von wem?� fragte Dumont Mr. Warwick. �Wie uns der Pizzeriatyp erz�hlt hat, wurde die Bestellung um 20:33 Uhr aufgegeben. Von einem M�dchen namens Juliette Sanders...dem zweiten Mordopfer.� �Kann ich jetzt den Tatort des zweiten Mordes sehen?� fragte Andre voller Mitgef�hl. Was war geschehen? Reihen von Gedanken schwirrten durch seinen Kopf. �Ja sicher, kommen sie�, kam prompt die Antwort. Dumont folgte dem Mann zum Wohnhaus, betrat es und wartete mit ihm auf dem Lift. �Die Wohnung ist in der f�nften Etage�, erkl�rte Warwick ihm. Schon nach wenigen Sekunden �ffnete sich der Aufzug und die beiden M�nner fuhren zu jenem Stockwerk des Geb�udes, in welchem sich in deren Nacht ein schreckliches Szenario zugetragen hatte. Kaum hatten sie den Aufzug verlassen, bemerkte Dumont schon drei Beamte von der Spurensicherung, die am Stiegenhaus und vor einer Wohnung Spuren aufsammelten, der Wohnung mit der T�rnummer 64. Auf dem T�rschild stand �Familie Sanders�. Warwick und Dumont traten in die Wohnung ein. �Das Opfer liegt da vorne im Wohnzimmer, hier entlang!� Inspektor Dumont folgte dem Mann zum Tatort. Zuerst konnte er das M�dchen nicht genau sehen, weil ein Beamter gerade vor ihr hockte, aber als er sich wegdrehte, verschlug es Dumont fast den Atem. Der leblose K�rper des M�dchen war �ber und �ber mit Blut befleckt. Er lag auf dem gl�sernen Wohnzimmertisch, eine Hand hing herab und strich leicht den Teppich, der fr�her leuchtend orange gewesen sein musste, aber nun ebenfalls nur noch rot war. Rot vom Blut von Juliette Sanders. Wieder war es ein verdammt h�bsches M�dchen gewesen, dachte sich Dumont. Warum? Wieso nur? Die ewig ihn qu�lenden Fragen geisterten wieder durch seine Gedanken.  Und da sah er sie, die Rose. Sie lag auf dem nun mehr roten Hemd des M�dchens, verwelkt, aber trotzdem die Sch�nheit nicht verloren. Genauso wie bei Susan Thompson. Dumont war sprachlos. ER hatte wieder zugeschlagen. Er hatte fast schon gehofft, dass es jemand anderes war, jemand, der einem nicht so viele R�tsel aufgab wie dieser M�rder. Zwar hatte er es schon bef�rchtet, dass ER wieder gemordet hat, aber wahr haben wollte er es nicht. Und ein Nachahmungst�ter? Nein, diese Tat wurde zu pr�zise, zielsicher und gnadenlos ausgef�hrt. Der M�rder hatte auf seine Chance gewartet und dann erbarmungslos und ohne R�cksicht auf weitere Menschenleben zugeschlagen. Und so eine dunkle Seele, die konnte nur ER haben. �Inspektor Dumont?� Warwick f�hrte ihn direkt zur Leiche. �Wir fanden drei Einstiche im Oberk�rper, zwei davon waren vermutlich t�dlich. Au�erdem wurde sie vergewaltigt.� Hoffentlich erst, nachdem sie tot war. Dumont hoffte, dass bereits der erste Stich den Schmerz beendete und sie nicht weiter leiden lie�. Was er nicht wusste, war, dass Juliette langsam und qualvoll starb, sich bis zur letzten Sekunden ihres Lebens weigerte, zu sterben. Vergebens. �Wir fanden das hinter der Couch�, deutete Warwick Dumont und zeigte ihm ein gl�nzendes Etwas. Bei genauer Betrachtung sah er, dass es ein Namensschild war, das man sich anknipsen konnte. Auf der Vorderseite stand in geschwungener Schrift �Luigi� darauf, der Name des toten Pizzalieferanten. Es war sein Namensschild. Und pl�tzlich leuchtete Dumont das Szenario ein. Er konnte sich vorstellen, was zuvor hier passiert war. �Ich habe eine Vermutung, Mr. Warwick�, stammelte er. �Welche, Inspektor Dumont?� �Wie ich vermute, wurde Luigi Pierini vor dem Geb�ude �berw�ltigt und get�tet. Er versteckte die Leiche hinter dem Busch neben den Parkpl�tzen. Der M�rder nahm sein Namensschild, seine Kappe und nat�rlich die Pizzaschachtel mit Inhalt. Damit ging er zur Wohnung des M�dchens und t�uschte ihr vermutlich vor, der Pizzalieferant zu sein. Sie macht ahnungslos die T�r auf und merkt erst zu sp�t die wahre Absicht des Mannes. Dann muss dieser sie ins Wohnzimmer gedr�ngt haben. Hier hat er sie auf dem Tisch dann vergewaltigt und get�tet. H�chstwahrscheinlich hat er ihr gedroht, damit sie nicht schreit. W�hrend der Tat muss er dann das Namensschild verloren haben. Nachdem er mit dem M�dchen �fertig� war, legte er ihr noch die Rose �ber die Wunde. Er verlie� vorsichtig das Geb�ude und entledigte sich der Kappe und der Pizza, indem er sie in eine M�lltonne warf.� �Klingt sehr plausibel, so �hnlich m�sste es wirklich passiert sein�, meinte Warwick zustimmend. �Fand man bisher irgendwelche Spuren wie Hautfetzen unter ihren Fingern�geln?� wollte Dumont wissen. ��Nein, leider gar nichts. Es scheint so, als ob sich das M�dchen vor lauter Schock gar nicht gewehrt hat. Nicht einmal, als er das Messer in ihr Herz stie�...wirklich tragisch, diese ganze Sache.� �Ja, wirklich tragisch, ...wer hat das M�dchen gefunden?� hakte der Inspektor nach. �Ihre Eltern kamen gegen zwei Uhr von einer Feier nach Hause. Mrs. Sanders hat dann die Leiche entdeckt. Beide sind momentan in �rztlicher Behandlung, sie sind nervlich am Ende. Juliette war ihr einziges Kind gewesen und auch noch ein wahrer Engel, wie einige Nachbarn mir erz�hlten. Immer zuvorkommend und hilfsbereit.� Dumont merkte in Warwicks Blick und Gesten, dass ihm das Ganze auch ziemlich nahe ging. �Sie haben nichts von der Tat mitbekommen, eine �ltere Frau aus der dritten Etage will aber gegen halb zehn Uhr ein krachendes Auto wegfahren geh�rt haben. Aber ehrlich gesagt, kann das jeder mit einem alten oder kaputten Wagen gewesen sein.� Dumont nickte. Warwick hatte recht. Das war kein guter Hinweis, aber er hoffte, dass doch jemand etwas bemerkt hatte. Irgendetwas. Nur etwas, was Dumont bei der Kl�rung dieses Falles in die richtige Spur f�hrte. Es durfte nicht noch mehr Opfer geben, kein einziges mehr. Aber leider sollten Dumonts Hoffnungen bei weitem nicht erf�llt werden.

 

Diana Hawkins biss voll Genuss in ihr Erdbeermarmeladenbrot, nahm abwechselnd immer einen Schluck Orangensaft, bevor sie erneut ein kleines St�ck abbiss. Es war ein ruhiger Morgen. An diesem Tag war Diana schon etwas fr�her aufgestanden als sonst, so gegen sechs Uhr fr�h. Sie hatte nicht sehr gut geschlafen und darum wollte sie wenigstens jetzt beim Fr�hst�ck entspannen und alles genie�en. Mit einem Ohr lauschte sie der wohltuenden Musik aus dem Radio, aber mit ihren Gedanken war sie nur bei Andre. Sie hatte in wirklich sehr gern. Ihr war es bis jetzt nie bewusst, wie gern sie ihn hatte. Sie kam sich vor wie ein Teenager mit dem ersten Liebeskummer. Genauso f�hlte sie sich jetzt, obwohl noch gar nichts wirklich passiert war. Kleine Flirts, aber etwas Ernstes? Diana glaubte fest daran, dass etwas aus den beiden werden k�nnte, aber sie hatte eine schlimme Vorahnung, dass es nie dazu kommen w�rde.

 

So, jetzt wecken wir unseren Schatz einmal auf! Bin gespannt, wie sie auf mein Mail reagieren wird. Bald werden wir sehen, ob du wirklich etwas �ber mich wei�t oder ob uns zwei nur das Schicksal zusammengef�hrt hat. Freu mich schon darauf. Kann es gar nicht mehr erwarten...Noch immer in Gedanken versunken f�hrte seine rechte Hand den Mauszeiger am Monitor auf den Button mit der Aufschrift �SENDEN�. Ein schneller Klick und das Mail war schon unterwegs zu seinem Empf�nger: Diana Hawkins. Ein zerfahrenes Grinsen im Gesicht des Mann mit dem schwarzen Trenchcoat verriet, dass er hochzufrieden. Er hatte nicht gedacht, so schnell eine neue Rose zu finden. Zwar w�rde es dieses Mal wahrscheinlich ein wenig schwerer werden, da er es mit einer Polizistin zu tun hatte, aber f�r Ms. Hawkins hatte er schon etwas Besonderes vorbereitet. Selbstbewusst erhob der Mann sich aus seinem Sessel und schnappte sich Fotoapparat und weitere Gegenst�nde, die er sorgf�ltig in eine Plastiktasche packte und damit zielsicher das heruntergekommene Geb�ude verlie�.

 

Schauen wir nun noch schnell, ob ich ein Mail bekommen habe. Diana nahm ihr t�gliches Ritual vor, dass darin bestand, zuerst zu checken, ob sie jemand angerufen hat, sie eine SMS oder eine E-Mail bekommen hatte. Um die Wahrheit zu sagen, bekam sie nicht oft Post und Nachrichten. Sie war zwar eine attraktive Dame und hatte eine herzliche Art, aber sie war sehr sch�chtern und misstrauisch gegen�ber M�nnern. Sie wusste nicht, warum das so war. Der einzige, der wirklich Gef�hle in ihr weckte, war ihr Arbeitskollege Andre Dumont. Lange Zeit hat sie es sich nicht zugeben wollen, aber nun war sie davon �berzeugt. Ohne viel Zuversicht loggte sie sich auf dem Bildschirm mit ihrem Benutzernamen und Passwort ein und wartete darauf, zu ihrem �interaktiven Postkasten� verbunden zu werden. Die einzigen Mails, die sie sonst bekam, waren Werbungen, Newsletter, sinnlose Programme oder witzige Dateien, welche sie von ihren Freundinnen geschickt bekam. Aber diesmal war zu ihrem Erstaunen noch ein anderes Mail dabei. Aber als sie den Absender las, lief es Diana kalt den R�cken runter. Das E-Mail stammte von �Angel021�.

 

Ah, da bist du ja! H�bsch siehst du aus! So unschuldig! Sag �Cheese!�, meine S��e Rose! F�nfmal klickte der Mann in seinem alten Ford auf den Ausl�ser des Fotoapparats, wie in Trance. Leise fl�sterte er vor sich her. Er war besessen. Besessen von seinem neuen Opfer. Und wenn ER besessen war, dann hie� es, dass er alles unternahm, um dieses Opfer zu bekommen. Seine Rose. Der Mann blickte noch einmal hinauf zu dem Fenster im ersten Stock, wo man eine attraktive junge Frau vor dem PC sitzend sah. Mit einem hinterlistigen L�cheln wendete er sich ab und startete das Auto. Mit grausamen Hintergedanken fuhr er langsam davon und lie� die Frau im Fenster hinter ihm. Er konnte nur noch an sie denken und an ihren baldigen Tod. Es w�rde nicht mehr lange dauern. Nein, daf�r w�rde er schon sorgen. Die Frau im Fenster war Diana Hawkins.

 

Mit beinahe zittrigen H�nden f�hrte diese Frau die Maus zum Men�punkt ��ffnen der Nachricht�. Eine nicht beschreibbare Angst kam in ihr hoch. Was hatte sie getan? War es richtig gewesen, mit dem vermeintlichen M�rder von Susan Thompson zu chatten? Aber was war, wenn es gar nicht der M�rder war, mit dem sie vorgestern im Chat geplaudert hatte? Dann war ja alles in Ordnung, oder? Mit gro�em Unbehagen klickte sie auf den Button am Bildschirm und sogleich �ffnete sich ein Brief darauf. Nun zitterte Diana am ganzen K�rper. Es war der M�rder. ER war es. Sie hatte mit IHM gechattet. Er musste es sein. Mit Entsetzen las sie Zeile f�r Zeile angestrengt durch, mit der Hoffnung, sich zu irren. Zuerst fand sie nichts Verd�chtiges, aber pl�tzlich entkam ihr ein dumpfer Schrei. Sie wollte ihn unterdr�cken, aber das eine Detail im Brief lie� sie erschaudern. Nein, das konnte nicht sein! Nein!

 

 

Liebe Diana!

 

Wie geht�s meiner s��en Rose?

Ich vermisse dich schon.

Hab feststellen m�ssen, dass du mir noch immer kein Foto von dir geschickt hast.

War sehr entt�uscht dar�ber, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Was machst du immer so?

Kann nur noch an dich denken.

Komisch, wenn man bedenkt, dass wir uns kaum kennen.

Aber ich habe trotzdem das Gef�hl, als ob wir so etwas wie Seelenverwandte sind.

Bei mir hat es sogar ein wenig gefunkt.

Freue mich schon, wenn ich dir direkt in deine sch�nen blauen Augen schauen kann.

Vielleicht hast du auch Interesse an einem Treffen.

Wenn es dir ein wenig zu schnell geht, verstehe ich das vollkommen.

Wir k�nnen uns via E-Mails weiter n�her kennen lernen und wenn du bereit bist, brauchst du es mir nur zu schreiben, ich warte dann schon auf dich, meine S��e!

 

Kuss!

Erwartungsvoll,

 

Dein �Angel021�

 

Sie konnte es nicht fassen. Alle m�glichen Gedanken rasten wie Eilz�ge durch ihren Kopf. Sie versuchte sich an jeden Teil der Chatunterhaltung mit �Angel021� zur�ckzuerinnern, aber ein Detail, DAS Detail fiel ihr nicht ein. Sie las entsetzt noch einmal die Zeile mit diesem Detail durch.

Freue mich schon, wenn ich dir direkt in deine sch�nen blauen Augen schauen kann.

Das war�s! Diana fing an bitterlich zu weinen. Zusammengekr�mmt vor Angst kauerte sie auf dem Sessel und schluchzte vor sich hin. �...in deine sch�nen blauen Augen...� Sie hatte �Angel021� gegen�ber nie ihre Augenfarbe erw�hnt...

 

Die ganze Fahrt �ber zum Revier liefen alle Gehirnzellen von Inspektor Andre Dumont hei�. Nun waren es schon drei Mordopfer, wenn man Janette Peeters aus Dallas dazu nahm, sogar vier. Aber obwohl alles so brutal, so realistisch ablief, konnte Dumont noch immer nicht realisieren, wie das Ganze �berhaupt m�glich war. Paul Sylka. Ja, Paul Sylka war tot. Er konnte die Morde nicht begangen haben, aber trotzdem war etwas ziemlich faul an ihm. Warum lie�en sich keine Fotos von ihm auftreiben? Alle verschwunden. Wieso? Was macht das f�r einen Sinn? Andre sch�ttelte den Kopf. Das konnte alles nicht wahr sein. Sollte er aufgeben? Nein! Direktor Payton hat ihm nun sein Vertrauen ausgesprochen und jetzt durfte er ihn nicht entt�uschen. Dieser Fall nagte zwar sehr an seiner Psyche, aber er musste es durchstehen, schon allein den Mordopfern zuliebe. Ihr M�rder geh�rt endlich gefasst. Es durfte keine Zeit mehr vergeudet werden. Er blickte fl�chtig auf seine Armbanduhr. Schon fast zw�lf Uhr mittags. Ja, die ganzen Zeugenaussagen und die ersten Tatortuntersuchungen hatten schon gewaltig Zeit gekostet. Besonders tragisch fand Dumont aber das Gespr�ch mit dem Hausarzt der Sanders, der sich um die beiden Eltern gek�mmert hatte. Seiner Aussage nach kauerten sie eng umschlungen auf dem Sofa zusammen und fl�sterten nur immer ihren Namen: Juliette, Juliette. Sie konnten nicht begreifen, warum so etwas Unfassbares, Grausames mit ihrer Tochter passieren konnte. Wie auch? Dumont konnte es auch nicht. Keiner konnte das. Wie konnte man schon einen Mord an einem unschuldigen M�dchen begreifen? Und auch noch auf so hinterlistige und brutale Art und Weise. Es war unm�glich. Andre Dumont bog langsam auf den Parkplatz des Reviers ein, mit den Gedanken aber nur bei den armen Eltern. Fast wie in Trance trat er ins Geb�ude ein und ging mit schweren Schritten zum B�rozimmer von Direktor Edward Payton. Er musste ihm die neuesten Ergebnisse mitteilen, das war ihm auch schuldig. Nur, er hatte leider kaum brauchbare Ergebnisse. Mit einem tiefen Seufzer trat er ins Zimmer ein, wo er schon vom Chef erwartet wurde.

 

 

�Dallas Morning News� , Mittwoch, 23.Mai�01

 

ARLINGTON,TX- Der �ROSENM�RDER� hat wieder zugeschlagen! In der Nacht auf heute wurde die 18-j�hrige Juliette S. daheim in der Wohnung brutal vergewaltigt und ermordet. Sie wurde durch drei Stiche ins Herz get�tet und eine verwelkte Rose bei der Leiche hinterlassen. Diese Vorgehensweise entspricht dem gleichen Verhaltensmuster des M�rders, der auch Susan T.(19J.) umgebracht hatte(wir berichteten). Obwohl es die Polizei noch nicht offiziell best�tigen wollte, muss man davon ausgehen, dass es sich um denselben T�ter handelt. Die Eltern des M�dchens, die die Leiche gefunden haben, sind momentan in �rztlicher Behandlung.

Auch ein Polizeibeamter war total geschockt: �Wie sie da so auf dem Tisch gelegen hat, alles voller Blut, das ging jeden ziemlich nahe. Dieser M�rder muss endlich geschnappt werden...das sind wir den Eltern der beiden M�dchen einfach schuldig.�

 

Vor dem Wohngeb�ude(Bild rechts), in dem Juliette S. gestorben ist, fand man auch eine zweite Leiche. Der tote Mann hie� Luigi Pierini, war 29 Jahre alt und arbeitete zuletzt in einer Pizzeria in der N�he des Tatorts. In welchem Zusammenhang er mit den M�dchenmorden steht, konnte bis jetzt noch nicht gekl�rt werden.

 

Die Polizei richtet sich nun verst�rkt an die Bev�lkerung der Stadt:

Jeder sachdienliche Hinweis soll sofort beim Revier oder bei der Nummer (972)333-5652 gemeldet werden. Man muss hoffen und beten, dass der M�rder bald geschnappt wird, damit die Menschen in Arlington endlich wieder ruhig schlafen k�nnen.

 

Aus Arlington, Texas                                                                                    Bob Niedermayer

 

 

Es war kurz nach Mittag, als Andre Dumont an die B�rot�r von Diana Hawkins klopfte. �Hallo? Diana?� Langsam �ffnete er die T�r und lugte in den Raum hinein. Er musterte den B�rotisch, die unversehrten Unterlagen, den ausgeschalteten Computer. Wo war sie? Die Antwort sollte er schon wenige Sekunden bekommen. Ein anderer Mitarbeiter aus der Computerabteilung bog gerade um die Ecke. �Ah, Inspektor Dumont, suchen Sie Ms. Hawkins? Die hat sich f�r heute krank gemeldet.� ��h...danke...� Was? Diana war krank? Da werde ich ihr kurz gute Besserung ausrichten. Er nahm sein Handy, w�hlte und lie� sich bei der Ankunft Dianas Nummer geben. Nach sechs Mal l�uten legte Andre wieder auf. Diana ging nicht zum Telefon. Und das erste Mal versp�rte er unwahrscheinliche Sorge um seine Kollegin. Er hatte das schreckliche Gef�hl, dass etwas nicht in Ordnung war. Vielleicht war es besser, einmal zu ihr vorbeizuschauen. Nur zu sehen, dass alles passte. Ja, das w�rde er sp�ter tun. Noch ein wenig in Gedanken bei Diana machte er sich wieder auf dem Weg zu seinem Wagen. Jason Warwick und er hatten n�mlich wieder einen Termin bei Dr. Arthur Patterson, dem Gerichtsmediziner.

 

Diana sa� vor ihrem PC und starrte nur auf den Bildschirm, auf dem noch immer das Mail von �Angel021� zu sehen war. Immer und immer wieder wollte sie sich an das Gespr�ch im Chat zur�ckerinnern. Hatte sie nun doch ihre Augenfarbe erw�hnt? Sie war sich selber nicht mehr sicher. Die pl�tzliche Angst machte sie total verr�ckt. Was hatte sie alles geschrieben? Ja, dass sie dunkelbraunes Haar hatte, aber von ihren Augen war ihrer Meinung nie die Rede. Und was sollte sie jetzt tun? Wenn er wirklich wusste, dass sie keine Studentin, sondern eine Polizeiangestellte war? Was w�rde er tun? Ihr nur Angst einjagen wollen? Ja, das war ihm bereits gelungen. Aber das Ungewisse war, dass Diana noch immer nicht 100%-ig sicher sein konnte, dass dieser �Angel021� DER �Angel021� war, den alle suchten. Und man konnte ja immer noch nicht genau sagen, ob dieser �Angel021� �berhaupt in direktem Zusammenhang mit dem Mord an Susan Thompson steht. Obwohl nat�rlich alle Indizien auf ihn schlie�en. Vor allem die Rosen. Diana wusste selbst nicht mehr, was sie nun glauben sollte. Nur eins wusste sie: in diesem Zustand konnte sie wirklich unm�glich arbeiten. Darum hatte sie sich auch krank gemeldet. Um auf andere Gedanken zu kommen, schaltete sie den Fernseher ein, wo gerade die Nachrichten liefen. Diana holte sich noch schnell ein Glas Wasser und wollte sich gerade auf die Couch setzen, als der Bericht kam. Sie erstarrte. Fast w�re ihr das Glas aus der Hand gerutscht. Langsam, wie in Zeitlupe setzte sie sich nieder, gebannt auf die Bilder und der Reporterstimme achtend.

�In diesem Geb�ude kam es heute Nacht zu einem Blutbad. Die 18-j�hrige Juliette Sanders wurde von einem noch Unbekannten in ihrer Wohnung vergewaltigt und anschlie�end brutal erstochen. Da man auch eine Rose bei der Leiche fand, muss man davon ausgehen, dass es sich um denselben M�rder handelt, der am letzten Samstag auch die 19-j�hrige Susan Thompson umgebracht hat. Die Polizei kann sich noch nicht erkl�ren, welches Symbol diese Rose sei. Sie vermuten es als die �Visitenkarte� des T�ters, den man in Fachkreisen schon als den �Rosenm�rder� kennt. Aber ein weiterer Fund macht diesen Fall noch mysteri�ser: In der N�he des Wohngeb�udes wurde die Leiche des 29-j�hrigen Luigi Pierini entdeckt, auch er wurde erstochen. Die Polizei wollte noch nicht Stellung nehmen, in welcher Verbindung die Opfer stehen. Auf jeden Fall wurde bei Pierini keine Rose gefunden...Ah, da ist der Inspektor von der Mordkommission...entschuldigen sie...�

Diana blickte entsetzt auf den Fernseher, konnte am Bildschirm Andre Dumont auftauchen sehen. Der Reporter richtete das Mikrofon auf ihn.

� �K�nnen Sie uns schon N�heres �ber die beiden Opfer sagen?� �Nein, ich m�chte noch nichts mitteilen, solange wir noch nichts wirklich Konkretes und Handfestes in der Hand haben. Nur eines will ich Ihnen sagen: Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um diesen dreckigen Schweinehund zu fassen...entschuldigung...� �Kein Problem, danke f�r Ihre Stellungsnahme!� Wir sahen gerade, dass sogar die Polizei einen Riesenhass gegen�ber dem T�ter empfinden, und wie ich meine, scheint es fast schon sicher, dass der �Rosenm�rder� wirklich alle drei Morde begangen hat. Ich danke Ihnen f�r Ihre Aufmerksamkeit, wenn wieder etwas Neues in dieser Angelegenheit passiert, sind wir wieder live f�r Sie da. Ihr Matt Cullen, Texas News Channel 5.�

Diana sch�ttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht wahr sein! Es musste was passieren! Entschlossen stand sie auf und setzte sich wieder an ihren PC, in dessen Tastatur sie eilig Buchstabe f�r Buchstabe eintippte.

�Ah, Inspektor Dumont. Endlich sind Sie da, es ist dringend!�Wo ist �brigens Mr. Warwick? Ich habe gedacht, der ist schon aus dem Urlaub zur�ck.� Dumont kam gegen dreiviertel eins in die Leichenhalle, wo er schon von Dr. Arthur Patterson erwartet wurde. �Warwick? Der hat seine Geldtasche am Tatort liegen gelassen und holt sie schnell. Er ruft mich hier an, wenn er sich auf dem Weg hierher macht. Also, warum wollten Sie mich nun so dringend sprechen?� Dumont war ziemlich neugierig, weil Dr. Patterson hatte am Telefon aufgeregt geklungen. �Aha, dann komme ich zur Sache. W�hrend an der Leiche vom Pizzalieferanten leider keine brauchbaren Spuren zu entdecken waren, wurde bei dem M�dchen ein m�nnliches dunkles Haar gefunden. Hoffentlich haben wir Gl�ck und es stammt vom T�ter. Beide starben wie vermutet an ihren Stichverletzungen, die wieder sehr pr�zise ins Herz platziert wurden. Sie hatten keine �berlebenschance. Und wir k�nnen jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass wir es mit ein und demselben T�ter zu tun haben. Es wurde dasselbe Jagdmesser bei den Morden gestern verwendet wie bei Susan Thompson. Ah, �brigens konnten auch in der gefundenen Kappe des Toten Haare gefunden werden, und zwar zwei verschiedene Strukturen, ein Art m�sste vom T�ter sein, die andere von der Leiche. Nachher werde ich gleich beginnen, die Haare von ihm�, er zeigte auf die m�nnliche Leiche von Luigi Pierini, �mit den gefundenen vergleichen...aber eigentlich wollte ich Ihnen etwas ganz Anderes erz�hlen.� Dumont horchte auf. �Ja, Dr. Patterson?� �Ich hatte, nachdem wir das �ber diesen Paul Sylka herausgefunden haben, Nachforschungen angestellt und eine Untersuchungen anordnen lassen...� �Welche Untersuchung?� Andre Dumont wurde schon langsam neugierig. �Ich habe mit dem Labor in Dallas telefoniert und die waren sehr hilfsbereit bei meiner Bitte gewesen. Nachdem sie sich die Erlaubnis dazu geholt haben, bargen sie die �berreste von Paul Sylka aus seinem Grab. Der K�rper war ja schon durch das Feuer sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, was ja auch den Umstand ausmachte, dass er nur anhand seines Namensschild, welches zum Gl�ck noch lesbar geblieben war, als Mr. Sylka identifiziert werden konnte. Die Leiche, die die Kollegen aus Dallas nun untersuchten, war noch dazu schon sehr stark verwest, aber ein gro�er Teil der Z�hne waren noch sehr gut erhalten. So wurde das Gebiss untersucht und nach l�ngerem Suchen auch Bilder von Paul Sylkas Gebiss angefordert. Man sagte mir, dass es gar nicht leicht war, seinen ehemaligen Zahnarzt ausfindig zu machen, aber wenigstens hatten sie Erfolg. Die Z�hne der Leiche wurden genau mit den R�ntgenbildern verglichen, und obwohl nicht mehr alle Z�hne vorhanden waren, konnten sie ein klares Ergebnis feststellen...� Dumont sah den Gerichtsmediziner mit starrem Blick an. Was hatten die aus dem Labor nun herausgefunden? �...Es konnte herausgefunden werden, dass die Leiche, die man aus Paul Sylkas Grab geborgen hat,...� Dr. Patterson musste erst durchschnaufen, bevor er das unglaubliche Ergebnis Dumont kundgab. �...nicht Paul Sylka ist...� Andre Dumont wurde kurz schwarz vor den Augen. Konnte es denn noch verwirrender werden? �Was? Sind Sie ganz sicher?� �Ja, hundertprozentig sicher, Inspektor Dumont. Anhand der R�ntgenbilder konnten einige ziemlich sichtbare Unterschiede zwischen den beiden Gebissen festgestellt werden. Es wurde mir versichert, dass kein Fehler vorliegt. Es ist nicht Paul Sylka, der in seinem Grab gelegen hat.� �Das macht die ganze Sache noch mysteri�ser. Wenn nicht es nicht Sylka ist, wer dann?� �Ja, das ist eine gute Frage. Ich kann es selber nicht glauben. Um diesen Fall beneide ich sie wirklich nicht, Inspektor Dumont.� �Na ja, am besten ist, Sie untersuchen noch die Haare, vielleicht bringen uns die einen Schritt weiter. Ich werde wieder zum Revier zur�ckfahren...und vielen Dank f�r Ihre gro�e Unterst�tzung.� �Kein Problem, schlie�lich wollen wir alle, dass der M�rder schnell hinter Schloss und Riegel kommt, nicht wahr?� Dumont nickte nur kurz dazu, dann wandte er sich dem Ausgang zu. Pl�tzlich l�utete sein Handy. Ah, das musste Warwick sein! Bin gespannt, ob er seine Geldtasche gefunden hat. Aber ein Blick auf das Display zeigte ihm eine unbekannte Nummer. �Inspektor Dumont, Mordkommission?� meldete er sich. �Ja, hier ist Jason. Wollte nur sagen, dass die Geldtasche noch nicht >KNACK< aufgetaucht ist.� Also doch Warwick. �Von wo rufen Sie an?� wollte Dumont wissen. �Ich bin gerade in der Wohnung von den >KNACK< Sanders und mache mich gleich unterwegs bei Ihnen. Sind Sie noch in >KNACK< der Gerichtsmedizin?� Inspektor Dumont wurde stutzig. Was war das f�r ein Knacken? �Warwick? Was knackt denn bei Ihnen so?� �Was meinen Sie, Inspektor? Ich h�re nichts.� Dumont kam ein wirrer Gedanke. �Warwick? Schrauben Sie die Muschel vom H�rer herunter, schnell!� �Warum? Na gut...ist ziemlich fest angemacht...so, hab's gleich.....Oh Mann!� �Was ist, Warwick? Was haben Sie gefunden?� �Inspektor, da ist eine kleine Wanze unter der Muschel eingesetzt. Was hat das zu bedeuten?� Dumont konnte es nicht fassen. �Warwick? Sind Sie sicher, dass es eine Wanze ist?� �Ja, absolut sicher, Inspektor.� �Ok, fassen Sie nichts mehr in der N�he des Telefons an, ich schicke das Team von der Spurensicherung noch einmal zu der Wohnung.� �In Ordnung, soll ich jetzt zur Gerichtsmedizin kommen?� �Nein, fahren Sie gleich zum Revier, ich habe Ihnen einiges zu erz�hlen.� �Ok, Inspektor Dumont, bis gleich.� Dumont beendete das Gespr�ch und steckte sich das Handy wieder in die Jackentasche. Kopfsch�ttelnd verlie� er das Geb�ude und lie� Dr. Arthur Patterson wieder allein mit seinen Untersuchungen.

 

Diana surfte mit vollem Einsatz durchs Internet. Sie glaubte, zuletzt irgendwelche wichtigen Homepages �bersehen zu haben, welche irgendeine wichtige Spur ergeben k�nnten. Und zuerst wurde sie dieses Mal auch nicht f�ndig. Zwar waren �hnliche F�lle bekannt, doch genau das Muster dieses T�ters war nicht wieder zu finden. Vielleicht war es tats�chlich sein erstes Verbrechen gewesen. War ja auch sonst schon schlimm genug. Ein Blick auf die Zimmeruhr verriet Diana, dass es bereits fast 12 Uhr war. Abwechselnd glitt ihr Blick vom Monitor zur�ck zur Uhr. Dann lie� sie den Mauspfeil geschwind zum Men�punkt �Herunterfahren� bewegen und kurz darauf erlosch das gr�ne Licht am Computerturm. Sie musste hier raus. Diana war total fertig und ausgelaugt. Pl�tzlich hatte sie das Bed�rfnis schnell unter andere Leute zu kommen, nicht ganz allein zu sein. Noch einmal musste sie an das Mail denken. Sie kam zum Entschluss, dass sie doch ihre Augenfarbe erw�hnt haben d�rfte. Nur durch all den Stress zuletzt war sie zu verwirrt gewesen, um einen klaren Kopf zu haben. Ja, so muss es gewesen sein. Wie sollte �Angel021� denn sonst wissen, dass sie blaue Augen hat? Im ersten Moment hatte sie einfach �berreagiert, genau, und sie glaubte, dass alles viel harmloser war als sie zun�chst dachte. Leider irrte sie sich gewaltig. Sie hatte �Angel021� wirklich nie ihre Augenfarbe erw�hnt. War auch nicht n�tig. ER findet sowieso alles heraus, was ER m�chte, auch wenn es noch so schwer war. Die junge Polizistin wanderte ins Schlafzimmer hin�ber und zog sich etwas Frisches an. Eine knappe Viertelstunde sp�ter war Diana fertig. So ein l�ngerer Spaziergang w�rde ihr sehr gut tun. Danach w�rde sie sich wieder besser f�hlen. Hauptsache, sie war nicht komplett allein. Diese stille Atmosph�re in ihrer Wohnung machte sie momentan fast wahnsinnig. Sie holte sich noch ihre Handtasche und verlie� anschlie�end ihre Wohnung. Als sie das Geb�ude zu Fu� hinter sich lie�, folgten zufriedene Blicke ihren Schritten. Sie wurde aus einem alten Ford beobachtet, bis sie um die Ecke des H�userblocks verschwand. W�hrenddessen l�utete in Dianas Wohnung das Telefon. Andre Dumont wollte sich um ihr Befinden erkundigen, doch keiner meldete sich. Die Wohnung war leer. Dumonts Versuch endete nach mehrmaligem L�uten. Dann machte er sich auf zu Dr. Patterson, der ihm ja ziemlich schockierende Neuigkeiten zu erz�hlen hatte. Und w�hrend das L�uten in der Wohnung wieder verstummte, �ffnete sich unten an der Strasse die Fahrert�r des alten Fords und der Mann im Trenchcoat stieg langsam aus. Ein beunruhigendes Grinsen lag auf seinem Gesicht.

 

Endlich! Sie verl�sst ihre Wohnung. Diana kann sich ruhig Zeit lassen. So, dann schauen wir mal an, wie meine h�bsche Rose wohnt. Unbemerkt schlich der Mann hinauf zur Wohnungst�r von Diana Hawkins. Mit erlernten schnellen Handgriffen �ffnete er mit einem Dittrich langsam die T�r. Kaum in die Wohnung geschl�pft, machte er sie hinter sich wieder zu. Es soll ja keiner wissen, dass er hier war. Mit gezielten Schritten schlich er durch die Zimmer. Im Wohnzimmer wurde er f�ndig. Das Telefon stand in der N�he des Fensters, in dem er heute fr�h Diana gesehen hatte. Mit flinken Griffen schraubte er den Apparat auf und holte ein kleines Ger�t aus seiner Tasche, die er mitgenommen hatte. Es war eine Wanze. Kaum drei Minuten sp�ter war alles zu seiner Zufriedenheit erledigt. Nur noch seine Fingerabdr�cke entfernt, sicher ist sicher. Normalerweise wollte er gleich wieder das Haus verlassen, aber als er in das ge�ffnete Schlafzimmer reinlugte, wurde er neugierig. Behutsam �ffnete er die Regale, erregte sich bei den Dessous von Diana Hawkins und entdeckte schlie�lich einen Fotoalbum, in dem Dutzende Aufnahmen seiner Rose eingeklebt waren. Da sa� er nun auf Dianas Bett und sah sich wie total besessen Seite f�r Seite an. Mann, war sie toll! So ein S��e L�cheln hatte sie! Mit den sch�nen Fotos verga� der Mann die Zeit. Als er das n�chste Mal auf die Uhr im Zimmer blickte, musste er sich eingestehen, nun schon �ber eine halbe Stunde in dieser Wohnung zu sein. Ja, es wurde leider wieder Zeit zu gehen! Nachdem er das Fotoalbum wieder ordentlich verstaut und den Tuchent des Bettes glatt gestrichen hatte, verlie� er das Zimmer und anschlie�end vorsichtig auch die Wohnung. Knapp vier Minuten sp�ter konnte man das Krachen und Aufheulen des Motors h�ren, als der Mann im Trenchcoat mit seinem Ford wegfuhr.

 

.Diana zog ziellos durch die Innenstadt von Arlington, vor sich her gr�belnd. Sie musste an den Profiler denken, der am vorigen Nachmittag kurz im Revier gewesen war und ein T�terprofil des M�rders aufgestellt hatte. Laut seiner Theorie m�sste der Gewaltt�ter zwischen 30-40 Jahre alt und schon einige Male durch kleinere Delikte negativ aufgefallen sein. Au�erdem h�tte er ein bestimmtes Verh�ltnis zu seiner Mutter gehabt und eine schlechte Kindheit durchlebt. Er w�re unberechenbar und w�rde total harmlos und unscheinbar wirken. Unter einem Haufen anderer Leute w�rde man nie vermuten, dass er ein Serienm�rder sei. Wenn man alle diese Punkte genau betrachtet, passt sie auf die Beschreibung ziemlich jedes mehrfachen M�rders. Darum war dieses Treffen mit dem Mann mehr oder weniger Zeitverschwendung gewesen. Gedankenversunken setzte sie sich auf die Bank der Bushaltestelle, wo sie sich den Fernsehbericht vom Vormittag noch einmal durch den Kopf gehen lie�. Ja, nun waren es schon drei Opfer. Wie weit sollte es noch gehen? Was wollte ER? ER wollte sie. Sie war jetzt seine Rose. Aber Diana konnte das ja leider nicht ahnen�oder wollte es nicht wahrhaben.

 

�Ah, Warwick, wissen Sie, ob man schon eine Spur von Ramon Hernandez gefunden hat?� Dumonts Stimme wirkte fast gereizt. Dieser Fall spielte immer mehr mit seinen Nerven und immer dann, wenn er glaubte, es k�nne nicht mehr komplizierter werden, dann wurde er gleich darauf auf den harten und erbarmungslosen Boden der Tatsachen zur�ckgeholt. Wie sich herausgestellt hat, war auch das Telefon in Susan Thompsons Zimmer verwanzt gewesen. Susans und Juliette Sanders Eltern konnten sich zwar nicht erkl�ren, wie jemand unbemerkt die Ger�te bearbeiten konnte, aber schlie�lich gingen ja alle Elternteile auch in die Arbeit. Bei den Thompson hatte der T�ter aber nur vormittags die Gelegenheit sein Ziel zu erledigen, da Jackie Thompson nur halbtags in einem Modegesch�ft arbeitete. Der T�ter muss also genaue Beobachtungen und Recherchen vorgenommen haben, um genau zu wissen, wann er die Wanze m�glichst ungest�rt am Telefon befestigen konnte. Auch muss er gewusst haben, dass Juliette allein zu Hause war, also muss er vermutlich das Geb�ude schon Stunden vor der Tat beschattet haben. Als er das Gespr�ch von dem M�dchen und der Pizzeria verfolgte, muss er seinen teuflischen Plan geschmiedet haben. Dann hatte er leichtes Spiel. Er gab sich als den Pizzalieferanten aus und gelangte so in ihre Wohnung. Ziemlich hinterlistig. Aber wie kam er in die Wohnung der Sanders hinein, um die Wanze zu platzieren? Durch das Fenster wohl kaum, die Wohnung lag ja bekannterweise in der f�nften Etage. Wie die Leute von der Spurensicherung aber bereits entdeckt hatten, sind winzige Kratzspuren am T�rschloss zu sehen, der Eindringling k�nnte einen Draht oder sogar einen Dittrich ben�tzt haben. Aber woher hatte der T�ter all diese Werkzeuge und Ger�te? Andre Dumont w�rde sich ein wenig umh�ren. Es gibt sicher gen�gend verr�ckte Typen, die solche Sachen illegal zum Verkauf anbieten. Vielleicht w�rde er endlich auch ein bisschen Gl�ck haben, obwohl heute hatte ja schon der Zufall mitgeholfen, um auf die Wanzen zu kommen. Warwick hatte die Geldtasche nicht verloren, nur in seinem B�ro verlegt. Nach der R�ckkehr von den Sanders hatte er sie gefunden. Ihm war�s ein bisschen peinlich, aber im Endeffekt war sein Irrtum Gold wert gewesen. Wenn man herausfinden k�nnte, wer solche Wanzen verkauft, w�rde es die Polizei im besten Fall zum T�ter f�hren. Ja, im besten Fall. Es konnte aber auch sein, dass man weder den Verk�ufer nicht ausmachen w�rde oder der sich nicht mehr an alle K�ufer erinnern k�nnte. Alles war m�glich. Inspektor Dumont hoffte, auch zu ihren Gunsten.

Jason Warwick hatte gerade sein B�rozimmer betreten und konnte Dumont nur eine negative Nachricht auf seine Frage geben. �Nein, leider nicht. Es scheint fast so, als ob sich dieser Ramon Hernandez nach seiner K�ndigung in Rauch aufgel�st hat.� Warwick wollte Dumont die bittere Antwort mit diesem Wortspiel etwas lockerer r�berbringen, aber er sollte damit voll ins Schwarze treffen. �Was haben Sie gerade gesagt? ...in Rauch aufgel�st...?...Ja, das ist es! Warwick, wenn das stimmt, was ich jetzt vermutete, ja dann bin ich Ihnen einen Drink schuldig. Danke, Warwick!� Jason Warwick schaute nur verwirrt zu, wie der Inspektor eilig eine Nummer in sein Handy tippte und verlie� verdutzt mit einem �Ja, dann bis sp�ter! Habe Ihnen gern geholfen!� das B�ro. Nicht ahnend, dass er mit diesem nur dahergesagten Satz Dumont auf eine skurrile Idee gebracht hat. Auf eine Vermutung, die total unlogisch und nicht sehr glaubw�rdig erschien. Doch was war an diesem Fall schon wirklich logisch?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6.JOE PRESTON

 

 

 

 

�Ja!Ja!JAA! TOUCHDOWN!!!� Der dicke ungepflegte Kerl mit dem Zottelbart erhob sich langsam aus seinem bequemen Sitzplatz, dem Sofa, und blickte mit einem erfreuten Gl�nzen in seinen dunklen Augen auf den Bildschirm seines Flachbildfernsehers. Er streckte seine F�uste zur Decke hinauf und jubelte energisch vor sich hin. Die Dallas Cowboys hatten gerade noch den entscheidenden Touchdown zum 28:26 ausw�rts gegen die Oakland Raiders geschafft, wenige Minuten vor Ende des letzten Viertels. Der Mann vor dem Fernseher konnte sein Gl�ck nicht fassen. Er hatte eine Menge Geld auf die Cowboys gesetzt und es schien, als ob ihm das Gl�ck hold sein sollte. Der Mann drehte dem Bildschirm den R�cken zu und verschwand sogleich im n�chsten Zimmer, welches so etwas wie eine provisorische K�che zu sein schien. Zwischen Dutzenden von zugeklebten Kartons stand ein neuer riesiger K�hlschrank, dessen Inhalt mit Tausenden von Kalorien aufwarten konnte. Der Typ mit dem narbigen Gesicht suchte sich ein paar Leckerbissen heraus, frischen Speck, etwas Lachs und eine gro�e Portion Wurstsalat, dazu vier K�rbiskernlaibchen und zwei Dosen leckeren Thunfisch. Samt allen Utensilien kehrte er ins Wohnzimmer zur�ck und stellte die Sachen auf den Tisch. Mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen lie� er sich wieder auf dem Sofa nieder. Mit seiner rechten Hand ertastete er die Zigarettenpackung neben ihm. Gen�sslich nahm er eine Zigarette heraus und z�ndete sie sich an. Mit siegessicherer Miene nahm er einen tiefen Zug. Aber dann musste er pl�tzlich husten. Der unsympathische Typ hatte sich auf Grund der laufenden Bilder am Fernseher verschluckt. Entsetzt musste er mit ansehen, wie die Raiders bis zur 20-Yard-Linie vorbrausten. Nur mit M�he konnte die Defense der Texaner den Angriff stoppen. Es schien, als ob sein Gl�ck doch noch schwinden k�nnte, und das l�ppische 33 Sekunden vor Schluss. Der Publikumsliebling des Heimteams nahm den Lederball und machte sich f�r einen Field Goal-Versuch bereit, bei dem er versuchen w�rde, die Pille direkt durch das Tor zu treten. �Nein!Nein!NEINN!�. Der Kerl konnte es nicht fassen. Ziemlich schockiert sah er den jubelnden Sch�tzen und den neuen Spielstand am Bildschirmrand: 29:28 f�r die Raiders! Ja, nun war es passiert. Diese verdammten Kicker aus Oakland hatten es doch noch geschafft, ihm, Joe Preston, kr�ftig die gute Laune zu verderben. Ohne Hoffnung auf einen letzten Versuch der Cowboys schaltete er w�tend den Fernseher aus und schleuderte die Fernbedienung in die hintere Ecke des Raumes, wo sie in zwei Teile auseinanderbrach. Dieses Mistding! Fluchend verzog sich Preston wieder in der �K�che�, wo er seine vorher sorgf�ltig herausgesuchten Leckerbissen wieder in den K�hlschrank zur�ckstellte. Ihm war der Appetit vergangen. Was er nun brauchte, war ein kleiner Spaziergang und ein paar Bier zum Frust runtersp�len. Hastig zog er sich ein frisches T-Shirt mit der Aufschrift �Trust nobody!� an und verlie� sein unordentliches Haus. Keine f�nf Minuten sp�ter begann das Telefon in Prestons Wohnzimmer zu l�uten. Erst nach sechzehnmaligem Klingeln h�rte es wieder auf. Egal, wer Preston erreichen wollte, es musste verdammt wichtig f�r diese Person gewesen sein.

 

Joe Preston war vor einem knappen Monat 36 Jahre geworden. Sein unattraktives Erscheinungsbild und sein unsympathischer Charakter trugen wesentlich dazu bei, dass er noch immer keine feste Beziehung gehabt hat. Aber Preston war das ziemlich egal. Seine Vorlieben waren nicht Frauen, nein, seine Schw�chen waren gutes Essen, Wetten und Gl�cksspiele,...und Spionageger�te. Nichts liebte er mehr als sich in sein geheimes Hinterzimmer zu verziehen und dort mit faszinierender Pr�zision und Gef�hl professionelle Wanzen, winzige Kameras und sonstiges Spielzeug wie Hackersoftware zu basteln und programmieren. Nat�rlich waren diese Sachen nicht nur f�r ihn, er machte sich seine F�higkeiten zu Nutze um gro�es Geld zu machen. Preston hatte schon einen feinen Kundenstamm aufgebaut, vor allem ein Kunde machte ihn schon oft gl�cklich und seine Geldtasche voll. Ein seltsamer Kauz mit dem noch seltsameren Namen Ramon Hernandez. Der Name war insofern seltsam, weil er zu dem blassen, mageren Mann nicht wirklich passte und man schnell zu dem Entschluss kommen musste, dass der Name falsch war. Aber Preston war das ziemlich egal. Hauptsache, die Kohle passte. Und dieser �Ramon Hernandez� hatte anscheinend genug davon. Zum ersten Mal begegnete er ihm vor knapp drei Monaten. Er stand einfach vor seiner Haust�r und hatte besondere W�nsche. Zuerst hatte Joe Preston den hei�en Verdacht, dass es sich um einen verdeckten Ermittler der Polizei handelte, aber dieser Typ unter seinem T�rrahmen meinte es ernst. Er stellte sich als Ramon Hernandez aus Dallas vor, der zuf�llig von Bekannten von Prestons Leidenschaften geh�rt h�tte und an einigen Ger�ten gro�es Interesse zeigen w�rde. Besonders interessiert war er an kleinen Wanzen, die sich simpel in Telefonh�rer einsetzen lie�en und an verschiedener Hackersoftware, die es einen erm�glichen, sich in alle Festplatten der Vereinigten Staaten hineinzuhacken und dadurch alle m�glichen privaten Dinge des jeweiligen Computerbesitzers herausfinden zu k�nnen, wie zum Beispiel die Passw�rter der Online-Konten oder den registrierten Nickname in den Chatr�umen. Er kaufte f�nf Wanzen und eine der Hacker-CDs und fragte nach Ortungsger�ten. Winzige Kn�pfe, die man an irgendeinen Gegenstand oder an einer Person befestigen konnte und dann den Standort �ber gro�e Entfernungen hinaus feststellen zu k�nnen. Preston zeigte ihm sogleich einige Exemplare, die er in seiner Sammlung hatte und Hernandez war begeistert. Er lie� sich f�nf davon reservieren und betonte einige Male, dass er eine Woche sp�ter verl�sslich wieder kommen w�rde und er diese Sender unbedingt brauche. Dann verlie� er Prestons Haus. Dieser glaubte nicht wirklich daran, dass er wieder kommen w�rde, da schon ein Sender ziemlich teuer werden w�rde und f�nf davon damit schon ein kleines Verm�gen ausmachen sollten. Aber er t�uschte sich. Genau eine Woche sp�ter stand Ramon Hernandez wieder vor seiner T�r und tats�chlich hatte er genug Bargeld dabei, um sich die gew�nschten Ger�te locker leisten zu k�nnen. Seither hatte Preston den seltsamen Kauz nicht mehr pers�nlich gesehen, aber er bekam per Post noch zweimal W�nsche von ihm gesandt, die er ihm jeweils an ein bestimmtes Postfach in der N�he des Bahnhofes von Dallas schicken musste. �Ramon Hernandez� hatte unter anderem weitere Wanzen und auch Mini � Kameras in Auftrag gegeben. Beide Briefe endeten mit folgenden Worten: �Lieferung so schnell wie m�glich! Sehr dringend!�. Wie gesagt, dieser Kunde war wirklich ein sehr komischer Kauz und manchmal w�re Preston schon so neugierig geworden, um Nachforschungen �ber Hernandez anzustellen, aber da dieser immer p�nktlichst seine Rechnungen beglich, lie� es Preston schlie�lich bleiben. Es sei sowieso vermutlich besser, nicht zu viel �ber seine Kundschaften zu wissen. K�nnte unter Umst�nden sehr ungem�tlich werden.

 

Joe Preston schlenderte nachdenklich durch die Stra�en des riesigen Industrieviertels von Dallas, betrachtete die r�tliche Abendsonne am Himmel und musste pl�tzlich schmunzeln. Ach, welche kranken Absichten mussten seine Kunden haben: die Gespr�che deren Ex-Freundin abh�ren, versuchen, sich ins Pentagon hineinzuhacken oder per versteckter Kamera sexy M�dchen beim Duschen in der Schule betrachten, etc. Preston selbst w�rde solche Aktionen nicht unternehmen, und dass, obwohl ja er der Hersteller dieser Ger�te war. Nein, es gab ihm nichts, andere Leute abzuh�ren oder zu beobachten. Ihm faszinierte gerade dieses Basteln, T�fteln, nicht die Benutzung. Er konnte beim Arbeiten an diesen Ger�ten so richtig abschalten und sich insgeheim selbst beweisen, zu was er zu Bauen im Stande sein konnte. Joe Preston war schon ziemlich stolz auf dieses Talent, aber wusste auch, dass er mit der Bastlerei auch ein gef�hrliches Zahnrad ins Rollen gebracht hat, welches jederzeit aus der Bahn springen konnte. Wenn nur einer seiner treuen Kunden einmal von der Polizei bei irgendeiner Schweinerei mit seinem �Spielzeug� erwischt werden sollte und Preston verpfeift, ja dann...er wollte gar nicht daran denken. Wenn schon kein Gl�ck beim Wetten(diese verdammten Cowboys!), dann wenigstens beim Gesch�ftlichen. Und was ihn doch ziemlich beruhigte, war der wohltuende Gedanke, dass in den bisher drei Jahren, in denen er seine Produkte zum Verkauf angeboten hat, noch nie ernsthafte Probleme aufgetaucht waren. Und dabei sollte es nach Prestons Wunsch gef�lligst bleiben...aber W�nsche werden nicht immer erf�llt und Probleme kamen meist unerwartet und dann mit doppelter H�rte...das sollte Joe Preston schon in K�rze am eigenen K�rper zu sp�ren bekommen.

Nichts ahnend trottete der Fettwanst ins n�chste Gasthaus, um sich ein paar Bier zu g�nnen. Es sollten seine letzten sein...

 

Als der ungepflegte Hobbybastler wieder �Bob�s Pub� verlie�, war es schon fast acht Uhr abends. Mit einem grunzenden Ger�usch nahm Preston leicht angetrunken ein schrilles Hupen wahr. Ein w�tend aussehender Autofahrer in seinem silbernen Chrysler h�tte ihn fast angefahren, als er r�cksichtslos und in wirren Gedanken versunken �ber die zu dieser Zeit st�rker befahrenen Strasse torkelte. Benommen und etwas erschrocken sprang Joe Preston auf den Gehsteig zur�ck. Der Mann widmete ihm noch einen Stinkefinger, bevor er wieder weiterfuhr. Preston erwiderte diesen �freundlichen� Gru� mit derselben Geste und schaute dieses Mal vorsichtshalber zweimal �ber die Strasse, bevor er sie ziemlich rasch �berquerte. Auf der anderen Seite angekommen, musste er einmal kurz durchatmen, bevor er dann mit glasigem Blick auf seine schicke Armbanduhr blickte. Darauf hin fluchte er leise. Schei�e, jetzt kam er auch noch zur Prime-Time zu sp�t und heute war doch �Akte X� - Tag! Die atemberaubenden und fantastischen Abenteuer der beiden FBI-Agenten Fox Mulder und Dana Scully geh�rten f�r Joe Preston zum w�chentlichen Muss! Aber die f�nf Gl�ser Bier hatten ein wenig zu viel Zeit in Anspruch genommen und so war er nun schon ziemlich sp�t dran. Und daran schuld waren nur diese verfluchten Football-Million�re der Cowboys. H�tten die dieses bl�de Spiel nicht mehr aus der Hand gegeben, w�re Preston gar nicht aus dem Haus gegangen, um sich abzureagieren. Dann w�re alles paletti gewesen, und er w�rde statt jetzt verdutzt auf dem Gehsteig zu stehen gem�tlich auf seinem Sofa liegen. Aber vielleicht schaffte er es noch, wenn er auf dem Nachhauseweg einige kleine Abk�rzungen nahm. Dann k�nnte er in zehn Minuten daheim sein. Und so begann er zu laufen. Er verfiel in einen witzig anzusehenden Trott. Sein schwabbeliger Bauch h�pfte auf und ab, das Keuchen von Joe Preston erinnerte ein wenig an eine Dampflok. Aber tats�chlich, trotz stark verschwitzter Kleidung und Dutzenden Schwei�perlen auf seinem ger�teten Gesicht, stand er schlussendlich knapp acht Minuten sp�ter vor seiner Haust�r. Irgendwie lustig zu sehen, dass ein raffinierter Wanzen- und Kamerabauer, der ansonsten so wenig Bewegung wie m�glich unternehmen wollte, bei seiner Lieblingsfernsehserie zum Marathonl�ufer wurde. Hastig trat Preston ein und schloss schnell hinter sich die T�r. Vor lauter Eile hatte er total den geparkten Wagen auf der gegen�berliegenden Stra�enseite �bersehen... dort stand ein stark verrosteter blauer Ford.

 

Der Mann im schwarzen Trenchcoat, seit kurzem verzweifelt als �Rosenm�rder� gesucht, war schon vor knapp einer halben Stunde am Haus von �The Big Rat� angekommen. Am fr�hen Nachmittag hatte er sich auf den Weg nach Dallas gemacht. Zuerst hatte er seiner Mutter einen kurzen Besuch am Friedhof abgestattet. Dann musste der M�rder noch ein paar wichtige Erledigungen machen. Aber der eigentliche Grund seines Dallas-Besuches war Joe Preston. F�r seine abnormalen Fantasien brauchte er noch gewisse Utensilien, um seine perversen Gef�hle zu befriedigen und seine zuk�nftigen Opfer zu �berwachen und zu kontrollieren. Dabei musste er wieder ein wenig an Preston denken. Mit dem Fettsack hatte der Rosenm�rder ohnehin noch ein H�hnchen zu rupfen. Prestons Wanzen haben sich als noch zu wenig ausgereift und unsicher erwiesen. Bei den Telefonaten seiner Opfer konnte man ganz deutlich lautes Knacken in der Leitung h�ren, was einem ziemlich verd�chtig vorkommen musste. Au�erdem hatten sie nicht die l�ngste Lebensdauer. Die Wanze beim Telefon der Thompsons gab schon nach wenigen Tagen den Geist auf und die bei den Sanders wurde durch das verdammte Knacken von den Bullen entdeckt. Zum Gl�ck erst zu einem Zeitpunkt, als beide Rosen schon ihm geh�rt hatten und er sowieso keine weitere Verwendung mehr f�r diese Wanzen gefunden h�tte. Aber Fakt blieb, dass Preston bessere Arbeit machen musste, denn was n�tzten dem Mann im schwarzen Trenchcoat alle seine Recherchen, wenn er Gefahr lief, vorzeitig erwischt zu werden. Ja, ja, dieser Joe Preston. Er wurde auf Grund seines absto�enden Aussehens und seiner alles andere als vorbildlichen Hygiene oft �The Big Rat� genannt. Ja, er war eine echte Ratte, aber er verstand sein Handwerk beim Bauen von Spionageger�ten und au�er bei den Wanzen funktionierte immer alles einwandfrei. Und f�r seine n�chste Rose, Diana, hatte er einiges im Kopf. Darum musste er heute diese Reise auf sich nehmen, um die Vorbereitungen zu beginnen. Am sp�ten Nachmittag probierte der Rosenm�rder Preston zu Hause telefonisch zu erreichen, aber niemand hob ab. Darum hatte er schlie�lich die Telefonzelle bei dieser Rastst�tte wieder verlassen, um die Fahrt fortzusetzen und notfalls so lange bei seinem Haus auf �The Big Rat� zu warten, bis er endlich nach Hause kommen w�rde. Es war schon knapp acht Uhr und der der Mann im rostigen Ford wollte fast schon widerwillig aufgeben, als er ein keuchendes Etwas von einem Mann um die Stra�enecke biegen sah. Beim zweiten Hinsehen war er sich sicher: das war Joe Preston, aber bei einer ungewohnten Bet�tigung. Er lief...Na ja, so gut ein �ber 160 Kilogramm wiegender Fettwanst halt laufen konnte und visierte sein Haus an. Preston schien in ziemlichen Stress zu sein, aber das war ja der Rosenm�rder auch. Na endlich! Wurde auch h�chste Zeit! Er wartete noch, bis der bis auf die Unterw�sche verschwitzte Kerl im Haus verschwunden war und �ffnete dann langsam die Fahrert�r. Vorsichtig schlich er zum Geb�ude hin�ber und suchte das Wohnzimmerfenster, durch das er einen verstohlenen Blick warf. Oh! Das lie� er lieber, denn auf einen �Striptease� dieses h�sslichen Preston wollte er liebend gerne verzichten. Der Mann im schwarzen Trenchcoat kauerte sich gegen ein Geb�sch und wartete einige Minuten. Als er schlie�lich wieder ins Fenster hineinlugte, sah er Joe Preston mit frischer Kleidung, sich faul auf dem Sofa r�kelnd und auf den Fernseher glotzend. Was er sich gerade so fasziniert ansah, konnte der Mann nicht erkennen, aber �The Big Rat� schien es richtig zu gefallen. Ein Blick auf seine Armbanduhr sagte dem Mann, dass es Zeit wurde. Bis er wieder in Arlington zur�ckkommen w�rde, w�re es schon tiefe Nacht. Er schlich sich leise vom Fenster weg und begab sich zur Haust�r, wo er noch einmal tief Luft holte und dann die T�rklingel bet�tigte.

 

Das Erste, was Joe Preston machte, nachdem er ins Haus gekommen war, war ein kompletter Kleidertausch. Er nahm die durch den starken Schwei� nasse W�sche und lie� sie in einen leeren W�schekorb fallen. Dann kehrte er gespannt ins Wohnzimmer zur�ck, wo er zuerst die vor wenigen Stunden in die Ecke gefeuerte Fernbedienung geschickt zusammensteckte und damit den Fernseher einschaltete. Und da lief bereits der Vorspann der aktuellen �Akte X� - Folge. Klasse, es war wieder einmal eine UFO-Episode! Preston legte sich zufrieden auf das Sofa und entspannte sich. Doch gerade als Fox Mulder am Bildschirm erschien, wurde Joe Preston unsanft aus seiner Ruhe gerissen. Die Klingel der Haust�r hatte gel�utet.

 

Joe Preston kam nicht zur T�r. Der Mann im schwarzen Trenchcoat wartete kurz und dr�ckte mit seinem mageren Finger erneut die Klingel. Und noch einmal. Ein weiteres Mal. �The Big Rat� soll ihm gef�lligst die T�r �ffnen. Nach dem siebenten Klingeln wurde der T�rspion zur Seite geschoben und ein Auge starrte ihn an. Dann h�rte er, wie Preston das T�rschloss �ffnete. So, jetzt konnte die kleine Shoppingtour gleich beginnen.

 

Egal, wer da drau�en stand, Preston wollte jetzt nicht vom Sofa aufstehen. Bei �Akte X� wurde es gerade richtig spannend. Alex Krycek, ein ehemaliger FBI-Agent und jetziges Mitglied des m�chtigen Schattenkabinetts, folterte gerade eine russische Geisel, um heraus zubekommen, wo ein gesichtetes UFO abgest�rzt ist. Joe Preston versuchte sich auf das packende Geschehen auf dem Bildschirm zu konzentrieren, aber ein weiteres Klingeln von der T�r lie� das nicht zu. Nein, heute Abend habe ich geschlossen! Preston brummte ver�rgert vor sich hin. Es folgte ein weiterer Versuch, die Serie weiter zu verfolgen. Aber ein schnelles Doppelklingeln lie� ihn vom Sofa schnellen. Warum gerade heute? Er tastete nach der Fernbedienung und aktivierte den Videorecorder. Na ja, dann musste er diese Episode halt sp�ter in Ruhe ansehen. Dann trottete er leicht w�tend zur Haust�r. Was er durch den T�rspion sah, gefiel Joe Preston aber �berhaupt nicht. Vor der T�r stand dieser schr�ge Kerl von Ramon Hernandez. Oder wie er auch immer hei�en mag. Widerwillig schloss er die T�r auf und �ffnete sie seinem Gast.

 

�Gr�� dich, Preston! Lange nicht gesehen!� �Hernandez� trat mit einem ungeduldigen Blick in Prestons Haus ein. � Ah, Hernandez. Was f�hrt dich heute zu mir?� Preston konnte seinen �rger �ber den abendlichen Besuch in seiner Stimme nicht ganz verbergen. Seine S�tze hatten einen leicht zynischen Unterton, aber Preston selbst nahm das kaum wahr. Er wollte Hernandez so schnell wie m�glich wieder loswerden. Schnell seine W�nsche erf�llen, das Geld entgegennehmen und �Ciao, Amigo!�. �Ich h�tte wieder einige deiner Spielzeuge gebraucht, Preston. Was hast du Neues im Sortiment?� �Eigentlich das Gew�hnliche...Wanzen, Mini-Kameras, Hackersoftware, Peilsender in verschiedener Gr��e...alles, was du schon kennst!� �Na ja...ich h�tte ein paar kleine Sender gebraucht, sagen wir f�nf St�ck, au�erdem zwei Mini-Kameras und ...ich h�tte bei dir gerne etwas Spezielles in Auftrag gegeben. Ich hoffe, du kannst mir helfen!� Preston wurde stutzig. Etwas Spezielles. Was wollte Hernandez von ihm gebastelt haben. �Ok, die Sender und die Kameras bringe ich dir sofort aus dem Lager...und was diese Spezielle betrifft...an was h�ttest du denn gedacht, Hernandez?� Das einzige, was er von diesem komischen Kerl im schwarzen Trenchcoat als Antwort bekam, war ein verschmitztes Grinsen. Ein Grinsen, das unheimlich wirkte. Dann sagte �Hernandez� endlich, was er von Joe Preston wollte. �Na ja, ich wollte dich fragen, ob du f�r mich Sprengs�tze bauen k�nntest. Ich h�tte einige davon gebraucht. Comprende?� Preston musste kurz schlucken, bevor er seinem Kunden einen Korb gab. �Sorry, Hernandez...ich mache nur Ger�te, die f�r Spionagezwecke genutzt werden k�nnen, keine Sabotageapparaturen. Tut mir leid. Die Sender und die Kameras kannst du ohne Probleme haben, aber mit Sprengs�tzen und dergleichen kann ich dir leider nicht dienen. Au�erdem w�re das Risiko f�r mich zu hoch. Mir ist zwar egal, was du damit machen willst, doch das erscheint mir f�r mich wirklich schon zu gef�hrlich. Ich will f�r keine schrecklichen Taten verantwortlich sein�tut mir leid!� Es folgten erschreckend lange stille Sekunden des Schweigens. Preston blickte in die leeren Augen seines Gegen�bers und wartete. Wartete, dass Hernandez endlich dieses nervenaufreibende Schweigen brach. Und dann antwortete er tats�chlich, aber zu Prestons �berraschung l�ssig und gefasst. �Wenn das so ist...dann kann man ja nichts machen. Vielleicht finde ich jemand anderen. Aber wenigstens bekomme ich bei dir zuverl�ssiges �berwachungsmaterial. K�nnte ich dann die Sender und Kameras haben, weil ich bin etwas in Eile!� �...ah...selbstverst�ndlich...warte, ich hole sie schnell!� Mit einem unwohlen Gef�hl drehte sich Preston um und ging in schnellen Schritten zur Kellert�r, hinter der sein Ger�telager war. Mit zittrigen H�nden �ffnete er die alte T�r und marschierte die steinernen Kellerstufen hinab. Unten angekommen tastete er nach dem Lichtschalter und kurz darauf war der ganze Raum hell erleuchtet. Der Keller war voll mit Regalen. In diesen waren Dutzende von Schachteln in verschiedener Gr��e geschlichtet. Auf den jeweiligen Kartons war mit einem schwarzen Edding-Stift immer der Inhalt hinaufgekritzelt worden. Joe �The Big Rat� Preston begab sich zu einem Regal auf der linken Seite des Kellerraumes und nach knapp zwei Minuten konnte er samt gefundener Ware den R�ckweg antreten. Doch als er gerade die unterste Kellerstufe erklimmen wollte, erstarrte er . Unter dem T�rrahmen stand oben Hernandez. Er grinste. Wieder dieses unheimliche Grinsen. �Ah, das ist also dein ber�hmtes Lager! Interessant!� Preston musste mit ansehen, wie der Mann im schwarzen Trenchcoat langsam die kalten Stufen herunterstieg. �Wei�t du was, Preston? Gib mir noch eine dieser Kameras, bitte!� �...ssselbstvvverst�ndlichhh....� Joe Preston erschrak. Warum fing er pl�tzlich an zu stottern? Er hatte seit seiner Schulzeit nicht mehr gestottert. Ein kalter Schauer lief ihm den R�cken hinab. Preston stand starr mitten im Kellerraum und konnte sich nicht bewegen. Erst Hernandez� Stimme weckte in aus dem tranceartigen Zustand. �Preston, wenn�s geht, schnell. Wie gesagt, ich bin in Eile!� Joe Preston schloss seine Augen und drehte sich langsam wieder seinen Regalen zu. W�hrend er zu dem bestimmten Regal wieder zur�ckschritt, f�hlten sich seine Beine wie Pudding an. Er hatte �berhaupt keine Kraft. Preston war sehr erschrocken �ber diese Tatsache. So schnell er konnte, fischte er eine weitere Mini-Kamera aus einem der Kartons und drehte sich wieder Hernandez zu. �Sso, das w��re ddann....� Der Schmerz des Jagdmessers in seinem Oberk�rper lie� Joe Preston zu Boden sinken. Sein dicker K�rper zuckte im �berlebenskampf. Von weiter Ferne h�rte Preston noch undeutlich die Stimme des Rosenm�rders. �...ich habe mich anders entschlossen. Ich nehme mir gleich dein ganzes Lager. Einverstanden?...au�erdem, deine Wanzen sind alles andere als zuverl�ssig, mein Lieber! Dann noch der unvorstellbare Schmerz, als die scharfe Klinge des Messers mitten in sein Herz schnellte. Aus. Die Leiche des stark �bergewichtigen Hobbybastlers lag in der linken Ecke des Kellers. Der Boden rund um sie f�rbte sich stark rot. �Hernandez� grinste verachtend und wandte sich von Prestons totem K�rper ab, um seine Shoppingtour zu beginnen.

 

Eine dreiviertel Stunde sp�ter war das Haus wieder leer. Der rostige Ford, der kurz zuvor noch auf der gegen�berliegenden Stra�enseite gestanden hatte, war weg. Die Regale im Keller waren bis auf ein paar wenige gr��ere Kartons total leer ger�umt worden. Alle dort gelagerten Wanzen, Kameras, Sender und Cds waren nicht mehr da. Und mittendrin in diesem gepl�nderten Kellerraum lag Joe �The Big Rat� Preston. Besser gesagt, seine blutige Leiche. Er hatte sich zu sicher gef�hlt, aber wie gesagt, Probleme kamen meist unerwartet und dann mit doppelter H�rte. �Ramon Hernandez� war ihm seit der ersten Begegnung komisch vorgekommen, aber die Gier nach Geld war verlockender gewesen. Im Nachhinein w�re es besser gewesen, �ber diese Kundschaft Nachforschungen anzustellen. Dann w�re Preston vielleicht dahinter gekommen, dass ein gewisser Ramon Hernandez seit knapp einem halben Jahr unauffindbar war. Ein Mann, der wenige Wochen, nachdem er ein beachtliches Verm�gen geerbt hatte, pl�tzlich spurlos verschwunden war�

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7.GEF�HLE

 

 

 

Als Andre Dumont so vor der verschlossenen Wohnungst�r von Dianas Appartement stand, �berlegte er, ob er seine Kollegin  wirklich besuchen sollte. Sch�chtern trat er im Treppenhaus von einer Wand zur anderen. Verunsichert blickte er auf die sch�ne rote Rose  in seiner rechten Hand, die er beim Blumenh�ndler zwei Strassen weiter gekauft hatte, und schloss nachdenklich seine Augen. Eines war ihm im Laufe der turbulenten vergangenen Tage klar geworden. Seine Gef�hle gegen�ber seiner �beraus h�bschen Kollegin wurden immer intensiver und heute hatte er so richtig gemerkt, wie sehr er ihr Gesicht, ihr bezauberndes und aufmunterndes L�cheln vermisst hat. Diana brachte wieder etwas mehr Licht und Freude in sein sonst so tristes Leben. Mit einem Kribbeln im Bauch dr�ckte Andre einmal auf die T�rklingel. Nichts regte sich. Andre konnte kein Ger�usch aus der Wohnung vernehmen. Vielleicht was sie ja gar nicht zu Hause. Noch einmal bet�tigte der von den emotionalen Ermittlungen physisch und vor allem psychisch angekratzte Inspektor die Klingel. Sie schien wirklich nicht da zu sein. Mit einer leichten Entt�uschung wollte sich Andre bereits wieder Richtung Treppe machen, als er die leise Stimme von Diana h�rte. �Andre?� Seine Kollegin hatte ihn durch den T�rspion erkannt und �ffnete langsam die Wohnungst�r. �Was machst denn du hier?� Andre schaute tief in Dianas Augen und bemerkte sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. �Hi Diana. Ich wollte mal schauen, wie es dir geht�ah, die ist f�r dich!� Andre streckte ihr die Rose entgegen und musterte dabei mitf�hlend ihren traurigen und glasigen Blick. Auf einmal konnte sie sich nicht mehr l�nger halten. Diana fing bitterlich zu weinen an. Andre trat zu ihr in die Wohnung und schloss hinter sich die T�r. Er legte die Rose auf ein nahe gelegenes Regal und ber�hrte vorsichtig ihr Gesicht. Dann nahm er ihren Kopf und legte ihn an seine Brust. Was war passiert? Warum war Diana so niedergeschlagen? Aus welchem Grund fing sie einfach zu weinen an, nachdem sie sein Mitbringsel gesehen hat? Selbst ziemlich verwirrt musste er miterleben, wie diese liebenswerte und immer gut aufgelegte junge Dame in seinen Armen lag und total fertig und verzweifelt zu sein schien. Mit sanften Bewegungen strich Andre ihr sanft durch ihr langes Haar. Und dann lie� er seinen Gef�hlen freien Lauf. Er k�sste behutsam ihre Stirn, ihre Wangen. Und tats�chlich schien Diana ruhiger zu werden. Mit leichter Ungl�ubigkeit sah sie ihn an. Und dann schenkte sie ihm ein leichtes L�cheln. Mit einem Taschentuch wischte er ihr die Tr�nen aus dem Gesicht. Dann schloss er aufgeregt seine Augen und k�sste sie auf ihre runden sch�nen Lippen. Diana erwiderte seinen Kuss. Sie k�ssten sich erneut und intensiver. Nachdem sie ihre H�nde auf seine Schultern gelegt hatte, fl�sterte Diana ihm gl�cklich ins Ohr: �Endlich bist du da!� Leichte Tr�nen flossen erneut �ber ihre Wangen, doch schienen es jetzt Tr�nen der Freude zu sein. Und in diesem Augenblick wurde Andre erst klar, dass Diana ebenso tiefe Gef�hle f�r ihn hegte wie er f�r sie. Ihre Lippen suchten erneut seinen Mund. Liebevoll sahen sie sich an. Die Minuten verstrichen. Die beiden kamen sich immer n�her. Mit einem Funkeln in ihren wieder strahlenden Augen f�hrte Diana ihren Kollegen in ihr Schlafzimmer. Sie zog ihn auf ihr weiches Bett. W�hrend sie sich weiter k�ssten, entledigten sie sich gegenseitig ihrer Kleidung. Anschlie�end versanken sie in ein Meer von Gef�hlen, wie sie beide sie in ihrem Leben noch nie so sch�n und atemberaubend erlebt hatten.

 

Es war kurz vor zehn Uhr nachts, als der Mann im schwarzen Trenchcoat die Autobahn Richtung Arlington verlie�. Knapp zwanzig Meilen waren es noch bis zur Stadt. Sein rostiger Ford krachte durch die zu dieser Tageszeit wenig befahrenen Strassen. Auf dem R�cksitz und im Kofferraum waren Dutzende Kartons und Pakete gestapelt. Auf einigen konnte man deutliche Blutspritzer erkennen. Spuren, die an das k�rzlich begangene Verbrechen erinnerten. Joe Preston war wie ein armes Schwein abgeschlachtet worden. Jeder Augenzeuge w�re noch immer geschockt �ber diese brutale Tat gewesen, doch der M�rder fuhr regungslos durch die Nacht. Er steuerte seinen alten Wagen wie in Trance durch die Kurven. In seinen dunklen Augen herrschte Leere. Pl�tzlich stieg erstark auf die Bremse und blieb mitten auf seiner Fahrspur stehen. Langsam und zitternd �ffnete er die Fahrert�r und trat mit wackeligen Schritten auf die Strasse So stand er da, verwirrt auf dem von den milden Tagestemperaturen noch aufgeizten Asphalt und starrte in den klaren Sternenhimmel. Mit unsicheren Bewegungen ging er von seinem Wagen weg und n�herte sich dem kleinen Waldst�ck neben der Strasse. Er schlich durch die dunkle Umgebung der gro�en B�ume und Str�ucher, ohne jegliches Ziel. Die auf dem Waldboden liegenden d�rren �ste knackten unter seinen Schritten. Dann blieb er pl�tzlich wie angewurzelt stehen. Er lie� seinen Blick wieder Richtung Himmel schweifen. Schwach leuchtete der Mond durch die Baumkronen. Der Mann im schwarzen Trenchcoat musste einmal kr�ftig schlucken. Er schloss seine Augen und fing an zu summen. Es klang wie ein bekanntes Kinderlied, nur wirkte es aus den Lippen dieses Serienm�rders makaber und unheimlich. Das Gesumme lie� ihn alles um sich herum vergessen. Nur so kann man verstehen, wie er das schrille Hupen von mehreren Wagen �berh�ren konnte. Sein Ford blockierte die gesamte Fahrbahn, doch dem Mann schien das mehr als egal zu sein. Wie er so Kinderlieder summend durch die B�ume torkelte, sah er aus, als st�nde er unter Hypnose. Seine Augenlider zuckten wild herum, w�hrend er sie fest geschlossen hatte. Irgendwie schaffte er es ohne Zusammenstoss mit einem der riesigen Tannen und kam schlie�lich auf eine Lichtung. Abrupt beendete er das Gesumme und stand einfach so da. Langsam �ffnete er seine Augen wieder und sah sich um. Sein Blick blieb am hell erstrahlenden Mond h�ngen. Er starrte ihn intensiv an. Und dann fing er an hysterisch zu lachen. Es war das Lachen eines Irren, eines Mannes, der seinen Verstand komplett zu verloren haben schien. Kaum zu glauben, dass dieser Mann in den vergangenen 24 Stunden f�r drei Morde verantwortlich war. Das Lachen wurde immer schriller. Der Mann stie� seinen Kopf dabei nach hinten, dann wieder nach vorne. Er wirkte wie ein Besessener in einem Horrorfilm. Die Augen verdreht, den Mund weit offen, von einer Seite rann ihm Speichel �bers Kinn und tropfte anschlie�end auf den Trenchcoat. So stand er da und lachte. Dann brach er dieses wahnsinnige Gel�chter auf die Sekunde ab und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Gras unter ihm. Pl�tzlich verwandelte sich dieses Lachen langsam aber sicher in ein irres Weinen. Der Mann sank auf die Knie zusammen und fiel in die leicht feuchte Wiese. Benommen blieb zun�chst regungslos liegen, sah verwirrt um sich und h�rte zun�chst auf zu weinen. Ver�ngstigt schloss er seine Augen und lag weiter einfach da. Zitternd zog er langsam seine K�rperteile zusammen und blieb in Embryohaltung liegen, etwas Unverst�ndliches brabbelnd. Er begann ein wenig zu schluchzen, Tr�nenperlen sammelten sich in seinen Augen. Aus dem Schluchzen wurde erneut ein Weinen. Nein, kein normales Weinen, es war fast wie ein Kreischen. Es klang in etwa wie ein Reh, welches in eine B�renfalle getreten war und nun gefangen und voller Schmerzen um Hilfe pl�rrt. Es dauerte einige Minuten, bis er sich wieder so halbwegs gesammelt hatte. Dann wurde es ganz still auf der Lichtung. Der Mann im schwarzen Trenchcoat war friedlich einged�st. Von fern hallten noch kurze Hupger�usche. Das Verhalten des �Rosenm�rders� war nicht zu begreifen. Da t�tet er noch wenige Stunden zuvor einen hilflosen Menschen kaltbl�tig und ohne Emotionen und jetzt lag er zusammengekr�mmt wie ein H�ufchen Elend im Gras. Was ging nur in ihm vor?

 

Der Inspektor und seine Kollegin lagen gl�cklich zusammengekuschelt unter dem knallroten Tuchent. Sie hatten endlich zusammen gefunden. Im Schlafzimmer herrschte romantische Atmosph�re. Diana hatte ein paar Kerzen angez�ndet und um das Bett herum aufgestellt. Aus dem CD-Player erklang die sanfte Stimme von Dido mit �Here with me�. Es war wundersch�n gewesen. Sie hatten sich z�rtlich und leidenschaftlich geliebt. Man merkte, dass beide schon lange darauf gewartet hatten. So wurde es etwas ganz Besonderes f�r sie. Nun lagen sie da, aneinander geschmiegt, nicht mehr zu trennen. �Andre?� Diana wandte sich dem Gesicht ihrer neuen Liebe zu. Sie konnte es noch gar nicht richtig realisieren, wahrhaft glauben. Endlich hatte er sich getraut seine versteckt gehaltenen Gef�hle offen zu zeigen. Ehrlich gesagt musste sie sich eingestehen, dass auch sie zu sch�chtern damit umgegangen ist. Doch nun war sie sehr zufrieden, dass er an diesem Abend gekommen war. Diana brauchte im Moment dringend jemanden, der ihr Sicherheit und Geborgenheit gab, ihr Liebe schenkte. Darum musste sie ihm alles nun erz�hlen. Denn sie hatte gro�e Angst. Unbeschreibliche Angst. Ok, sie war vielleicht nicht die nervenst�rkste Frau, doch ein weinerliches Mauerbl�mchen war sie auch wieder nicht. Und ihre Angst fand sie berechtigt. �Ja, mein Engel?� Seine gef�hlvolle Stimme war wie Balsam f�r ihre angeknackste Seele. Diana sah ihm ganz tief in seine Augen und �ffnete Andre ihr Herz. �Er war hier�� Andre wusste nicht, wen Diana damit meinte. �Wen meinst du?� ��Angel021� war heute in meiner Wohnung�glaube ich zumindest�� �Was?� Entsetzt und ungl�ubig starrte der Inspektor seine h�bsche Geliebte an, in deren Augen sich bereits wieder Tr�nen sammelten. Tr�nen der Angst. Er bemerkte, wie Diana fest ihre Lider schloss und seufzen musste. ��ich wei� �berhaupt nicht mehr, was ich glauben soll�vielleicht drehe ich nur durch�� Ein hoffnungsloses und verzweifeltes L�cheln spiegelte sich auf ihrem Gesicht. Andre konnte nur verdutzt warten, bis Diana weitererz�hlen w�rde. Doch es vergingen lange Sekunden, bis sie im Stande war, mit ihrem haarstr�ubenden Bericht fortzufahren. �Alles hat am Montag begonnen. Ich wollte dir etwas unter die Arme greifen und habe im Internet nach Informationen recherchiert. Irgendwann bin ich in den lokalen Chatroom gesurft, in dem Susan mit diesem �Angel021� Kontakt hatte. Zuerst wusste ich nicht einmal, warum ich diese Seite ge�ffnet hatte. So wollte ich bereits wieder woanders weitersuchen, als ich pl�tzlich den Nickname des Verd�chtigen am Monitor erblickte. Mir war nichts anderes �brig geblieben, als mit ihm ein Gespr�ch zu beginnen. Ich wollte unbedingt herausfinden, ob es wirklich DER �Angel021� war, den wir suchten�� �Und?� Andre Dumonts Gehirnzellen fingen in diesen Momenten wieder kr�ftig zu arbeiten an. Er konnte es gar nicht erwarten, bis Diana fortfahren w�rde. Doch warum hat sie ihm nicht schon damals dar�ber Bericht erstattet? ��ich wei� nicht. Um auch weiterhin n�here Recherchen unternehmen zu k�nnen, musste ich ihm meine E-Mail-Adresse geben�� �Du hast was?� Fassungslos sah Andre seine Kollegin an. ��Es war ein Fehler gewesen�das wei� ich jetzt�� �Was hast du vorher gemeint mit der Aussage, dass dieser Typ in deiner Wohnung gewesen sei?� �Heute fr�h habe ich eine Nachricht von �Angel021� bekommen. Warte kurz�� Mit schnellen Bewegungen stand sie auf und verlie� mit bed�chtigen Schritten das Zimmer. Andre sah ihr verliebt nach. Ihre langen sch�nen Beine�Diana war in allen Belangen eine echte Traumfrau. Sie war intelligent, humorvoll, hilfsbereit, immer freundlich und wundersch�n. Sie machte das Leben wieder lebenswert. Schon nach einer Minute legte sie den kuscheligen Tuchent wieder um ihren wohlgeformten K�rper. Mit dabei hatte sie einen DinA4-Zettel, den sie Andre reichte. Es war das Mail von �Angel021�. Ihr zitternder Zeigefinger zeigte auf die Stelle, die Diana am Morgen so durcheinander gebracht hatte. Hoch konzentriert las er zuerst diesen Satz, dann den ganzen Brief genau durch. Einige markante Textstellen fand er �u�erst verd�chtig. Der Schreibstil �hnelte den Mails, die Susan Thompson bekommen hat.

 

 

 

Liebe Diana!

 

Wie geht�s meiner s��en Rose?

Ich vermisse dich schon.

Hab feststellen m�ssen, dass du mir noch immer kein Foto von dir geschickt hast.

War sehr entt�uscht dar�ber, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Was machst du immer so?

Kann nur noch an dich denken.

Komisch, wenn man bedenkt, dass wir uns kaum kennen.

Aber ich habe trotzdem das Gef�hl, als ob wir so etwas wie Seelenverwandte sind.

Bei mir hat es sogar ein wenig gefunkt.

Freue mich schon, wenn ich dir direkt in deine sch�nen blauen Augen schauen kann.

Vielleicht hast du auch Interesse an einem Treffen.

Wenn es dir ein wenig zu schnell geht, verstehe ich das vollkommen.

Wir k�nnen uns via E-Mails weiter n�her kennen lernen und wenn du bereit bist, brauchst du es mir nur zu schreiben, ich warte dann schon auf dich, meine S��e!

 

Kuss!

Erwartungsvoll,

 

Dein �Angel021�

 

�Die Chancen, dass du den richtigen Mann erwischt hast, stehen nicht schlecht. Es sind zu viele �bereinstimmungen mit den anderen Briefen.� Andre bemerkte, wie eine Tr�ne wieder �ber Dianas Wangen floss. Er nahm sie zu sich in seine Arme und tr�stete sie mit einem gef�hlvollen Kuss. Nach einer kurzen Pause kam Diana zum letzten Teil ihres Berichts. �Als ich heute kurz aus dem Haus gegangen war, muss jemand meine Wohnung betreten haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es �Angel021� gewesen ist��Diana, wie kommst du auf diesen schrecklichen Verdacht?� ��puh�als ich zur�ckgekommen bin, sind mir gewisse Dinge aufgefallen�� Diana zeigte auf den Kleiderschrank, der in der linken Ecke des Zimmers stand. �Dort lag einer meiner Slips auf dem Boden. ER muss ihn versehentlich hinunterfallen lassen haben, als er meine Kleidung durchsucht hat. Ein BH von mir lag im falschen Regal und�oh mein Gott, er hat alles unter die Lupe genommen, Andre!� Verunsichert und �ngstlich sah sie ihn an. Dann erz�hlte sie weiter. �Au�erdem war eine kleine Schraube auf dem Wohnzimmerteppich gelegen, einen, den ich nie gesehen habe. Verstehst du? Ich habe solche Angst. Was ist, wenn ER wiederkommt?� Niemand wird mehr in deine Wohnung eindringen. Das verspreche ich dir!� Er streichelte sanft �ber Dianas sch�ne Br�ste und k�sste ihre Lippen voller Leidenschaft. �Bitte bleib heute bei mir! Geh nicht fort!� �Nein, mein Engel, ich verlasse dich nicht. Ich werde auf dich aufpassen!� �Du bist ein echter Schatz�Danke!� Sie strich liebevoll durch sein krauses Haar, solche Momente hat sie schon lange sehs�chtig herbeigesehnt. Jetzt was Andre da, ihr Besch�tzer, ihr R�ckhalt. �Aber warum hast du mir nichts erz�hlt?� �Ich wollte zuerst sicher gehen, dass ich wirklich den richtigen �Angel021� erwischt hatte. Nat�rlich h�tte ich vorsichtiger vorgehen sollen, aber�ich wollte dir doch nur helfen. Entschuldigung!� �Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Diana. Komm her�� Er nahm sie mit seine kr�ftigen H�nden in seine Arme. Diane lie� ihren Kopf auf seine Brust sinken. Sie starrte auf die Zimmerdecke. Nach ein paar sch�nen ruhigen Momenten stellte sie Andre die Frage, die Diana am meisten im Gehirn herumspukte. Der Verdacht, der ihre Seele so sehr qu�lte. �Bin ich jetzt sein n�chstes Opfer? Will er mich jetzt auch t�ten, wie die zwei anderen armen M�dchen? (SCHLUCHZ!) �ich will noch nicht sterben�Andre, bitte verhindere das�bitte!� Wieder begann sie zu weinen. Doch dieses Mal brauchte Andre um einiges l�nger, bis er sie so halbwegs beruhigen konnte. Erst langsam versiegten ihre Tr�nen. �Wie gesagt: ich werde auf dich aufpassen! Keiner wird dir wehtun, keiner! Ich will dich nicht mehr verlieren�Dina, ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als alles andere auf dieser Welt�ich brauche dich�� Diese S�tze zauberten endg�ltig wieder ein h�bsches L�cheln auf ihr Gesicht. �Ich liebe dich auch, Andre! Du bist mein Ein und Alles!� So lagen sie da, frisch verliebt, mit gemischten Gef�hlen. Einerseits w�re alles ein wundersch�ner Traum, andererseits gab es noch diesen Psychopathen, der noch frei umherl�uft. Der M�rder, der es vermutlich auf Diana abgesehen hatte. Der Mann im schwarzen Trenchcoat, der gerade etwas ausgek�hlt aus seinem kurzen Schl�fchen mitten in der Natur aufwachte�

 

Wo bin ich? Leicht benebelt sah sich der Mann im schwarzen Trenchcoat um. Die Lichtung war durch den hellen Mond gut erhellt und er konnte viele zuerst seltsam aussehende Schatten bei n�herem Anblick als harmlose und gew�hnliche Str�ucher und �hnliches identifizieren.  Doch noch immer war er sich nicht im Klaren, wie er hierher gekommen ist. Sachte stand er aus dem feuchten Gras auf und musterte erneut die Umgebung. Dann schoss es ihm wieder ein. Oh Gott! Nicht schon wieder! W�tend schlug er sich mit seiner Faust selbst auf die Stirn. Einmal, zweimal. Warum? Diese Anf�lle bzw. unkontrollierbaren Wandlungen waren in den letzten Jahren immer seltener geworden. Seit er ein Teenager gewesen war, musste er sich mit ihnen herumplagen. �fters wachte er wie auch in dieser Nacht irgendwo auf und wusste nicht mehr genau, wie er an diese Orte gekommen war. Als seine Eltern ihn in psychiatrische Behandlung geschickt haben, wurde es immer besser. Einmal hat ein Psychiaterteam einen seiner ziemlich schr�gen Anf�lle gefilmt. Da war er einfach in Trance gefallen, hatte lustige Lieder gesummt und gesungen und urpl�tzlich kam ein Weinkrampf �ber ihm. Der Psychiater hatte gemeint, es sei eine verwandte Form von Schizophrenie, bei der man oft unterdr�ckte Erinnerungen aufarbeiten m�sste. Ihm waren noch andere seltsame Verhaltensweisen aufgefallen. Zum Beispiel war es schon �fters vorgekommen, dass er mit sich selber geredet hat oder Personen im Behandlungsraum sah, die gar nicht da waren. Zum Beispiel seine Mutter. Oh, Mum, meine geliebte Mum! Nur schwer konnte sich der Mann im schwarzen Trenchcoat zusammenrei�en und Tr�nen unterdr�cken. Diese schei� Anf�lle! OK, der Doktor war toll gewesen. Er hatte sich immer um den Mann gek�mmert. Jahrelang war er in seiner Behandlung gewesen. Aus ihm war fast ein normaler Mensch geworden, abgesehen davon, dass er eine Kleinstadt momentan als Serienm�rder heimsuchte. Aber die Anf�lle waren beinahe zur G�nze verschwunden gewesen. Warum mussten sie gerade jetzt wieder auftauchen. Jetzt, wo er sich gerade auf seine n�chste Rose vorbereiten musste. Denn auch sie sollte bald ihm geh�ren. Nein, er konnte nicht einfach darauf vertrauen, dass ihm seine Anf�lle nicht in die Quere kommen w�rden. Er brauchte Hilfe. Dringend. Der Mann im schwarzen Trenchcoat hatte nun nur ein vorrangiges Ziel: Er musste zur�ck nach Dallas. Dort gab es jemanden, der ihm helfen w�rde. Jemand, der ihm schon fr�her helfen konnte. Erst dann k�nnte er in Arlington beruhigt seine Mission fortsetzen. Leicht verwirrt und orientierungslos blickte er sich um. Wie kam er wieder zu seinem Wagen? An dieses Detail konnte er sich noch wage erinnern. Er hatte den Ford auf der Strasse abgestellt und musste dann irgendwie auf diese Lichtung gekommen sein. Mit langsamen Schritten wankte er durchs Gras zum Waldst�ck. Es kam ihm bekannt vor. Wahrscheinlich war er aus dieser Richtung gekommen. In seinen kranken Gedanken versunken durchquerte er den kleinen Wald innerhalb weniger Minuten. Es sah schon wieder ein wenig danach aus, als ob der Rosenm�rder erneut in Trance fallen w�rde und einen dieser unheimlichen Anf�lle durchleben m�sste. Mit starrem Blick marschierte er weiter durchs Gestr�pp, bis er den alten Ford durch die B�ume bereits erkennen konnte. Ein leichtes unwirklich scheinendes L�cheln spiegelte sich auf seinem Gesicht. Das L�cheln hatte etwas von einem Wahnsinnigen. Doch der war dieser Mann wahrscheinlich wirklich. Ein unberechenbarer Wahnsinniger, dessen Gedanken man nie lesen, seinen Gesichtsausdruck nie deuten und seine n�chsten Handlungen man nie absch�tzen konnte. Und dieser Mann sah bei n�herem Hinschauen noch etwas anderes als nur seinen Wagen. Er sah etwas, was sein irres L�cheln gleich wieder aus seinem Gesicht schwinden lie�. Etwas sehr Beunruhigendes. Keine zwanzig Meter vom Ford entfernt stand ein Motorrad. Auf diesem Motorrad stand deutlich in wei�en Buchstaben �POLICE� geschrieben. Ein schei� Bulle war in seiner N�he und das gefiel dem Mann im schwarzen Trenchcoat �berhaupt nicht. Und dann erblickte er schon den unwillkommenen Besucher. Der Streifenpolizist kam gerade hinter dem Wagen hervor und n�herte sich der Fahrert�r. W�tend starrte der Rosenm�rder das neue Hindernis an, im Schutz der Str�ucher beobachtete er angriffsbereit jede Bewegung des Ordnungsh�ters.

 

Es war genau 23:13, als Peter Jenkins die Nachricht aus der Zentrale bekommen hatte, dass ein Wagen seit geraumer Zeit mitten auf der Fahrbahn in der N�he der Autobahn stand, fahrerlos. Einige Autofahrer hatten sich �ber den st�renden blauen Ford beschwert. Der 26-j�hrige Streifenpolizist der �rtlichen Autobahnpolizei, der diesen Beruf schon seit vier Jahren aus�bte, wurde beauftragt einen kurzen Blick darauf zu werfen. Kurz vor halb zw�lf Uhr nachts erreichte er bereits das vermeintliche Fahrzeug. Entschlossen stellte er sein Motorrad ab und n�herte sich dem Wagen mit sicheren Bewegungen. Er lie� zun�chst seinen Blick herumschweifen, doch nichts Ungew�hnliches fiel ihm auf. Der Besitzer des Fahrzeuges schien nicht in der N�he zu sein. Bevor er mit der genauen Untersuchung des Wagens begann, warf er noch einen schnellen Blick auf seine Armbanduhr. In einer halben Stunde hatte er es f�r fast eine Woche geschafft. Dann war seine Schicht zu Ende und dann warteten ein paar Tage Urlaub auf den aufstrebenden Polizisten. Die w�rde er mit seiner kleinen Familie verbringen. Jenkins hatte vor zwei Jahren seine gleichaltrige Langzeitgeliebte Sarah geheiratet und vor f�nf Monaten gebar sie ihr erstes Kind. Der s��e kleine Ryan! Seine �hnlichkeit mit seinem Vater konnte man nicht leugnen. Genau dieselbe witzige Stupsnase und wenn Peter nach der Arbeit immer in die Augen des Kleinen blickte, kam es ihm vor, als ob er in einen Spiegel sehen w�rde. Das war sein Junge, den er wie seine Frau unsterblich leibte. Sie lenkten ihn vom rauen Polizeialltag ab und gaben ihm immer wieder neue Kraft f�r seine Arbeit. Die beiden waren f�r Peter sein Ein und Alles. Schlie�lich wandte er sich wieder von seinen sch�nen und beruhigenden Gedanken ab und begann mit einer Kontrollrunde um den Wagen. Mit einer Taschenlampe durchleuchtete er das Wageninnere. Ihm fiel auf, dass die ganze R�ckbank mit kleinen Schachteln und Verpackungen verschlicht war. Den Blick herumschweifend, ging Peter Jenkins um den Wagen herum und konnte eigentlich nichts Auff�lliges entdecken. Wo war nur sein Fahrer hingekommen? Verwundert �ffnete er langsam die Fahrert�r des stark rostenden Ford Escort und durchsuchte zun�chst das Handschuhfach. Mit flinken Handbewegungen suchte er darin herum und stie� dabei auf ein paar Fotoaufnahmen, die von einem h�bschen M�dchen geschossen worden waren und auf einen Taschenkalender. Jenkins bl�tterte in fl�chtig durch und konnte auf Anhieb feststellen, dass der Besitzer dieses Wagens ziemlich eigenartig sein musste. Minuti�s waren alle f�r den Unbekannten wichtigen Aktionen und Handlungen festgehalten. Jenkins las bestimmte Stellen wie �18:51 � 20:03-mit Susan gechattet� 15:04-Juliette von Schule nach Hause gefahren� und als bisher letzter Eintrag unter dem heutigen Datum �12:20-Diana zu Hause besucht�. Wow, der Typ scheint viel Gl�ck bei den Frauen zu haben. Dann fiel der Blick des Polizisten noch einmal auf die Fotos. Dieses M�dchen kam ihm bekannt vor. Wo hatte er dieses Gesicht nur gesehen. Nachdenklich legte er die Sachen wieder zur�ck ins Fach und drehte sich der R�ckbank zu. Neugierig nahm er eine der Schachteln und �ffnete sie sachte. Die Schachtel war mit Styroporkugeln ausgepolstert und so musste Jenkins ein wenig w�hlen, bis er mit seinen Fingern etwas Festes ertasten konnte. Beim Anblick des Inhaltes wurde ihm mulmig zumute. Jenkins hielt gerade eine Schachtel mit kleinen Wanzen in seiner Hand. Wem geh�rte nur dieser verdammte Rostk�bel? Nirgends waren Fahrzeugpapiere oder sonstige informative Unterlagen zu finden gewesen. Der Polizist hatte ein echt schlechtes Gef�hl. Am besten, er meldete seinen Fund bei der Zentrale. Mit einer kontrollierten Handbewegung nahm er sein Funkger�t und ging damit nochmals zur Wagenr�ckseite. Er gab das Kennzeichen durch und informierte seine Kollegen �ber den Inhalt des Wagens. Aus der Zentrale bekam er schlie�lich den Auftrag beim Wagen zu bleiben, bis der beauftragte Abschleppwagen bei ihm eingetroffen sei. Leicht unzufrieden mit diesem Befehl setzte sich Jenkins wieder auf den Fahrersitz des Fords und fing an zu gr�beln. Was hatte das alles zu bedeuten? Er lie� alle seine gefundenen Sachen nochmals im Kopf durchlaufen. Mit der Taschenlampe leuchtete er nachdenklich auf die Schachteln hinter ihm. Und dann bemerkte er die Flecken darauf. Der Polizist sah genauer hin und stellte fest, dass ziemlich viele dieser Verpackungen mit diesen roten Flecken �bers�t waren. Rote Flecken! Peters Augen weiteten sich unter dem schockierenden Gedanken, was diese Flecken waren. Er streckte einen Finger aus und n�herte sich einem noch ein bisschen feuchten Fleck. Sofort setzte sich ein kleiner Tropfen auf seiner Fingerkuppe fest. Er betrachtete die Fl�ssigkeit und machte neugierig einen kurzen Geruchs- und Geschmackstest. Leider, Ketchup war es nicht, auch keine Farbe. Er hatte vermutlich recht. Es war Blut. Die Sache wurde immer mysteri�ser. Der Polizist konnte nicht mehr klar denken. Wieder fielen ihm die zuvor gefundenen Gegenst�nde ein und dann konnte er sich  wieder erinnern. Oh nein! Mit einer leichten G�nsehaut verlie� er angeekelt das Fahrzeug und blickte es verabscheuend und fassungslos an. Jetzt wusste er wieder, woher er das M�dchen von den Fotos kannte. Dieses M�dchen war in der vergangenen Nacht umgebracht worden. Es wurde vermutet, dass dieser �Rosenm�rder� daf�r verantwortlich sei. Der Name des M�dchens�er war Juliette. Peter Jenkins sp�rte einen leichten Stich in der Magengegend. Es war unfassbar. Rasch nahm er den Taschenkalender aus dem Handschuhfach und las nochmals die Namen der Frauen. ��Susan�das war doch das erste Opfer,�Juliette, das von gestern�oh mein Gott!� Der Kalender fiel ihm geschockt aus seinen H�nden und klatschte auf den Asphalt. Dem Polizisten wurde schlecht. Es konnte nicht sein. Die gesammelten Fakten lie�en ihm das Blut in den Adern gefrieren. Mit wie in Zeitlupe ablaufenden Bewegungen nahm er das Funkger�t aus der Halterung und l�ste sich erst wieder aus der Verkrampfung, als er die Stimme seines Kollegen am anderen Ende h�rte. ��Henry�ich wei� nun, wem dieser Wagen geh�rt�du wirst es sicher nicht glauben��

 

Verdammt! Jetzt hatte dieser Schei�kerl alles entdeckt! Aber egal, er wird es sowieso niemanden mehr erz�hlen k�nnen� Der Mann im schwarzen Trenchcoat kauerte noch immer hinter zwei Str�uchern und musste aus seinem Versteck mit ansehen, wie der Polizist den Wagen penibel durchsuchte. Daraufhin begab sich Peter Jenkins zur R�ckseite, um der Zentrale das Kennzeichen durchzugeben. Der M�rder wollte auf den besten Moment warten, in dem er zuschlagen konnte. Es musste sein. Dieser Bulle stand ihm im Weg. H�tte er nur die Finger vom Ford gelassen. Jetzt war es f�r ihn zu sp�t. Der starre Blick des M�rders schien Jenkins fast zu durchbohren, so stechend und intensiv sah er ihn an. Dieser w�rde gleich das Puzzle zusammenstellen und herausfinden, mit wem er es zu tun hatte. Als der Polizist dann geschockt das Wageninnere verlie�, wusste der Mann im schwarzen Trenchcoat, dass er eins und eins zusammengestellt und den Fahrer des Wagens identifiziert hatte. Nun wusste er, dass er gerade den Wagen des Rosenm�rders durchsucht hatte. Dieser starrte ihn noch immer unentwegt an, beobachtete, wie der Bulle die Zentrale informierte und war sich sicher, dass der richtige Zeitpunkt nun gekommen war. Es war n�mlich h�chste Zeit nach Dallas zur�ckzukehren. Darum musste der Polizist jetzt aus dem Weg ger�umt werden. Es gab keinen anderen Ausweg.

 

Mit einem tiefen Schnaufen steckte Peter Jenkins das Funkger�t wieder in die Halterung. Die �berpr�fung des Kennzeichens hatte ergeben, dass es sich bei dem Besitzer des Fahrzeuges um einen gewissen Ramon Hernandez handelte. Im Moment checken die Kollegen in der Zentrale, wo dieser Ramon Hernandez wohnt. Wenn man alle Fakten richtig deutete, musste man davon ausgehen, dass der Gesuchte der Rosenm�rder war, der die Kleinstadt Arlington in der vergangenen Woche stets in Aufruhr gebracht hatte. Auf sein Konto gingen bislang drei Morde und nun war man auf dem besten Weg zu verhindern, dass weitere Morde geschehen w�rden. Peter Jenkins starrte auf seine Uhr. Wo blieb denn der Abschleppwagen? Er f�hlte sich sehr unwohl. Schlie�lich stand er neben dem Auto eines potenziellen Killers und wusste nicht, ob dieser nicht auch in der N�he war. Der Polizist ertappte sich dabei, wie er seine rechte Hand immer fester um den Griff seiner im Halfter steckenden Dienstwaffe schloss. Im Falle des Falles sollte er vorbereitet sein. Und dann h�rte er es. Ein seltsames Rascheln aus dem Dickicht des Waldes. �Wer ist da?� Jenkins probierte so entschlossen und sicher wie m�glich zu rufen, aber ganz �berzeugend kam es nicht r�ber. Man merkte, dass der junge Polizist noch nicht allzu oft etwas mit M�rdern zu tun gehabt hatte. Meistens gab es nur Geschwindigkeits�berschreitungen, manchmal waren auch Drogendealer ertappt worden, aber es mit so einem kaltbl�tigen Kerl zu tun zu haben�nein, bislang blieb es Peter erspart. Seine Dienstwaffe musste er zwar schon �fters z�cken, doch abdr�cken brauchte er nie. Meistens lie�en sich die T�ter ohne besondere Gegenwehr �berw�ltigen. Doch in diesem Fall wusste der Polizist, dass es nicht so glimpflich kommen w�rde. Ein weiteres Mal vernahm er ein lautes Rascheln. Nochmals rief er in den Wald. Doch auch dieses Mal bekam er keine Antwort. Konzentriert starrte der Polizist zur besagten Stelle. Durch die Dunkelheit konnte er kaum was erkennen. Er zog die Pistole auf dem Halfter und richtete sie in Richtung der Str�ucher. �Kommen sie heraus!� Doch auch auf diesem Befehl hatte er wiederum keinen Erfolg. Mit langsamen Schritten n�herte sich der Polizist den Str�uchern. Mit der Taschenlampe leuchtete er sie ab, doch war nichts Au�ergew�hnliches zu entdecken. Der Lichtstrahl wanderte weiter zu den B�umen. Peter musste seine Augen sehr anstrengen, um klar sehen zu k�nnen. Und pl�tzlich sah er jemanden hinter einen der dicken St�mme verschwinden. Ein weiteres Mal befahl der Polizist dem Unbekannten aus seinem Versteck zu kommen. Mit knackenden Ger�uschen trat er immer weiter in das Waldst�ck hinein. Vielleicht war es ein wenig zu riskant, doch andererseits war es sein Job. Er musste dieser Sache nachgehen. Jetzt konnte er nicht kneifen. Angstperlen sammelten sich auf Jenkins� Stirn. Seine Kehle war durch die Aufregung trocken geworden. Die Anspannung nahm mit jeder Sekunde zu. Nun stand er nur wenige Schritte von dem Baum entfernt, hinter dem er die Person gesehen hatte. Ein drittes Mal schrie er sein nicht gerade selbstsicher wirkendes �Kommen sie raus!� Und dieses Mal ging alles viel zu schnell. Auf seinen Befehl hin st�rmte pl�tzlich der Unbekannte hinter dem Baum hervor und rannte auf den �berraschten Jenkins zu. Doch bevor der Polizist auf diesen Angriff reagieren konnte, wurde er auch schon auf den feuchten Waldboden gerissen. Verzweifelt versuchte er mit der Waffe auf den M�rder zu zielen, doch der schlug sie ihm mit einem dicken Ast aus der Hand. Schmerzverzerrt hielt sich Jenkins die wunde Stelle und versuchte wieder aufzustehen. Doch der Mann, der einen langen schwarzen Trenchcoat trug und einen sehr unheimlichen Gesichtsausdruck hatte, schlug ihm mit dem Ast in den Magen. Dann holte er zu einem Schlag auf Jenkins� Gesicht aus. In dieser kurzen nur Sekundenbruchst�cke dauernden Phase nahm der Polizist noch einmal all seinen Lebensgeist zusammen und trat dem Verbrecher mit seinem Fu� in die linke Kniekehle. Mit einem makabren Schrei st�rzte der Mann auf den Boden. Peter robbte schnell ein St�ck davon und richtete sich auf. Seine Hand schmerzte gewaltig. Sie war vermutlich gebrochen. Die Wucht des Schlages hatte wirklich Spuren hinterlassen. Die Vorderseite hatte schon leicht blaue Stellen und der Polizist konnte sie kaum bewegen. Doch im Moment hatte er sowieso andere Sorgen. Vor ihm lag mit hoher Wahrscheinlichkeit der gesuchte Rosenm�rder. Die Augen nicht von dem Kerl lassend tastete er auf dem Waldboden nach seiner Waffe. Und das n�tzte der Mann im schwarzen Trenchcoat. Er wartete den richtigen Augenblick ab und startete wieder einen �berraschungsangriff. Als Jenkins die Lage absch�tzen konnte, war es bereits zu sp�t. Er wurde fest an einen Baumstamm gerammt. Ein tiefer Schmerz zog sich �ber seinen R�cken. Mit zusammengebissenen Z�hnen rutschte der Polizist wieder auf den Boden. Leicht benommen suchte sein Blick den Mann, doch der Angreifer war verschwunden. Mit der gesunden Hand griff er sich auf die Wirbels�ule. Er zog sich langsam wieder beim Stamm hinauf und bewegte sich mit wankenden Schritten weiter durch das Dickicht. Wo war er hingekommen? Peter Jenkins drehte sich einmal herum und da stand er schon wieder. Trotz der Dunkelheit konnte er ein irres L�cheln auf seinen Lippen erkennen. Der Mann im schwarzen Trenchcoat stie� ihm das Jagdmesser tief in den Oberk�rper. Der Polizist stolperte zur�ck und fiel hart zu Boden. Mit seiner linken Hand griff er auf den Griff des Messers, welcher aus seiner Bauchgegend ragte. Blut �bergoss sich �ber den dunklen Motorradanzug. Nach Luft r�chelnd lag Jenkins da, blickte wie wild herum. Er ahnte, dass er nun sterben w�rde. Sarah und Ryan w�rde er nie wieder sehen. Der M�rder n�herte sich dem wehrlosen Polizisten und zog ihm ohne mit der Wimper zu zucken das Messer gnadenlos wieder aus der Wunde. Mit schnellen Schritten lie� er ihn auf dem Waldboden liegen und verlie� das Waldst�ck. Kurz darauf konnte man den lauten Motor aufheulen h�ren, als der Mann die Fahrt zur�ck nach Dallas begann. Derweil lag Peter Jenkins verzweifelt da, seine letzten Gedanken galten noch einmal seiner lieben Familie. Dann fiel sein Kopf zur Seite. Ein Piepsen von seiner Armbanduhr verriet, dass seine Schicht nun zu Ende war. F�r immer.

 

DONNERSTAG, 24.Mai 2001

 

�Kann ich noch etwas Marmelade haben?� �Sicher doch!� Diana reichte ihrem Kollegen den Becher mit der leckeren Erdbeerkonfit�re und blickte ihm dabei verliebt in die Augen. Dieser erwiderte ihren Blick, nahm ihre Hand und k�sste sie sanft. Andre streichelte gef�hlvoll �ber ihre zarten Finger und genoss jeden Augenblick, so friedlich und makellos wie dieser, die er so nah bei ihr sein, ihr seine Gef�hle in vollen Z�gen offenbaren konnte. Bewundert und fasziniert begutachtete er das au�erordentlich h�bsche Gesicht seiner Kollegin. Er hatte sich damals sofort in sie verliebt, Diana hatte so einen gewaltigen Charme, dem kein Mann widerstehen konnte. Was sie von vielen anderen jungen Frauen unterschied, war die Tatsache, dass sie trotz ihrer Sch�nheit und Beliebtheit nie arrogant oder abgehoben wirkte. Sie war immer nat�rlich, zuvorkommend, einfach nett. Und obwohl sie es nicht n�tig hatte, war sie oft ziemlich sch�chtern, was er aber sehr s�� an ihr fand. Ihm gefiel, wenn sich ihre wohlgeformten Wangen leicht rot f�rbten, wenn Diana etwas ungelegen kam oder ihr etwas sehr peinlich war. Sie war so unschuldig, ein wahrer Engel. Und darum musste sie besch�tzt werden. Nach dem Fr�hst�ck w�rde er sofort Polizeischutz f�r seine Kollegin anfordern. �Andre, was ist?� Dianas besorgte Stimme r�ttelte ihn wieder aus seinen Gedanken. ��nichts, Diana, nichts�� �Andre?� �Ja?� �Ich wollte mich f�r mein Verhalten am Abend entschuldigen. Als ich dir die T�r ge�ffnet hatte und du mir die Rose, die ausgesprochen sch�n ist, geben wolltest, musste ich �ich dachte an den Rosenm�rder und wie ER bald vor meiner T�r stehen w�rde�danke, dass du gestern gekommen bist. Ich h�tte die Nacht nervlich nicht gepackt...� Behutsam lehnte sie sich �ber den Tisch und gab Andre einen langen gef�hlvollen Kuss. Es war alles so wundersch�n, doch k�nnte diese Idylle leicht wieder zerst�rbar sein. Andre h�tte es auch lieber gehabt, weiterhin z�rtliche Stunden mit seiner neuen Liebe zu verbringen, doch sogar ihr sanfter Kuss schien ihn nicht aus seinen wilden Gedankenspr�ngen befreien zu k�nnen. Langsam lie� er den Blick durch Dianas Wohnung schweifen. Einen guten Geschmack hatte sie, das musste man ihr lassen. Er musste nachdenken. Wie konnte man diesen Rosenm�rder nur fassen? Andre Dumont hoffte, dass er zeitig eine Analyse der Untersuchung bekam, die er am vergangenen Tag veranlasst hatte. Wenn sich sein Verdacht f�r richtig erweisen sollte, dann wussten sie wenigstens mal die Identit�t des M�rders und er hoffte, dass sich damit die Ermittlungen vorantreiben lie�en. Als er so in Gedanken versunken durch die R�umlichkeiten blickte, hielt er pl�tzlich still. Was hatte Diana gesagt? Sie hatte eine kleine Schraube auf dem Wohnzimmerteppich gefunden, den sie nicht definieren konnte. Und, wie Andre jetzt bemerkte, stand genau auf dem Teppich ein kleiner Tisch. Auf diesem Tisch stand Dianas Telefon. Der Inspektor schnellte aus dem Sessel auf und startete auf das Objekt zu. Mit flinken Bewegungen nahm er es unter die Lupe. Und sein Verdacht war erh�rtet. Auf der Unterseite des Telefons fehlte eine kleine Schraube, die, die Diana gefunden hatte. Andre wusste, was das bedeutete. Seine Kollegin hatte recht gehabt: der Rosenm�rder war in ihrer Wohnung gewesen und hatte auch ihr Telefon verwanzt, wie schon die der anderen zwei Opfer. Sie sollte wirklich sein n�chstes Opfer sein. Das hie�, der Inspektor durfte jetzt keine Zeit mehr verlieren. Einen Spurensuchtrupp in Dianas Wohnung zu holen, war f�r Andre sinnlos. Auch bei den anderen M�dchen hatte der T�ter immer genau darauf geachtet keine Fingerabdr�cke und sonstige Spuren zu hinterlassen. Aber warum war er bei Diana so unvorsichtig gewesen und hatte gewisse Sachen auf anderen Stellen liegengelassen? Auf diese Frage wusste Andre keine Antwort, doch er vermutete, dass der M�rder in Zeitnot geraten war und Dianas Appartement so schnell wie m�glich wieder verlassen wollte, damit er nicht ertappt werden w�rde. W�hrend er so t�ftelnd vor Dianas Telefon hockte, war Diana verwirrt n�her gekommen. �Andre, was ist denn?� Zuerst gab er keine Antwort. Doch nach ein paar langen Sekunden unterbrach er das Schweigen. �Du hast recht gehabt�ER ist hier gewesen. Dein Telefon hat ER verwanzt, wie auch bei den anderen M�dchen. ER will dich �berwachen k�nnen�� �Oh Gott, ich hab�s gewusst�� Diana lie� sich auf das Sofa neben dem Teppich sinken und hielt sich fassungslos die H�nde vors Gesicht. Andre setzte sich neben sie und nahm sie in seine Arme. �Keine Sorge! Bald ist dieser Albtraum endlich vorbei, das verspreche ich dir!� Er k�sste ihr zart auf ihre Stirn und hielt sie einfach so in seinen H�nden. Dann schreckten beide hoch. Das Telefon klingelte. Mit leicht zittrigen Bewegungen nahm Diana den H�rer und fl�sterte fast hinein. �Hallo?� Die Stimme am anderen Ende der Leitung lie� sie ein wenig ruhiger werden. Es war Director Edward Payton. �Diana? Wie geht es ihnen heute?� �Geht schon wieder, Director�� �Sch�n zu h�ren. Ich wollte sie fragen, ob sie wissen, wo Inspector Dumont ist. Er hat sein Handy im B�ro liegengelassen und ich habe auch schon bei ihm daheim angerufen, aber er meldet sich nicht�� Diana blickte mit einem leichten L�cheln zur gesuchten Person, die neugierig neben ihr sa�. Der Mann, der mit ihr die vergangene Nacht verbracht, der sie geliebt und besch�tzt hatte. ���hm�er ist hier�warten sie�� Sie reichte den H�rer an Andre weiter. �Ja?� �Dumont, endlich erwische ich sie. Es ist wieder etwas passiert��

 

Was war das? Schlaftrunken wachte der Mann in seinem Bett auf. Durcheinander blickte er um sich, musste sich aber erst an die Dunkelheit im Schlafzimmer gew�hnen. Seine rechte Hand tastete nach der Nachttischlampe, dessen Licht den Raum kurz darauf f�llte. Der Mann im hellblauen Seidenschlafanzug spitzte seine Ohren. Doch er konnte nichts h�ren. Vermutlich hatte er sich geirrt. Ihm war wirklich so gewesen, als ob ihn ein Ger�usch aus seinen angenehmen Tr�umen gerissen h�tte. H�chstwahrscheinlich war es wieder Nachbarkatze, die auf n�chtlicher Jagd nach M�usen war. Der Mann mit dem schon leicht wei�en Haar beschloss weiterzuschlafen. Ein Blick auf seinen Wecker zeigte, dass es sowieso erst kurz nach zwei Uhr morgens war. Schnell drehte er das Licht wieder ab und vergrub seinen K�rper wieder fest unter der warmen kuscheligen Bettdecke. Noch ziemlich m�de schloss der Mann wieder seine Augenlider, um sich wieder in die Welt der Tr�ume und Fantasien zu begeben. Doch nur kurz hielt diese Ruhe. Da! Wieder dieses klopfende Ger�usch! Erschrocken schreckte der Arzt aus seinem Bett auf. Zitternd schaltete er erneut die Nachttischlampe ein und stand vorsichtig auf. Ohne seinen Blick von der Zimmert�r zu wenden, tastete er nach seiner Brille, die auf dem kleinen restaurierten Tischchen neben dem gro�en Bett lag. Unbeholfen setzte er sie auf und schl�pfte mit seinen knochigen und blassen F�ssen in weiche Pantoffeln, mit denen er den Gang zur T�r wagte. So leise er nur konnte, trat er auf den Gang hinaus und horchte. Ja! Schon wieder! Es war jemand in seiner Villa! Hilflos sah sich der Mann am Gang nach einer geeigneten Waffe um. Schlie�lich entschied er sich mit einem eisernen Kerzenst�nder den Weg ins Erdgeschoss zu wagen. W�hrend er die ersten Stufen der Wendeltreppe hinter sich brachte, achtete er darauf jedes nur so unn�tige Ger�usch zu vermeiden. Obwohl er durch die Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte, getraute er nicht das Licht einzuschalten. Wenn er mit seiner Vermutung richtig lag, war vermutlich ein Einbrecher in den R�umen unter ihm. Bei genauerem Hinh�ren kam er zum Entschluss, dass die Ger�usche aus seinem B�rozimmer kamen. Ohne die T�r des besagten Zimmers aus den Augen zu lassen, trat der Arzt die letzten Stufen der Treppe hinunter. Die Unwissenheit, was oder wer ihn beim Betreten seines B�ros erwarten w�rde, schn�rte ihm den Hals zu. Er musste sich anstrengen, um genug Luft zu bekommen. Am liebsten h�tte er die Polizei um Hilfe gerufen, doch erstens war sein Telefonanschluss ironischerweise genau in dem Zimmer, woher die omin�sen Ger�usche kamen und zweitens h�tte er sowieso zuviel Angst gehabt, um diesen Schritt zu wagen. So blieben ihm zwei M�glichkeiten. Weder er versuchte die Villa zu verlassen oder er stellte sich der eventuellen Gefahr. Au�erdem k�nnte es ja auch andere plausible Erkl�rungen f�r das Klopfen geben, welches durch die dicke Eichent�r seines B�rozimmers drang. Was zum Beispiel gegen einen Einbrecher sprach, war die Tatsache, dass die Villa des Mannes mit einer modernen Alarmanlage gesichert und so kaum zu betreten war. Das laute Piepsen bei einem Einbruchversuch h�tte ihn doch sicher rechtzeitig informiert. Vielleicht war es nur eine Maus, die sich in das Haus verirrt hatte und nun im B�ro nach Nahrung suchte. Wieder musste er mit gewissem Galgenhumor an die Nachbarkatze denken. Er versuchte sich auf die folgenden Theorien zu versteifen, doch insgeheim wusste er, dass keine davon plausibel genug war, um wirklich zu stimmen. Jeder professionelle Einbrecher konnte heutzutage Alarmanlagen knacken und wie h�tte sich denn eine Maus in sein B�ro verlaufen sollen. Na eben. Den Kerzenst�nder fest umklammert stand der Mann im Schlafanzug nun vor dieser T�r, seine linke Hand n�herte sich zaghaft dem goldenen T�rgriff. Mit leicht zusammengekniffenen Augen dr�ckte er ihn hinunter und betrat leise das Zimmer. Er hatte einen maskierten Einbrecher erwartet, der gerade seinen B�rotisch nach wertvollen Gegenst�nden und Dokumenten durchst�bern w�rde. Stattdessen war er ein bisschen �berrascht, aber auch erleichtert, als er das B�ro ruhig im Dunkeln weilen sah. Er betrachtete die sch�nen gro�en K�sten, die er vor einigen Jahren erwerben konnte. Sein Blick wanderte quer durchs Zimmer, doch alles war an seinem �blichen Platz. Keine Spur von einem Eindringen zu sehen, alles wirkte normal. Und auch das Klopfen war mittlerweile verstummt. Vielleicht hatten dem Arzt nur seine Nerven einen Streich gespielt und die Ger�usche waren doch harmloser Natur gewesen. K�nnte im besten Fall echt von der Katze von Mr. Whitmore verursacht worden sein. Sein gro�es Grundst�ck wurde vielleicht gerade in diesen Minuten zum Jagdrevier dieses kleinen Biestes. So gesehen musste er die Richtung, aus der er die Ger�usche vermutet hatte, falsch interpretiert haben. Aber egal! Auf jeden Fall atmete er kr�ftig auf und lie� seine �Waffe� niedersinken. Er war schon wieder dabei die T�r zuzumachen, als ihn etwas stutzig machte. Der B�rosessel war ihm mit der R�ckseite zugewandt, doch der nun mehr als vorher ver�ngstigte Mediziner war sich sicher, ihn nicht in dieser Stellung beim Bettgehen hinterlassen zu haben. Er musste sicher gehen, auch wenn es ihm sehr schwer fiel. Hoch konzentriert und f�r einen eventuellen Frontalangriff gewappnet bet�tigte er den Lichtschalter. Der Raum wurde zugleich hell erleuchtet. Vorsichtig n�herte sich der Mann dem dunkelbraunen Ledersessel und schreckte unerwartet zur�ck. Jemand sa� darin. Und diese Person im Sessel hustete kurz. Dem Arzt verschlug es die Sprache. Er bereute es so �bertrieben mutig und un�berlegt diesen Schritt gewagt zu haben. W�re er einfach abgehauen und h�tte die Polizei gerufen. Jetzt war es jedoch schon zu sp�t. Wie angewurzelt stand der Mann mitten in seinem B�rozimmer, welches aufs Edelste ausgestattet war, und starrte auf seinen B�rosessel. Dann vernahm er folgende Worte aus dieser Richtung: �Guten Abend, Herr Doktor!� ��wer sind sie?� �Ich bin zur�ck!� Ein kalter Schauer lief �ber den R�cken des Arztes. Ihm kam die Stimme sehr bekannt vor, doch konnte er sie noch nicht einwandfrei einordnen. Noch einmal stellte er dem Eindringling die Frage �Wer sind sie?� und im selben Atemzug �Was wollen sie hier?� Da drehte sich der Mann im Sessel um. Beim Anblick des n�chtlichen Besuchs wurde Dr. Steve Conroy schlecht. Nein! Das konnte nicht sein! �Ich bin�s, Doktor Conroy! Was ich will? Ich brauche ihre Hilfe�sie m�ssen mir helfen�� Conroys Blick flackerte umher vor Entsetzen und Unfassbarkeit. Ihm war, als w�rde er einen Geist sehen. Schlie�lich sa� der schon l�ngst f�r tot gegoltene Paul Sylka in seinem B�rosessel und starrte ihn hilflos und erwartungsvoll an. Dem Arzt im Schlafanzug wurde schwindelig und etwas schwarz vor den Augen. Es konnte einfach nicht wahr sein.

 

�Entschuldigung!� �Schon ok!� Payton winkte verst�ndnisvoll ab. Er hatte schon seit geraumer Zeit erfahren, dass Dumont und Diana Hawkins im Revier als Paar gehandelt wurden, und wie er fand, passten sie gut zusammen. Andre hatte sowieso eine Frau gebraucht, die hinter ihm steht. Nun hatte er gleich eine von den ganz tollen Frauen gefunden. Hawkins geh�rte zu den flei�igsten und zuverl�ssigsten Angestellten auf dem Arlingtoner Revier. �Nun sind sie ja da�darf ich fragen, warum sie einen Polizeischutz f�r Diana Hawkins veranlasst haben? Es geht mich ja nichts an, doch auch wenn sie jetzt fix zusammen sind, geh�rt sie ja nicht mehr besch�tzt zu werden als vorher.� �Director, es ist etwas vorgefallen�wie soll ich�s sagen�Diana ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das n�chste Opfer vom Rosenm�rder.� �Was?� Payton zuckte zusammen. Ungl�ubig h�rte er Dumont zu, wie er von Dianas Erlebnissen erz�hlte. Danach starrte er mitgenommen auf den Boden seines B�rozimmers. ��das habe ich nicht gewusst�schrecklich�gute Arbeit wegen dem Polizeischutz�� Es ging immer weiter und nun war sogar eine Mitarbeiterin in gr��ter Gefahr. Wie sollte das alles weitergehen? Und jetzt musste er Dumont auch �ber den Grund seines Anrufes aufkl�ren. �Der Grund, warum ich sie seit einer Stunde erreichen wollte, war folgender: In der Nacht auf heute wurde au�erhalb der Stadt ein Streifenpolizist ermordet. Er hatte von der Autobahnzentrale den Auftrag bekommen, ein verd�chtiges Fahrzeug, welches leer auf der Fahrbahn aufgefunden wurde, zu kontrollieren. Der Polizist hat der Zentrale das Kennzeichen durchgegeben. Au�erdem fand er Fotos von Juliette Sanders im Handschuhfach des Wagens.� �Oh Gott!� Dumont wusste, auf was sein Vorgesetzter anspielen wollte. � Die Zentrale fand heraus, dass das Auto auf einen gewissen Ramon Hernandez angemeldet ist�kommt ihnen dieser Name bekannt vor?� Andre Dumont war fassungslos. Er sp�rte, wie nun alles St�ck f�r St�ck ans Licht kam�es wurde immer umfangreicher, immer geheimnisvoller. � Als der Abschleppwagen, der den Wagen zur Zentrale bringen sollte, an die verabredete Stelle kam, fand der Fahrer keinen blauen Ford, sondern nur das Motorrad des Polizisten vor. Er verst�ndigte seine Vorgesetzten, die den Streifenpolizisten anzurufen versuchten. Der Lenker des Abschleppwagens h�rte sogleich das L�uten des Handys aus dem Waldst�ck neben der Strasse. Als er nachsah, fand er die Leiche des jungen Mannes auf dem Waldboden liegen. Die Todesursache war nach erster Bestandsaufnahme ein exakter Stich ins Herz�Dumont, dieser arme Kerl hatte eine junge Frau und einen kleinen Jungen�warum muss das alles so grausam sein�warum, sagen sie mir das?� Doch der Inspektor konnte es ihm nicht sagen. Er war selber tief betroffen von den letzten Ereignissen. Langsam verlie� er Paytons B�ro und begab sich in sein eigenes, wo er sich fertig auf seinen B�rosessel fallen lie�. Er starrte auf sein Handy, welches auf dem Schreibtisch lag. Ehrlich gesagt hatte er es absichtlich liegenlassen. Als er am letzten Abend das Revier verlassen wollte, beschloss er ohne St�rfaktor zu Diana zu fahren. Das Klingeln des Apparates hatte schon ein paar Mal die knisternde Ruhe zwischen den beiden zerst�rt und nun wollte er ungest�rt mit seiner Kollegin reden. Na ja, aus reden wurde mehr�einiges mehr. Andre genoss in Gedanken noch einmal die vergangenen Stunden voller Leidenschaft, Sinnlichkeit und Liebe. Nur schwer wandte er sich von diesen Gef�hlen ab und schnappte sich das Handy. Er steckte es in die Seitentasche seiner Jacke und verlie� schon wieder das Zimmer. Sein n�chster Termin war bei Dr. Patterson. Schon wieder.

 

Ein brasilianisches Volkslied tr�llernd sperrte Maria dos Santos die Haust�r der gro�en wundersch�nen Villa auf. Drei Mal in der Woche k�mmerte sich die S�damerikanerin um den Haushalt ihres Arbeitgebers. Selbst konnte sie sich gerade eine kleine Wohnung im Stadtinneren leisten und so den gut bezahlten Lohn gut gebrauchen. Jede ihrer Schichten dauert sechseinhalb Stunden, jeweils von 8:30 -15:00. Wegen ihrer Zuverl�ssigkeit und ihres netten und ehrlichen Auftretens war der Besitzer des Hauses sehr zufrieden mit ihr. Er m�chte sie sogar f�r die ganze Woche arbeiten lassen, nat�rlich zu einer gewaltigen Aufstockung ihres Gehaltes. Ab Juni soll es damit losgehen und Maria war sehr stolz darauf. Endlich hatte sie eine Arbeit gefunden, die sie voll ausf�llte. Da war es ihr auch egal, dass der Doktor ein bisschen ein komischer Kauz war. Ansonsten war er sehr zuvorkommend und hilfsbereit, wenn die Frau etwas brauchte. Die 38j�hrige Brasilianerin durchquerte die Villa, holte sich das Putzzeug aus der Abstellkammer und fing mit der Arbeit an. Ihr Arbeitgeber war meistens schon aus dem Haus, wenn sie kam, doch zu Mittag sah er so gut wie immer kurz vorbei um eine Kleinigkeit zu essen. So saugte sie ein Zimmer nach dem anderen durch und wollte sich gerade das letzte im Erdgeschoss vornehmen. Es war das wundervoll gestaltete B�rozimmer von Dr. Conroy. Pfeifend �ffnete sie die T�r und zog den Staubsauger nach. Als sie sich dem Schreibtisch zuwandte, fing sie laut an zu schreien. Ihr sonst ziemlich braunes Gesicht wurde ungew�hnlich blass. Dann lief die Frau schockiert und hysterisch aus der Villa. Der Grund ihres Verhaltens lag schlaff und leblos auf dem B�rosessel. Der Arbeitsgeber von Maria dos Santos war tot. Sein K�rper war �bers�t von Dutzenden tiefen Einstichen. Ein spitzes Messer hatte sich in sein rechtes Auge gebohrt, weiters wurden Arme, Beine und Genitalien getroffen. Sein fr�her hellblauer Seidenpyjama hatte sich inzwischen dunkelrot gef�rbt. Auch der ganze Schreibtisch und der Sessel waren �berdeckt von roten Flecken. So, wie der Mann dalag, sah er aus wie ein frisch abgestochenes Schwein. Egal, wer diesen Mann umgebracht hatte, er musste einen wahnsinnigen Hass auf Dr. Conroy gehabt haben. Einen unbeschreiblichen Hass.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.ENTSCHEIDUNGEN

 

 

R�ckblende; DONNERSTAG, 24. Mai 2001 - gegen 2:30 morgens

 

Blut, �berall Blut. Der schwarze Trenchcoat des Besuchers, besonders an den Seitentaschen, war �bers�t von dunklen Flecken. Der Arzt vermutete das Schlimmste. Und er ahnte, dass es nicht Sylkas eigenes Blut sein konnte. Sylka� Wie konnte es sein, dass ein vermeintlich toter Mann �u�erst lebendig auf seinem B�rosessel sa� und ihn eindringend und unentwegt anstarrte? Steve Conroy konnte keinen reinen Gedanken fassen. Warum bist du nicht einfach abgehauen, als du noch Gelegenheit dazu gehabt hast? Eine Riesenwut auf sich selbst brodelte in ihm. Es w�re keine Schande gewesen, das Weite zu suchen. Wenn er diese Situation so durchdachte, h�tte es keine bessere L�sung gegeben. Doch nun stand er da, starrte auf seinen ungeladenen Gast zur�ck und schluckte. Was wollte Sylka hier? Bei was sollte er ihm helfen? Zugegeben, ganz bei Sinnen und in guten Zustand sah sein ehemaliger Patient nicht aus, aber das war schon ein normales Erscheinungsbild bei seinen Sitzungen gewesen. Auf die langj�hrigen Gespr�chstherapien zur�ckdenkend musste sich der Psychiater eines eingestehen: er hatte sich neben Paul Sylka nie wohl gef�hlt. Bei jedem Termin hatte sich eine unheimliche Atmosph�re im Therapiezimmer gebildet, dieser Mann hatte so etwas� man konnte es kaum beschreiben. Nur so viel stand f�r Conroy fest: als er vor einem knappen halben Jahr erfahren hat, dass Sylka bei einem Brand ums Leben gekommen sei, war er anfangs zwar erschrocken, doch in seinem Unterbewusstsein teils erleichtert keine Sitzung mehr mit ihm abhalten zu m�ssen. Einerseits war er immer stark fasziniert vom Patienten Paul Sylka gewesen, da er immer so etwas Geheimnisvolles, Tiefgr�ndiges ausstrahlte, doch mit ihm allein in einem Raum zu sein, kostete sogar f�r einen abgeh�rteten Arzt wie Conroy immer eine gewisse �berwindung. Er hatte schon so viele Patienten behandelt, doch kaum einer war ihm so im Ged�chtnis geblieben wie ER. Wie Paul Sylka. Es hatte zwar Personen betreut, die einiges anstrengender und nervenaufreibender als ER sein konnten, doch bei keinem war Conroy einerseits so ungl�cklich und froh zugleich eine Sitzung abzuschlie�en wie mit ihm. Steve h�tte gerne mehr von Sylkas Gedanken erfahren wollen, doch oft musste er sich mit einer kein W�rtchen sagenden Gestalt konfrontiert sehen. Und auch wenn die Verlockung die geheime Seite des Paul Sylka entdecken zu k�nnen sehr gro� gewesen war, so konnte er keinen l�ngeren Zeitraum mit ihm in einem Zimmer verbringen. Dieser Sylka hatte so etwas Erdr�ckendes. Neben ihm f�hlte man sich immer unsicher, zweifelte am Guten im Menschen. Zwar war sich Dr. Steve Conroy sicher, dass dieser Mann in seinem schwarzen Trenchcoat auch einen weichen Kern hatte, doch der war anscheinend schon so sehr zugewachsen um noch irgendetwas davon zu offenbaren. Und das machte den Arzt wahnsinnig. Ruhig, Steve, ruhig! Du musst dich wieder in den Griff bekommen, klar nachdenken. Es musste schon seinen guten Grund haben, warum Sylka um zwei Uhr nachts in seine Villa eingebrochen ist und nun Hilfe erwartete. Doch gerade das machte Conroy Angst. Er wollte es gar nicht wissen. Mit Angstperlen auf seiner Stirn blickte er ein weiteres Mal auf die verd�chtigen und viel sagenden Flecken. Ihm wurde dabei wieder kurz schwarz vor den Augen. Er hielt es nicht mehr l�nger aus. �Was wollen Sie hier? Wobei soll ich ihnen helfen, Paul? Wobei?� Conroy erschreckte die Tatsache, dass seine Stimme so extrem schrill und verzweifelt klang. Der Versuch so ruhig wie m�glich zu bleiben, war ziemlich misslungen. Der �berraschungsgast blickte den Arzt an, als ob der in einer fremden und unverst�ndlichen Sprache gesprochen h�tte. Langsam glitt sein Blick abw�rts. �Dr. Conroy, was ist denn mit ihnen los?� Und dann erst wurde es Conroy bewusst, sp�rte erstmals wirklich die klebrige warme Fl�ssigkeit an seinem linken Bein. Er richtete seine Augen unglaubw�rdig auf die besagte Stelle und musste schockiert mit ansehen, wie sein Urin am unteren Ende des Hosenbeins herauslief und den Pantoffel an seinen Fu� klitschnass werden lie�. Die Seidenhose klebte ungem�tlich an seinem Bein. Oh Gott! Er hatte sich vor Angst in die Hose gemacht. Der Arzt war fassungslos. Am liebsten h�tte er auf der Stelle zu Heulen begonnen.

Tr�nen der Scham sammelten sich in seinen Augen. Nein, Steve, bleib stark! Sei ein Mann und blicke entschlossen zu deinem Gast! Noch einmal nahm sich der Arzt zusammen und �berlegte sich, wie er weiter vorgehen sollte. �Nichts, Paul, nichts. Das ist nur ein kleines Missgeschick. Die Frage ist: Was ist denn mit IHNEN los? Sagen Sie mir nun endlich, was ich f�r sie tun kann und was so wichtig ist, um mich mitten in der Nacht aus dem Bett zu rei�en. Paul, was ist passiert?� Conroy war stolz auf sich. W�hrend den letzten S�tzen klang er schon wieder etwas mutiger, st�rker. Vermutlich war es wirklich die beste Idee gewesen, Sylka mit harten Gegenfragen zu konfrontieren. Er wirkte tats�chlich etwas �berrascht, doch war er so entschlossen, seine Mission weiterzuf�hren, sodass er keine Schw�chen, auch wenn es nur kleine und bedeutungslose waren, zeigen durfte. �Was passiert ist�? Ich bin weiter auf der Suche nach meiner Rose�und da brauche ich keinen von meinen Schei� Anf�llen�Verdammt!� Steve Conroy�s K�rper zuckte bei Sylkas hysterischer und v�llig irrer Stimme zusammen. Und da klickte es beim Psychiater. Rose�Blut�Sylka�der Anruf vor ein paar Tagen�oh mein Gott! Dieser Inspektor von der Polizei hatte recht gehabt! Das hie�, Paul Sylka war der Rosenm�rder�nein, nein, nein! Mit einem klirrenden Ger�usch schlug der Kerzenst�nder auf dem Teppichboden auf und rollte zur Seite. Conroy konnte es nicht fassen. �Warum, Paul, warum?� Die Stimme des Arztes klang jetzt leiser und piepsender denn je. Fassungslos blickte er den Eindringling an. Er hatte Sylka zwar einiges zugetraut, aber ein Serienm�rder zu sein�niemals! Langsam ging der Arzt auf ihn zu, der von seinem eigenen Urin feuchte Pantoffel gab dabei ein unangenehmes klatschendes Ger�usch von sich. Conroy versuchte so gefasst wie m�glich zu wirken. Paul Sylka wusste, welchen Verdacht der Arzt nun gehegt hatte. Er sah die Furcht in seinen Augen. Gerade musste er sich sicher vorstellen, wie die M�dchen gelitten haben m�ssen, als er sich an ihnen vergangen hat. Wie die Angst immer gr��er wurde, als er mit dem Jagdmesser tief in ihre Herzen gestochen und dann einfach so sterben gelassen hat. Jetzt war sich Sylka nicht mehr so sicher, ob ihm dieser Mann noch einmal helfen konnte. Doch er musste es versuchen. Nur mit klaren Gedanken lie� sich sein Weg weiter gehen.

Knapp einen halben Meter von Sylka entfernt blieb der Arzt stehen. Es bildete sich leichter Angstschwei� auf der schon etwas kahlen Stirn des Psychiaters. Jede Sekunde, in der er den Mann ihm gegen�ber anschauen musste, war eine Sekunde zuviel. Am liebsten h�tte er sich von ihm weggedreht, doch war seine Angst nun schon so gro�, sodass er sich nicht traute den Blick von diesem unberechenbaren Menschen zu wenden. Die Augenlider des Arztes zitterten, das Keuchen aus seinem Mund wirkte unregelm��ig und seine Statur war leicht geb�ckt, wie um Gnade bettelnd. Jeder Versuch, stark zu wirken, war zum Scheitern verurteilt gewesen. Bei anderen Klienten in seiner Praxis w�re so etwas nie passiert, auch wenn er es auch einmal mit M�rdern zu tun gehabt hat, doch da war er an seinem Arbeitsplatz, wo Dutzende von Kollegen in der N�he w�ren und ihm helfen k�nnten, wenn w�hrend den Sitzungen die Lage eskalieren w�rde. Doch jetzt war er nicht in seiner Praxis, sondern bei ihm zu Hause. Es war kein Tag voller Sonnenschein, sondern tiefschwarze Nacht. Er war allein mit einem kaltbl�tigen M�rder und auch wenn er es versucht hatte, mit dieser Tatsache umzugehen, Dr. Steve Conroy hat es nicht geschafft. Er fand es sehr erschreckend, wie jeder Versuch, nachdem er Zuversicht und Kontrolle gegeben hat, gleich wieder an der b�sartigen Ausstrahlung dieses Paul Sylkas abprahlte. Der Arzt wusste, heute w�rde er ihm nicht helfen k�nnen. In dieser Nacht konnte er sich nicht einmal selbst noch helfen. Er wusste nicht, wie es weitergehen sollte. W�re ich nur abgehauen. Wieder und wieder pochte dieser Gedanke in seinem Kopf. Weil ich unbedingt den ruhigen und kontrollierten Psychiater raush�ngen lassen wollte. Und da merkte er, wie verletzlich die menschliche Psyche wirklich ist und das man noch so viel Erfahrung in einer Sache haben kann und trotzdem immer wieder mit etwas konfrontiert wird, mit dem man nicht gefasst ist. Der Mensch kann schlecht mit solchen Wendungen umgehen. Weder er verf�llt in Panik und Hektik oder spielt die Angelegenheit runter und tut so, als ob alles nicht so dramatisch w�re als man denkt. Beide Varianten brachten meist folgendes Ergebnis: man scheiterte. Man konnte solche Situationen nur meistern, wenn man die Lage gefasst analysierte und die weitere Vorgehensweise genau �berlegt. Auch Dr. Conroy hatte diese Taktik vorgehabt, als er die Treppen herunter geschlichen war. Das Problem bestand darin, dass man kaum Zeit genug hat die Sache abzusch�tzen, man einfach spontan entscheiden musste. Hopp oder Trop! So war das Leben. Es hielt f�r alle so viele �berraschungen bereit, gute wie schlechte. Auf manche w�rde man liebend gerne verzichten, andere daf�r nicht missen. Was den heutigen Tag betraf, w�rde Conroy ersteres w�hlen. Als er vor seiner B�rot�r gestanden hatte mit seinem Kerzenst�nder in der Hand war er auf alles gefasst gewesen: auf einen Einbrecher�oder die Nachbarskatze. Doch auf eines war er einfach nicht gefasst gewesen: auf Paul Sylka. So wie er nie auf ihn gefasst gewesen war. Er hatte zwei M�glichkeiten gehabt. Weder er stellte sich der Gefahr oder er rennt davor davon. Conroy hatte die falsche Entscheidung gef�llt. Der Arzt war im Haus geblieben. Warum? Warum nur bin ich so bl�d gewesen? Schuldgef�hle fra�en sich immer tiefe in seine Seele rein. Nein, er hielt es nicht mehr aus. �I-i-i-ich m-m-muss schnell a-a-auf d-die T-Toilette�� Wie ferngesteuert wandte sich der Psychiater von seinem Gast ab und ging aus dem Zimmer und verschwand am dunklen Gang. Sich nach rechts wendend wollte er gerade weitergehen, als der Mann im schwarzen Trenchcoat ihm etwas hinterher rief: �Die Toilette ist links, Doc, wenn sie�s schon vergessen haben. Rechts geht es nur zur Haust�r�� Dr. Conroy verharrte mitten im Schritt. Zitternd brachte er nur ein �Ja, danke�� heraus, drehte um und nahm die andere Richtung. Sylka blickte ihm verwundert nach, blieb aber an seinem Platz. Angestrengt spitzte er seine Ohren und lauschte.

 

Schnell, Steve, schnell! Mit unsicheren Schritten wankte der Mann �ber die teuren Teppiche hin�ber zur Toilette. Geschwind schloss er hinter sich die T�r und sank zu Boden. So ein Mist! Er hat sich im Haus umgesehen, kannte vermutlich alle R�ume. Seinen Versuch, seine Villa doch verlassen zu k�nnen, hat er leichtfertig vernichtet. Klar, Conroy h�tte gleich am Gang zu Laufen beginnen k�nnen, doch seine Beine f�hlten sich so schwer an, dass er kaum die Kraft gehabt h�tte, diesen Schritt zu wagen. Psychisch und physisch war er Sylka momentan unterlegen, so irr das sich anh�ren mochte. Sicher war er mir gefolgt und wartete schon vor der T�r auf mich. Conroys Blick fiel auf das kleine Fenster im Zimmer, durch das ein bisschen das Mondlicht schien. Er blieb in der Dunkelheit sitzen und kam zu dem Entschluss, nicht mehr zu Sylka zur�ck zu gehen. Ohne aufzustehen schlich er zum Fenster hin�ber, stellte sich auf die Zehenspitzen und �ffnete es so leise es ging. Trotzdem gab der Rahmen beim �ffnen ein Knarren von sich. Psst! Mist! Wenn ER vor der T�r stand, hatte er das sicher geh�rt. Obwohl das Fenster ziemlich klein war, versuchte Conroy trotzdem hindurchzuklettern. Doch er brauchte etwas zum Hinaufstellen. Leider war in diesem Raum nichts au�er einer Toilette und einem Waschbecken. Und aus ein paar Rollen Toilettenpapier lie� sich leider Gottes auch kein brauchbarer Untersatz basteln. Vielleicht konnte er trotzdem rausklettern. Der Arzt zog seine Pantoffeln aus und fing an barfuss auf dem kalten Fliesenboden zu h�pfen. Er versuchte sich beim Rahmen festzuhalten und sich dann hinaufzuziehen. Mit aller Kraft probierte er seinen K�rper in die H�he zu stemmen, doch fiel zwei Mal unsanft zu Boden. Beim zweiten Mal kam er so ungl�cklich auf den Fliesen auf, dass er unter seinem Gewicht umknickte und sich dabei den rechten Kn�chel verletzte. Mit schmerzverzerrten Gesicht stand er auf und hinkte herum, den ersten Schmerz abklingen lassend, bis er einen weiteren Versuch wagen w�rde. Da er unter gro�em Zeitdruck war, hielt er nicht lange aus und sprang erneut in die H�he. Dieses Mal krallte er sich f�rmlich an der �ffnung fest. So hing er knapp zwanzig Zentimeter in der Luft, ein k�hler Wind f�llte den Raum. Die Augen vor Schmerz und Anstrengung fest zusammengedr�ckt machte sich Steve Conroy bereit. Noch einmal nahm er alle Kr�fte zusammen und schaffte es tats�chlich sich �ber den Rahmen zu ziehen. Nun war er mit dem Oberk�rper schon ganz im Freien. So schnell er konnte, sch�tzte der Arzt die H�he ab. Nur knapp zwei Meter trennten ihn und die Wiese voneinander. Mit einem letzten Stoss lie� er sich ins weiche Gras hinausfallen. Mit einem dumpfen Ger�usch prallte er auf dem Boden auf. Leicht benommen realisierte er, dass er es tats�chlich geschafft hatte. Er war get�rmt. Erleichterung machte sich bei Conroy breit. Nach einer kurzen Verschnaufpause rappelte sich der Arzt auf und stellte erst jetzt richtig fest, wie schwerwiegend seine Verletzung sein musste. Sein Kn�chel war bereits dick angeschwollen und jedes festes Auftreten tat h�llisch weh. Steve, gleich hast du es geschafft! Nur noch knappe f�nfzig Meter bis zum Nachbarhaus. Obwohl er die alten Whitmores und ihre Katze nie besonders leiden konnte, war er nie gl�cklicher dar�ber, sie in der sonst einsamen Nachbarschaft zu haben. Benjamin Whitmore war ein alter Veteran und immer, wenn er den Arzt kurz antraf, dann h�rte dieser haarstr�ubende Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg. Der 86-j�hrige Pensionist hatte au�er seiner neun Jahre j�ngeren Ehefrau keinen anderen zu quatschen und so n�tzte er jede Gelegenheit aus, jemanden seine unvergesslichen Erlebnisse an der Front zu erz�hlen. Ansonsten w�rde er nur vor sich her sinnieren und die in seinen Glatzkopf eingebrannten Bilder selber verarbeiten m�ssen. Die Frau, Marie Sophie Whitmore, hatte Conroy schon l�nger nicht mehr gesehen. Meistens sa� sie vor dem Fernseher und lie� sich von sinnlosen Werbesendungen und �hnlichem berieseln. Die Erlebnisse ihres Mannes w�hrend des Krieges hat sie sich schon so oft anh�ren m�ssen, sodass sie sie kaum mehr h�ren konnte. Oft ignorierte sie einfach Benjamin, der daraufhin meistens trotzig das Zimmer Richtung Vorgarten verlie�, nach anderen �Opfern� Ausschau haltend. Oft lag dann �Willie�, der alte Kater, faul neben ihm und lie� sich von ihm kraulen. Obwohl er nicht gerade wenig auf die Waage brachte, war er unwahrscheinlich flink, wenn er etwas zum Fressen wahrnahm, egal ob es eine Dose Katzenfutter oder eine kleine schmackhafte Maus war. Dr. Steve Conroy fand dieses Verhalten echt faszinierend und musste oft schmunzeln, wenn er den sonst oft ziemlich beh�bigen Kater pl�tzlich wie von einer Tarantel gestochen ins Haus flitzen sah, wenn Frauchen wieder einmal etwas Leckeres in den Teller gegeben hatte. Ja, Mrs. Whitmore war scheinbar nur noch zu ihrem Haustier so etwas wie nett, zwischen ihr und Benjamin flogen oft die Fetzen, nicht nur wegen seinen nervenden Geschichten. Er tat dem Arzt sowieso leid, da er mit Marie Sophie keine gute Wahl getroffen hatte. Sie konnte noch um einiges nervender sein als alle von seinen Erz�hlungen zusammen, aber Conroy konnte auf beides getrost verzichten. Er war in all den Jahren ihnen so gut es ging ausgewichen, und das hat er f�r die richtige Entscheidung gehalten. Aber nun, nur dieses eine Mal, sollten sie ihm helfen, mussten ihn in ihr Haus lassen.Langsam humpelte der Mann durchs Gr�n, leise vor sich fluchend. Doch er hatte seinen �berlebensgeist wieder aktiviert. Er wusste, wenn er bei Paul Sylka geblieben w�re, h�tte er den Sonnenaufgang wohl nicht mehr erlebt. Steve Conroy w�rde ihn auch nicht mehr erleben. Doch das konnte der arme Mann nicht wissen. Tapfer nahm er den Weg hin�ber zum Grundst�ck der Whitmores in Angriff. Bei jedem Schritt zuckten seine F��e unter den Schmerzen zusammen. Er musste es schaffen. Doch seine letzte Hoffnung verschwand sogleich und wechselte in blankes Entsetzen hin�ber. Knapp hinter ihm ert�nte eine gereizte Stimme. �Doktor, Doktor. Was soll denn das? Einfach von ihrer Arbeit abhauen�� Paul Sylka musste keinen Meter von ihm entfernt stehen. Mit seiner Kn�chelverletzung, da war sich der Arzt sicher, konnte er nie entkommen. Er hatte es gewusst. Es w�re auch zuviel verlangt gewesen, dass er, Steve Conroy, ohne Probleme fliehen konnte. Egal, wie es Sylka bemerkt hatte, es war nun sowieso alles vorbei. Mit einem letzten Aufb�umen versuchte Conroy schneller vorw�rts zu humpeln, irgendwie doch das rettende Ufer erreichen zu k�nnen. Aber der Haifisch in Gestalt des Serienm�rders war dicht hinter ihm. Er konnte seinen kalten Atem auf seinem Nacken sp�ren. Ja, keine zwanzig Meter mehr. Der Arzt musste die Z�hne bei jeder Bewegung fest zusammenbei�en, an ein gutes Ende dieser Nacht glauben. Ein harter Tritt gegen die wunde Stelle lie� ihn laut aufschreien. Conroy fiel ins Gras und hielt sich seinen Kn�chel. Schei�e! Du verdammter Mistkerl! Sylka beugte sich �ber den Arzt, nahm seine Arme und zog in zur�ck zum Haus. Vor Angst unf�hig um Hilfe zu schreien, musste Conroy mit ansehen, wie der Abstand zum Grundst�ck der Whitmores immer gr��er wurde.�Lassen Sie mich los. Paul! Ich kann und will Ihnen nicht helfen. Tut mir leid! Bitte lassen Sie mich in Ruhe! Bitte��Doch Sylka lie� sich von seiner flehenden Stimme nicht beirren und packte ihn stattdessen fest um die Taille. �Stehen Sie gef�lligst auf und kommen zur�ck ins Haus. Sie helfen mir�.ja, sie werden mir helfen. Weil sonst�� Der Mann im schwarzen Trenchcoat dr�ngte den verletzten Mann zur Haust�r hinein und schloss hinter ihnen fest die T�r. �So, zur�ck an die Arbeit, Doktor!� Grob stie� er Conroy zur�ck ins B�rozimmer und lie� ihn in den B�rosessel fallen. Mit einem tiefen Grunzen jammerte der Arzt vor sich hin. Er war so weit gekommen und doch so brutal gescheitert! Der Kn�chel pochte und pochte. Er hielt die Schmerzen nicht mehr aus, doch noch mehr nagte die Todesangst an ihm. So w�tend hatte er Sylka in den ganzen Jahren noch nie erlebt. �So, helfen Sie mir gef�lligst, diese schei� Anf�lle in den Griff zu bekommen, Dr. Conroy!� �I-i-ich k-kann n-nicht, Paul!� Verzweifelt lie� er seinen Blick vom Mann mit dem schwarzen Trenchcoat sinken und starrte stattdessen zu Boden. Er sch�mte sich f�r sein Verhalten, doch konnte er nichts mehr dagegen machen. Die Panik hat die Oberhand �ber ihn gewonnen, nun war alles zu sp�t. Er hatte seine Chance nicht n�tzen k�nnen. Jetzt war auch das Hintert�rchen, durch das er sich noch retten k�nnen h�tte, fest verschlossen. Game over! Conroy, du hast verloren! �Was hei�t das, Sie k�nnen mir nicht helfen�wenn ich sage, Sie helfen mir, dann tun Sie�s gef�lligst! Verstanden?� Sylkas Gesicht f�rbte sich dunkelrot vor Wut, seine Stimme wurde immer schriller und w�tender. Das war zuviel f�r Conroy. Die Tr�nen kamen �ber ihn und zwangen ihn zum Heulen. Er hatte es versucht zu unterdr�cken, doch in so einer aussichtslosen Lage war es dem Arzt schon egal. Nun lie� er seinen �ngsten freien Lauf. Es war ihm nichts mehr peinlich. Das waren seine momentanen Gef�hle, so beschissen sie auch waren. �H�ren Sie verdammt auf damit!� Sylka war erz�rnt �ber diesen Gef�hlsausbruch. �Sie helfen mir jetzt, oder�� ��o-oder w-w-was�� Conroy selbst war am meisten �ber diese kecke Antwort von ihm �berrascht. Und gleichzeitig wusste er, dass er damit endg�ltig sein Todesurteil eingel�utet hat. Was dann geschah, ging so schnell, dass Dr. Steve Conroy es �berhaupt richtig mitbekam. Das Letzte, was er richtig sp�rte, war das Jagdmesser, welches Sylka ihm voller rasender Wut ins Herz bohrte. Dann herrschte nur noch Dunkelheit und Stille.

 

kurz vor 8:45

 

�Und es gibt wirklich keinen Zweifel?� Inspektor Dumont schaute den Gerichtsmediziner hoffnungsvoll an. Mit gro�er Wahrscheinlichkeit war sein Verdacht richtig gewesen. Kein Wunder, dass sie Ramon Hernandez bisher nicht auffinden konnten. �Nein, kein Zweifel. Ein Goldzahn verriet endg�ltig die Identit�t des Mannes. Mr. Dumont, Kompliment. Gut kombiniert. Aber trotzdem h�tte ich eine Frage�wie kam Ramon Hernandez� Leiche in Paul Sylkas Grab?� �ja, �ber diese Frage zermartere ich mir schon die letzten Minuten den Kopf. Doch dieses Wie scheint momentan sowieso zweitrangig. Wir k�nnen jetzt mit gro�er Sicherheit davon ausgehen, dass dieser Sylka doch noch lebt und er f�r die Morde verantwortlich war. Und das hei�t, wir k�nnen jetzt eine richtige Fahndung einleiten. Das Problem ist nur, dass wir noch immer nicht genau wissen, wie dieser Mistkerl aussieht. Kein Foto von ihm aufzutreiben, kein Computer der Polizei beinhaltet eine Aufnahme, obwohl es mehrere davon geben sollte. Aber wir sind wenigstens schon ein St�ckchen weiter�� �Haben Sie schon bei den Arbeitsstellen von Sylka nachgefragt. Vielleicht konnte es dieser Typ irgendwie schaffen, alle Fotos auf den Festplatten zu entfernen, doch es k�nnte ja sein, dass noch irgendwo ein Bild von ihm umherliegt.� Dr. Patterson sah den Ermittler hilfsbereit an. Ihm selber ging dieser Fall ziemlich nahe. Obwohl er doch schon einige Leichen untersuchen m�ssen hat, war er noch nie mit einer solchen Kaltbl�tigkeit wie in diesen Mordf�llen konfrontiert worden. Irgendwie hoffte er, dass sein Ratschlag Dumont helfen w�rde. Und er sollte es schlie�lich auch. �Eine gute Idee, Doktor. Werde sofort Warwick damit beauftragen. Wenn wir Gl�ck haben, k�nnen wir wirklich bald ein echtes Fahndungsfoto vorweisen k�nnen. Mit seinem Handy verlie� er kurz den Untersuchungsraum und kam kurz darauf wieder herein. �So, jetzt zeigen Sie mir die Leiche des Polizisten�� �Sicher, kommen Sie!�

 

Was kann ich nur tun? Einfach herumsitzen hilft auch nicht. Diana Hawkins lie� ihren Blick Richtung Wohnzimmercouch schweifen, auf dem ein Polizist Platz genommen hatte und gerade frischen Orangensaft trank. Vor der Wohnungst�r war ein zweiter in Wachposition. Und auch wenn sie jetzt nicht mehr alleine war, f�hlte sich Diana trotzdem nicht richtig wohl. Sie wollte nicht einfach warten, was sich entwickeln w�rde. Unruhig lief sie zwischen den R�umen auf und ab. Wegen ihrer Nervosit�t waren schon alle ihre Fingern�gel angekaut worden. Sie hielt es nicht aus, so tatenlos herumzuschleichen. Denk� nach, Diana, denk� nach! Was k�nnte sie zur schnellen Ermittlung mithelfen? Und dann schoss es ihr ein. Warum war sie denn nicht schon viel fr�her darauf gekommen? Voller neuer Hoffnung suchte sie schnell ihr Handy. Es gab etwas Wichtiges zu tun.

 

Andre Dumont musste tief durchatmen, nachdem er den toten K�rper von Peter Jenkins mit allen Einzelheiten erkl�rt bekommen hat. Dieser Kerl musste einen echt gr�sslichen Todeskampf gef�hrt haben. Wenigstens hatte es Warwick in Rekordzeit geschafft, mit �CHEVROLET TEXAS�, der letzten Arbeitsstelle von Sylka, Kontakt aufzunehmen und tats�chlich ein Foto von ihm auftreiben k�nnen. Es gab zwar kein Einzelbild von ihm mehr, obwohl der Leiter der Firma geglaubt hat, auch solche Exemplare zu besitzen, doch auf einem Gruppenfoto der Angestellten ist er gut zu erkennen. Der Mann lie� die Aufnahme gerade ins Revier faxen. Endlich ein echter Fortschritt. Nun konnte die Fahndung endlich erfolgen. Leider wusste er trotzdem noch immer nicht, wo sie zu suchen beginnen sollten. Nur eines war ihm klar: es musste schnell voran gehen. Diana war in h�chster Gefahr. Mit einem festen Handschlag verabschiedete er sich von Dr. Patterson und wanderte den k�hlen Gang hinunter Richtung Ausgang. Als er das Geb�ude verlie�, blendete ihn die aufgehende Sommersonne. Es w�rde ein verdammt warmer Tag werden. Der Inspektor setzte sich in sein Auto und wollte gerade das Fahrzeug in Gang bringen, als sein Handy zu piepsen begann. Ein Blick auf dem Display entnahm er, dass es Diana war. Irgendetwas wollte sie ihm dringend mitteilen.

 

�So, dann gehen wir�s an!� Mit den wie �blich flinken Fingerbewegungen wurde auf der Tastatur herumgeschlagen. Andre konnte ihren Befehlen gar nicht folgen, so schnell und pr�zise gab sie Diana Hawkins in den Polizeicomputer ein. Einer der Beamten, die sie besch�tzten, fuhr sie zum Revier, wo sie dann mit Andre zusammentraf. Sie hatte in den ganzen Momenten der Angst und den Gef�hlsschwankungen total auf das Wesentliche vergessen, n�mlich das der M�rder zwar ein angst einfl�ssendes Mail geschickt hat, doch trotzdem einen Fehler begangen hat. Nun lie� sich herausfinden, von wo er die Nachricht gesendet hat. Die erste Kontrolle gab Diana echte Hoffnung, bald diesen Sylka fassen zu k�nnen. N�mlich die IP - Adresse dieses Mails war eine ganz andere als bei den Mails, die Susan Thompson von ihm bekommen hatte. Das hie�, dass dieser Brief nicht vom �Cool Spirit� aus geschrieben worden war. Dieses Mal war es eine Privatadresse. Scheinbar hatte dieser Schweinehund das erste Mal einen groben Fehler begangen. Nun hatten die Ermittler eine wirklich gro�e Chance, den T�ter zu schnappen. �Okay, das Mail ist von einem Computer mit einem 56k-Modem gesendet worden. Das kann ich an der Nummer erkennen. Au�erdem befindet sich dieser Server wieder in Arlington selbst. Nun checke ich seine E-Mail-Adresse. Schlie�lich musste er beim Anmelden Name und Adresse angeben. Auch wenn ich glaube, dass er nicht die echten Daten verraten hat. Trotzdem machte sich Diana weiter an die Arbeit und konnte schon wenige Minuten sp�ter das Ergebnis vorweisen. �Also, Andre, seine gemeldete Adresse lautet: Brownwood Hills 56. Au�erdem hat er sich unter dem Namen �Ramon Hernandez� registriert. Ein echt gerissener Kerl!� �Danke, Diana!� Dumont gab seiner Freundin einen sanften Kuss auf ihre Lippen. Er strich ihr verliebt durch ihr Haar und verlie� dann ihr B�ro auf dem Weg zu Direktor Payton. Jetzt w�rde der gro�e Gegenangriff gestartet werden. Doch Andre sollte gleich wieder mit einem aktuellen Ereignis konfrontiert werden. Gerade war Payton �ber den Tod von Dr. Steve Gerome Conroy informiert worden.

 

Wie konnte es nur soweit kommen? Wie? Der Mann im schwarzen Trenchcoat rannte verwirrt durch seine Behausung, konnte die fr�hsten Erlebnisse einfach nicht aus seinem Kopf verdr�ngen. Mit Conroy hat er den wohl einzigen Menschen, der ihn unterst�tzen k�nnen h�tte, umgebracht. Nein, er h�tte mir nicht geholfen, er konnte es nicht, das hat er selber gesagt. Darum ist es allein seine Schuld! Er wollte es so haben! Bildfetzen rasten durch seinen Kopf. Wie er erst zum Einstechen aufgeh�rt hat, als der Schlafanzug des Arztes schon so rot war, sodass man die eigentliche Farbe nicht mehr erkennen konnte. Wie er wieder hysterisch zu lachen begonnen hat. Wie er den blutigen K�rper des Psychiaters einfach im B�rosessel liegen lie� und mit seinem Wagen das Weite gesucht hat. H�tte er ihm einfach seine Bitte erf�llt, alles w�re gut geworden, doch nun war es sowieso schon egal. Sylka musste stark sein, es hing viel davon ab. Verdammt viel stand auf dem Spiel, Diana wartete sicher schon darauf zu seiner Rose zu werden. Er musste die n�chsten Schritte nun konsequenter und vorsichtiger angehen. Nur so konnte er sie bald in seine Arme schlie�en. Nun was seine gelegentlichen Anf�lle anging: er musste sie unterdr�cken, solange, bis er mit seiner Mission erfolgreich war. Wenn ihm schon keiner helfen wollte, dann musste er sich halt wieder selbst helfen. Wie schon immer in seinem so beschissenen Leben. Dr. Conroy zur�cklassend, wandte sich Paul Sylka wieder anderen Gedanken zu, wichtigeren Dingen. Er war sich sicher, dass die clevere Polizistin schon herausgefunden hatte, von wo er ihr das Mail geschickt hatte. So konnte es nur noch wenige Stunden dauern, bis eine Spezialeinheit die Zimmer rund um ihn st�rmen w�rden. Doch es war sowieso schon alles f�r einen Ortswechsel vorbereitet. Auf der anderen Seite der Stadt hat er schon ein neues gem�tliches Pl�tzchen ausgemacht, in dem er weiter seinen Interessen nachgehen konnte. Jetzt ging es nur noch darum alles f�r den heutigen Tag vorzubereiten. An diesem sch�nen Donnerstag k�nnte er endlich Diana beehren und dann w�rde sie ihm endlich geh�ren. Aber vor dem Vergn�gen musste er noch etwas Wichtiges erledigen. Mit einem nichts Gutes verhei�endem Grinsen wandte sich Sylka einem gro�en Karton zu, dessen Inhalt er zufrieden begutachtete. Heute w�rde ein verdammt hei�er Tag werden, da war er sich sicher.

 

�Das ist Paul Sylka! So sieht der Mistkerl aus, mit dem wir es hier zu tun haben!� Director Edward Payton reichte Andre das Fax, welches er wenige Minuten zuvor bekommen hatte. Als Briefkopf stand in geschwungenen Lettern der Name der Firma, �Chevrolet Texas�. Darunter war ein gro�es Gruppenfoto von mehr als vierzig Arbeitern zu sehen. Mit einem roten Stift hatte der Firmenleiter die Person eingekreist, welche die Polizei vorwiegend interessierte. Paul Sylka stand in der dritten Reihe, hatte geschickt versucht, sein Gesicht so gut es ging, hinter seinem Vordermann verstecken zu k�nnen, doch dieses Unterfangen war ihm mehr oder weniger missgl�ckt. Der gesamte Kopf war gut zu erkennen. Das bist du also! Du verdammte Schweinehund! Dumont sp�rte einen gro�en Ekel vor der markierten Gestalt auf der Aufnahme. Paul Sylka war ein wirklich unattraktiver Typ, hatte eine halbe Glatze und ein extrem blasses Gesicht. Starke Augenringe machten sein Aussehen noch unangenehmerer. Schwulstige Lippen, unreine Haut und Fliegerohren bildeten den Rest. Doch das Detail, welches Dumont am meisten fr�steln lie�, obwohl es schon am fr�hen Vormittag warme 23o Celsius auf dem Thermometer anzeigte, waren Sylkas Augen. Besser gesagt, das Dunkle, das B�se darin. Obwohl es sich nur um ein Foto handelte, konnte der Inspektor das Grausame, Unberechenbare in diesem Mann sehen. Diese dunklen Pupillen, die wie L�cher aussahen. Langsam gab er den Zettel wieder retour an seinen Chef, nach immer einer leichten G�nsehaut versp�rend. �Und dieser Mann hat vermutlich schon wieder zugeschlagen!� �Was?� Dumont konnte es nicht fassen. Langsam geriet diese ganze Sache f�r Sylka au�er Kontrolle. Die Leichen h�uften sich mit jeder Sekunde, in deren die Ermittler nicht weiter kamen. �Wer�?� Doch Andre wollte es gar nicht wissen. Schockiert malte er sich schon ein armes M�dchen aus, welches arg zugerichtet irgendwo lag, mit einer Rose auf dem nicht mehr schlagendem Herz. �Bei dem Opfer handelt es sich um einen gewissen Dr. Steve Conroy. Der gesuchte Wagen wurde vor seiner Villa gesehen, genau zur Tatzeit.� Den letzten Teil hatte der Inspektor gar nicht mehr mitbekommen. �Dr. Steve Gerome Conroy?� �Ja, kennen Sie ihn, Dumont?� Director Payton sah seinen Ermittler mit gro�en Augen an. �Und ob ich ihn kenne��

 

Es war kurz nach 11 Uhr, als Paul Sylka in den gestohlenen Honda Civic stieg und damit endg�ltig seine Behausung in den Brownwood Hills hinter sich lie�. Noch einem in den R�ckspiegel blickend bog er schlie�lich rechts ab und war kurz darauf mit seinem neuen Untersatz verschwunden.

 

�Director Payton?� �Ja, Carol?� Die Mitarbeiterin von der Verwaltung beugte sich mit ihrem Kopf in den Raum herein. �Ich soll Ihnen ausrichten, dass vor dem �berpr�ften Haus ein blauer Ford steht. Es handelt sich dabei um den gesuchten Wagen.� �Schluckend lehnte sich Payton in den gem�tlichen B�rosessel zur�ck und bedankte sich kurz angebunden bei der jungen Frau. Nachdem die wieder die B�rot�r geschlossen hat, wandte er sich wieder an Dumont. �Sie haben�s geh�rt�es scheint, dass wir endlich auf der richtigen Spur sind�ich lasse sofort ein Spezialteam von Carson anordern�heute machen wir diesem Typen den Gar aus!� �Der Inspektor nickte zustimmend, auch wenn er beim Namen seines fr�heren Vorgesetzten kurz zusammenzuckte. Seine Gedanken liefen auf Hochtouren. Wie er Paytons Bericht noch einmal Revue passieren lie�, wurde ihm schlecht. Dieser Arzt von der Psychiatrischen Heilanstalt in Dallas war die vergangene Nacht richtig abgeschlachtete worden. Die ersten Untersuchungen ergaben, dass es sich mit gro�er Wahrscheinlichkeit um dasselbe Mordwerkzeug handelte wie bei den anderen Opfern vor ihm. Das Besondere war, dass sich Sylka, und Dumont war sich sicher, dass ER der M�rder von Conroy war, bei dieser Tat ganz anders verhalten halte als sonst. Er hatte sich nicht auf pr�zise Stiche ins Herz beschr�nkt, sondern scheinbar seinen Gef�hlen f�rmlich freien Lauf gelassen. Der Inspektor konnte nur erahnen, was diesen Wahnsinnigen zu dieser �bertriebenen Brutalit�t getrieben hat. Andererseits wollte er es gar nicht wissen. Nur eins schwor er sich f�r diesen sch�nen Maitag. Paul Sylka, heute bekommen wir dich, du wirst keinem mehr Schmerzen zuf�gen�

 

Keine zwei Stunden sp�ter hielten zwei schwarze Vans der Spezialeinheit Dallas vor dem Polizeigeb�ude. Neun vermummte M�nner und ihr sa�en darin, f�r ihren n�chsten Einsatz gewappnet. Payton und Dumont traten heraus und wurden gleich vom Einsatzleiter, Tom �The Snake� Wilkie, in Empfang genommen. Wilkie war schon seit �ber sechs Jahren der Befehlshaber dieser Truppe und er konnte mit Stolz behaupten, dass bisher jeder Einsatz so glimpflich wie m�glich bew�ltigt worden ist. Zwar war der �berraschungsangriff ein paar Mal schon zu sp�t gekommen und man musste Todesopfer beklagen, doch im Allgemeinen war der Sunnyboy f�r seinen geradlinigen Weg bekannt. Er bestand darauf, jede Mission so schnell und kompromisslos wie m�glich �ber die B�hne zu bringen, aber immer darauf achtend keine unschuldigen Zivilisten einzubeziehen. Und so konnte er schon auf einige Auszeichnungen zur�ckblicken, die er mit seiner Truppe f�r au�erordentliche Leistungen �berreicht bekommen hat. Auch dieses Mal war er gewillt, alles zu unternehmen, um diesen Auftrag zu 100% erfolgreich abschlie�en zu k�nnen. Mit einem aufgesetzten L�cheln reichte Wilkie seinen Kollegen aus Arlington die Hand. Die beiden schilderten ihm noch einmal die vergangenen Ereignisse. Zustimmend nickte er. Es war richtig gewesen, mehr M�nner f�r diese Sache anzusetzen. Bei so einem gef�hrlichen M�rder durfte man sich keinen Fehler erlauben und so eine Chance, ihn zu schnappen, w�rde nicht so schnell wieder kommen. �Kann ich auch mit?� Dumont sah den gebr�unten Mann �berzeugt an, war f�r das erste Zusammentreffen mit Paul Sylka bereit. Zuerst war Wilkie nicht gerade begeistert. �H�ren Sie zu! Wegen diesem Mistkerl sind innerhalb der letzten f�nf Tage ebenso viele unschuldige Menschen gestorben. Ich will dieser Bestie endlich tief in seine b�sen Augen schauen k�nnen und ihm meine Meinung geigen. Heute muss er geschnappt werden, nur dann werde ich endlich wieder besser schlafen k�nnen. Und damit spreche ich im Namen der ganzen Stadt. Bitte lassen Sie mich mitfahren. Ich will Sylka sehen, wenn ihr ihn �berw�ltigt!� Tom Wilkie musterte den Inspektor, lie� seinen pr�fenden Blick zum Leiter dieses Reviers schweifen. Edward Payton nickte kurz. Das gen�gte Wilkie. Mit einer schnellen Handbewegung deutete dem Ermittler mit ihm mitzukommen.

Schlussendlich fuhren die Fahrzeuge um 13:26 mit Andre Dumont an Bord los, Zielort Brownwood Hills.

 

Es war 13:47, als Dumont auf seine Armbanduhr sah und kurz darauf das Stra�enschild erblickte. W�hrend der Fahrt war er mit einer schutzsicheren Weste und einem Helm ausger�stet worden, sodass er so gut es ging gesch�tzt war vor Angriffen des T�ters. Au�erdem hat er sich seine Dienstwaffe mitgenommen. Seltsam, dachte er, ich habe sie bis jetzt nie ben�tigt. Um in �bung zu bleiben, feuerte er jeden zweiten Montag im Monat auf die �bungsw�nde im Polizeirevier. Doch wenn er heute wirklich abdr�cken musste, dann war das etwas ganz anderes. Sicher, man lernte es in der Polizeischule, in Stresssituationen ruhig zu bleiben und mit gezielten Sch�ssen den Gegner lahm legen zu k�nnen, doch eigentlich konnte sich Andre Dumont nicht einsch�tzen, wie er auf ein Zusammentreffen mit Paul Sylka reagieren w�rde. Und davor hatte er Angst. Angst vor seinen dann hochkommenden Gef�hlen. Konzentriert blickte er aus dem Seitenfenster. Nun endlich w�rde dieser Alptraum bald ein Ende haben. Die Fahrer hielten hinter dem H�userblock. Es war Zeit f�r die letzten Instruktionen. Nichts durfte schief gehen. Jede Sekunde wurde geplant, die Vorgehensweise Dann gab Wilkie das Zeichen f�r den Frontalangriff. Auf seinen Befehl hin gaben beide Lenker der Vans wieder Vollgas und bogen in die Siedlung ein. Die Brownwood Hills geh�rten zu den sch�bigsten Flecken von Arlington. Die H�user waren allesamt mehr oder weniger Bruchbuden. Die meisten der Gem�uer standen schon seit mehreren Jahrzehnten da, nie nachgebessert oder renoviert. Dieses Viertel war das Zuhause der weniger gl�cklichen Menschen dieser Stadt. Doch Dumont kam nicht viel zum Nachdenken, mit einer pl�tzlichen Bremsung kamen die Fahrzeuge zum Stillstand. Man war am Ziel. Vor ihnen stand die Behausung von Paul Sylka, davor parkte der alte rostende blaue Ford. Das Haus, wenn man es so nennen konnte, war in verheerendem Zustand. Es war sicher schon einige Zeit leer gestanden, bis Sylka es f�r sein Versteck auserw�hlt hat. �berall br�ckelte schon der Putz von den W�nden, das Dach sah mehr oder minder einsturzgef�hrdet aus und im Vorgarten herrschte das Chaos. Autoreifen, stapelten sich in der angebrannten Wiese, au�erdem waren an der Hauswand entlang Schachteln, Bretter und Rohre zu einem gro�en Haufen aufgestapelt worden. Das kleine Grundst�ck war auf beiden Seiten mit hohen verwilderten Hecken abgegrenzt. Also hier hast du deine perversen Pl�ne geschmiedet. Andre Dumont versp�rte schon jetzt eine Riesenwut in sich und musste sich im Zaum halten. Langsam wurden die T�ren ge�ffnet. In der Luft lag ein fauliger Geruch. Sonst war niemand auf den Strassen zu sehen, nur ein kaputtes Kinderfahrrad lag auf der anderen Stra�enseite. Aufs Kommando von �The Snake� wurden st�rmisch die T�ren schlie�lich ganz aufgerissen und die M�nner der Spezialeinheit umzingelten mit scharfen M-16-Maschinengewehren bewaffnet in Eiltempo das Haus. Auch Dumont rannte los und ging hinter der Hecke in Deckung. Tom Wilkie blieb bei ihm und gab �ber das Funkger�t Befehle an seine Leute. Dann untersuchten die beiden den Wagen des M�rders. Das Fahrzeug wat total leer ger�umt worden, kein Anzeichen auf Sylka. Etwas m�rrisch blieb Dumont auf dem Beifahrersitz sitzen, starrte das Armaturenbrett an und seufzte. Dieser Paul Sylka war wirklich �berall sehr vorsichtig vorgegangen. Wenn Diana nicht die Idee mit dieser Internet-Sache gekommen w�re, wom�glich h�tten sie ihn noch l�nger nicht gekriegt. Sylka war dieses eine Mal ungenau gewesen und hatte der Polizei daf�r eine gro�e Hilfe erwiesen. Danke! Nach wenigen Minuten hatten die M�nner das Grundst�ck gesichert und wandten sich nun der Haust�r zu. �Laut meinem Team der einzige Weg ins beziehungsweise aus dem Haus�also�LOS!!!� Wilkie und Dumont verlie�en ihren Platz bei der Rostlaube und st�rmten im Schutz der Hecken zum Haus hin�ber. Vor der T�r blieben sie stehen und empfingen neue Informationen. �Das ganze Haus scheint leer zu sein, in den bisher untersuchten R�umen ist kein einziger Gegenstand zu finden. Ganz zu schweigen von Paul Sylka!� �Vorw�rts, Dumont, leisten wir den anderen Gesellschaft!� Der Einsatzleiter winkte Andre heran, zusammen betraten sie das Haus. Wow, Sylka, ein nettes Versteck hast du dir da ausgesucht�passt richtig zu dir�Was Andre Dumont auf dem ersten Blick auffiel, war, dass das Haus von innen einen noch erb�rmlicheren Eindruck als von au�en hinterlie�. Tapetenreste hingen von der Wand oder lagen wild auf dem Boden herum. Die morschen Holzbretter unter ihren F�ssen krachten bei jedem Schritt der M�nner. Vorsichtig schlichen sie zu der ersten Gruppe der Einheit, die im Erdgeschoss Stellung bezogen hat. �Die anderen sind schon die Treppen hinauf gegangen!� �Gut!� Wilkie nickte dem Mann zu. �Ihr bliebt hier unten und passt auf. Der Inspektor und ich werden auch mal einen Blick in den ersten Stock werfen. Kommen Sie, Dumont!� Stufe f�r Stufe n�herten sie sich den oberen R�umen. Auch wenn die beiden sehr darauf achteten so leise wie m�glich zu sein, knirschte jedes Treppenst�ck, welches sie betraten, erb�rmlich und unangenehm. ��ah,�ich vernehme ein Summen aus dem Raum vor uns�wir werden mal nachsehen!� �Ok, aber seid vorsichtig!� Wilkie sah Andre gespannt an. Was werden die Leute da oben finden? In der Mitte der Treppe ausharrend, fing Dumont an zu gr�beln. Irgendetwas war hier nicht richtig. Pl�tzlich ging alles zu leicht. Warum hatte sich Sylka �berhaupt mit der echten Adresse im Internet registriert und warum hatte er gerade von hier das Mail an Diana geschickt? Wenn er schon �berall so vorsichtig agiert hatte, warum machte er pl�tzlich solche Fehler? Und er hat ja auch verr�terische Spuren bei Diana hinterlassen�oh Gott�Das war alles eine Falle! Sylka wollte, dass wir sein Versteck finden. Doch Andre Dumont kam nicht mehr dazu, Tom Wilkie von seinem Verdacht zu erz�hlen. Als einer der Einsatzkr�fte die T�r des omin�sen Raumes �ffnete, wurde ein Signal ausgel�st. Sekundenbruchteile sp�ter flog das gesamte Obergescho� in die Luft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9.SCHMERZEN

 

 

�M�chten Sie auch einen Kaffee, Officer?� Die attraktive Frau richtete ihren beunruhigten Blick auf den Polizisten, der neben ihr auf einem Stuhl Platz genommen hat. Auf das dankbare Nicken des Mannes hin stand Diana Hawkins auf und verschwand sogleich in ihrer K�che. Nachdem sie bei der Aufkl�rung des vermuteten Unterschlupfes Sylkas mithelfen konnte, war sie bereit wieder in ihre Wohnung gefahren zu werden. Obwohl die Ermittlungen durch die neuesten Spuren eine rasante Wendung genommen hatten und nun die gro�e Chance bestand den Rosenm�rder endlich zu fassen, war Diana noch total aufgew�hlt. Es w�re einfach zu sch�n, wenn dieser Alptraum ein schnelles Ende finden w�rde. Einfach schon zu viele unschuldige Opfer, die weder einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren beziehungsweise einfach als n�chstes Opfer ausgesucht wurden. Wie kann so ein Mistkerl einfach so brutal mit dem wertvollsten Gut umgehen, dem Leben? Aber er w�rde bald die gerechte Strafe f�r all seine Taten bekommen und Diana w�rde jeden Augenblick daran genie�en. Paul Sylka hat ihren Verstand durcheinander gebracht, ihr Todesangst eingejagt und es soweit gehen lassen, dass die junge Frau nun sogar Polizeischutz bekam. Aber vor allem drehten sich ihre Gedanken im Moment fast nur um ihren Kollegen, den Mann, den sie liebte. Andre, hoffentlich passiert dir nichts. Komm bald wieder zu mir zur�ck, ich brauche dich! Obwohl sie keine M�glichkeit hatte, Andre Dumont zu sehen, fiel ihr Blick trotzdem aus dem K�chenfenster. Die warme Sonne w�rde in den n�chsten Stunden aber einem Sommergewitter Platz machen. Von Westen konnte man schon graue Wolken erkennen, die sich langsam der Stadt n�herten. Doch Diana fiel diese Tatsache gar nicht auf. Stattdessen drehte sie sich wieder der Espressomaschine zu und verfiel wieder in ihre emotionsgeladenen und verwirrten Gedanken.

 

Nachdem die beiden Polizisten ihren Kaffee getrunken hatten, war Diana gerade dabei, die ben�tzten Tassen in den Geschirrsp�ler einzur�umen, als der Officer vor der T�r schwere Schritte auf den Treppenstufen h�rte. Sie kamen immer n�her. Vorsichtshalber fasste der Mann, der Jeremy Watts hie� und schon seit sechs Jahren bei der Polizei von Arlington war, an den Halfter. Vielleicht bekam er das selbst kaum mit, aber von seinem Unterbewusstsein wurden solche Bewegungen schon instinktiv und automatisch gesteuert. Man musste immer auf der Hut sein. Neugierig blickte der junge Mann die Stufen hinab, doch er konnte noch nichts erkennen. Egal, wer hier heraufkam, er musste Diana Hawkins als Ziel haben, denn die zwei anderen Wohnungen dieser Etage standen leer. Das hatte die Polizei bereits gecheckt. Au�er der jungen Frau und seinem Kollegen war er der Einzige in diesem Stockwerk. Wer wird nun also gleich ins Blickfeld kommen? Seine rechte Hand fasste fester um den Halfter. Dann kam eine Gestalt in mittelblauer Jacke und schwarzer Hose und einer ebenso mittelblauen Kappe tragend die Treppe herauf. Um seine Schulter hing ein gro�er brauner Lederbeutel, gef�llt mit Dutzenden von Briefen. Auf dem Beutel stand in gelben Lettern gro� �Post� geschrieben. Etwas erleichtert lie� der Polizist seine Hand wieder sinken. Es war nur ein Brieftr�ger. Langsam schritt der Mann in Blau die letzten Stufen hinauf, seinen Blick auf den Boden gerichtet. Erst als seine F��e auf den Fliesenboden traten, warf er Watts einen unschuldigen Blick zu. Wie sollte er auch wissen, warum diese Frau in der Wohnung Polizeischutzben�tigte? ��tschuldigung, ich h�tte zwei Briefe f�r Ms. Hawkins�ist sie zu Hause?� Jeremy Watts registrierte einen leicht besorgten Blick des Brieftr�gers, scheinbar war wirklich etwas verwirrt �ber den Mann in Uniform vor sich. ��kein Problem, geben Sie sie einfach mir. Ich werde sie dann an Ms. Hawkins weitergeben.� �Ok, wenn sie meinen�warten sie�� Der Mann lie� den Beutel zu Boden sinken und kramte darin herum. Schlie�lich zog er zwei Kuverte und ein kleines P�ckchen heraus. ��ah, das geh�rt auch noch�Ms. Hawkins�� Mit sch�chternen Schritten n�herte der Brieftr�ger sich dem st�mmigen Polizisten, der breit vor der T�r stand. �Hier!� Er reichte Jeremy Watts Dianas Post. Dieser bedankte sich freundlich bei dem Postmann. Was dann in den folgenden Sekundenbruchteilen geschehen sollte, bekam der junge Polizist gar nicht mehr richtig mit. Auf jeden Fall griff der Mann in Blau ein weiteres Mal in den Beutel, zog etwas heraus und rammte dieses Etwas dem verdutzten Polizisten in den Bauch. Brutal wurde dann dieses Etwas, welches sich als Jagdmesser herausstellte, wieder aus der stark blutenden Wunde gezogen. R�chelnd und kein Wort von seinen Lippen bringend musste Jeremy Watts miterleben, wie er vom Brieftr�ger zum Gel�nder gezerrt wurde. Das n�chste und zugleich das Letzte, was er anschlie�end deutlich sp�ren w�rde, war der Aufprall auf dem harten Marmorboden im Erdgescho�. Der Polizist war auf der Stelle tot. Mit einem zufriedenen L�cheln sah der Brieftr�ger, der in Wirklichkeit gar keiner war, noch einmal zu der Leiche hinunter. Der wirkliche Postbeamte lag tot im Kofferraum seines Wagens. Beim Weg zur Arbeit war er von seinem M�rder �berrascht worden. Dieser wandte sich der Wohnungst�r zu. Das klebrige Blut, welches auf dem scharfen Messer klebte, wurde von ihm beila�fig mit einem Tuch abgewischt. Dann klopfte Paul Sylka zweimal kurz an die T�r.

 

Mit starken Schmerzen bewegte Andre Dumont seinen Kopf nach rechts, mit seinen Augen suchte er nach Tom Wilkie, doch der starke Rauch machte dieses Unterfangen unm�glich. Langsam versuchte der Inspektor seinen rechten Arm zu heben, doch sofort lie� er ihn mit einem unterdr�ckten Fluchen wieder niedersinken. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte er sich die Hand gebrochen. Was war passiert? Dieser Dreckskerl von Sylka muss Sprengs�tze im ersten Stock platziert haben. Beim Aufmachen der Zimmert�r, aus dessen Raum Ger�usche gedrungen waren, musste die Explosion ausgel�st worden sein. Alle waren in seine feige Falle getappt. Paul Sylka machte keine Fehler, au�er er machte sie absichtlich. Andre Dumont musste sich f�rchterlich �rgern. Warum war er so blind gewesen, hatte die Gefahr nicht kommen sehen? Er h�tte es wissen m�ssen, dass dieser M�rder es ihnen pl�tzlich nicht so einfach machen w�rde. Verdammt! Mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte er erneut etwas zu erkennen. Dann musste er stark husten. Es brannte f�rchterlich in seinem Rachen. Der stickige Rauch und das in der N�he qualmende Feuer w�rden bald daf�r sorgen, dass Dumont ersticken w�rde. Au�er er f�nde aus dem Geb�ude heraus. �Wilkie?� Nur mit M�he brachte er dieses Wort heraus, doch er erhielt keine Antwort. Noch einmal versuchte er es, doch erneut keine Antwort. Bitte, sag etwas, irgendwas. Mit zitternden Beinen richtete er sich langsam auf. Durch seinen linken Kn�chel fuhr dabei ein starker Stich, der ihn fast wieder niederfallen lie�. Doch irgendwie konnte sich der Inspektor an etwas festhalten. Was es war, konnte er nicht einordnen. Doch er hatte eine b�se Vorahnung. Langsam fuhr er mit seiner gesunden Hand �ber die besagte Fl�che. Oh Gott, dieses Etwas, an dem er sich festgeklammert hatte, war eine menschliche Schulter. Das musste der Einsatzleiter sein. �Wilkie?� rief er noch einmal und dieses Mal glaubte er ein leises St�hnen zu h�ren. Und dann h�rte er ganz deutlich Stimmen von weiter unten. �H�rt uns jemand? Wir kommen rauf!� �Hilfe!� Dumonts Schrei wurde durch den starken Rauch zwar ged�mpft, doch sein Ruf wurde erh�rt. Schwaches Taschenlampenlicht drang durch das Dunkel. Kurz darauf wurde der Inspektor von drei M�nnern ins Freie getragen. Es handelte sich dabei um die Mitglieder der Spezialeinheit, die im ersten Stock Stellung bezogen hatten. Auch sie sahen leicht benommen aus, doch sie sollten noch am glimpflichsten davongekommen sein. Sachte wurde der Inspektor in die Wiese im sicheren Abstand zum brennenden Geb�ude gelegt. Es dauerte einige Momente, bis er sich an das grelle Sonnenlicht gewohnt hatte. Verwirrt blickte er zum Haus hin�ber, aus dessen Obergescho� die Flammen schossen. Teile des Stockwerkes existierten gar nicht mehr, waren durch die Wucht der Detonation weggesprengt worden. Die ohnehin schon mehr als abrissreife Ruine hatte jetzt endg�ltig ausgesorgt. Und eines wurde dem Inspektor auch bewusst: jeder der M�nner, die sich zum Zeitpunkt der Explosion im ersten Stock aufgehalten hatten, konnten unm�glich �berlebt haben. Niemand w�re im Stande gewesen, sich so schnell nach unten retten zu k�nnen. F�r f�nf Leute der Spezialeinheit w�rde damit jede Hilfe zu sp�t kommen. Und was mit Wilkie war, da konnte er nur das Beste hoffen. Selbst hatte es ihn auch �rger erwischt, als er zun�chst gedacht hatte. Sein rechter Arm schmerzte nicht nur wegen des wom�glichen Bruchs, es bildeten sich bereits dicke Brandblasen auf der Hautoberfl�che, vom Ellbogen abw�rts bis zu den Fingerans�tzen. Als er sich leicht mit der gesunden Hand �bers Gesicht fuhr, musste er seine Z�hen fest zusammenbei�en. Seine Wange hatte auch seinen Teil abbekommen und fing bereits an zu pochen und brennen. Oh Gott! Wie konnte es nur soweit kommen. Fassungslos starrte er in den Himmel hinauf, bis er von den Schreien der M�nner aufgeschreckt wurde. Geschockt musste er mitansehen, wie Tom �The Snake� Wilkie schwer verletzt und nur noch leise r�chelnd aus dem Geb�ude getragen wurde. Er sah noch viel �rger als Dumont aus. Da er sich zum verh�ngnisvollen Zeitpunkt einige Stufen vor ihm befunden hat, musste ihn die Wucht die Treppe hinuntergeschleudert haben. Schlie�lich war er so ung�nstig aufgekommen, dass er genau gegen das harte Eisengel�nder geprallt war und sich dabei einige schwere Rippenbr�che eingeholt hatte. Es war tats�chlich Wilkie gewesen, bei dem Dumont Halt gefunden hatte, als er beinahe zusammengeknickt w�re. An den halb offenen Augen des Einsatzleiters konnte er genau ablesen, was nun in seinem Kopf vorging. Dieses Mal habe ich versagt, ich habe meine M�nner ins Verderben geschickt. Wie konnte ich das tun? Schmerzvoll zuckte Wilkie bei einem heftigen Hustenanfall zusammen. Er schaffte es kaum sich zu beruhigen. Erst als er von den M�nnern etwas Wasser eingefl�sst bekam, beruhigte sich sein K�rper wieder etwas. Auch Dumont bekam etwas zu trinken. Die schweren Verletzungen wurden notd�rftig behandelt. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis der Rettungswagen kam. Total ausgelaugt und schwer ramponiert drehte sich der Inspektor in der Wiese um und schloss seine m�den Lider. Wie konnte es nur so weit kommen?

 

�Das ist meine kleine Tochter Marie und das mein elfj�hriger Sohn Matthew,�und hier ist meine geliebte Frau Francine�� Der liebevolle Familienvater zeigte Diana die Fotos seiner Liebsten. Dann steckte er die Aufnahmen wieder zur�ck in seine Uniform. �Sie bringen mir Gl�ck, sorgen daf�r, dass ich immer gesund nach Hause komme�� Der Polizist sah die junge Frau neben sich schmunzelnd an, bekam von ihr ein verst�ndnisvolles L�cheln zur�ckgeschenkt. Diana Hawkins war froh �ber die kurze Ablenkung, der Polizist Joseph Charleston war ein besserer Gespr�chspartner, als man im ersten Moment annehmen sollte. Obwohl er ein stiller Typ war, wusste er vieles zu erz�hlen und h�rte auch gerne zu. Da er wusste, was in dieser Frau vorgehen musste, versuchte er etwas auf andere Gedanken zu bringen, jedoch wissend, dass er das nicht schaffen konnte. Auch er war wirklich froh, wenn dieser M�rder endlich hinter Schloss und Riegel gebracht werden w�rde. Seit Paul Sylka in dieser Stadt als Wahnsinniger unterwegs war, hatte er jeden Tag Angst um seine Familie. Was w�re, wenn gerade seine wundervolle Frau das n�chste Opfer werden w�rde. Nein, soweit durfte es nicht kommen. Hoffentlich konnte die Spezialeinheit diese Bestie schnappen, dann w�rde Arlington wieder das ruhige verschlafene St�dtchen werden, welches es vorher war. Da war es kein Problem gewesen, einmal sp�tabends alleine nach Hause zu gehen. Jetzt konnte sogar ein kurzer Gang in den Garten schon zu gef�hrlich sein. Nein, lassen wir dieses Thema! Auch Charleston konnte diese haarstr�ubenden Szenarien nicht aus seinem Kopf bringen. Um wieder etwas entspannen zu k�nnen, richtete er seinen Zeigefinger Richtung Fenster. �Schauen Sie, wird heute noch so richtig krachen!� Obwohl Diana Hawkins nicht wirklich wissen wollte, was der Polizist neben ihr meinte, kam ihr ein gedankenloses �Ja, stimmt!� �ber ihre Lippen. Als Joseph Charleston merkte, dass sein gut gemeintes Ablenkungsman�ver fehlgeschlagen hat, konzentrierte er sich allein auf die herannahenden Gewitterwolken. Aus der Ferne wirkten sie bedrohlich und irgendwie unheimlich. Der Polizist hatte pl�tzlich das komische Gef�hl, dass bald etwas Schreckliches passieren w�rde. Doch er schob diesen Angst einfl�ssenden Gedanken gleich wieder beiseite und blickte wieder zu der h�bschen Frau neben sich hin�ber. Die sah total in Gedanken verloren auf eine Rose, die in einer geschwungenen Vase stand. Ja, Andre, wo bist du? Habt ihr ihn schon? Hoffentlich geht alles gut. Zwei kurze Klopfzeichen lie�en die Blicke der beiden pl�tzlich fast synchron von ihren vorigen Stellen hin�ber zur T�r schweifen. Es musste der zweite Polizist sein, vielleicht musste er schnell auf die Toilette. �Ich mach schon auf!� Joseph Charleston deutete Diana Hawkins sitzen zu bleiben und marschierte selbst zur Wohnungst�r. �Jerry, was ist los?� Keine Antwort. �Jeremy, musst einmal f�r kleine Polizisten, oder was?� Mit einem freundlichen Grinsen auf seinen Lippen griff er langsam die T�rklinke nach unten. Da er sich sicher war seinen lustigen Kollegen auf der anderen Seite der T�r vorzufinden, verzichtete er vorher durch den Spion zu schauen. Ein fataler Fehler�

 

�Bewegen Sie sich nicht! Gleich haben wir�s geschafft!� Andre Dumont sah mitf�hlend mit an, wie Tom Wilkie in den Krankenwagen gehoben wurde. Dann f�hrte sein Blick zu weiteren Sanit�tern, die gerade die dritte Leiche aus dem gel�schten Haus brachten. Aufgebahrt auf einer tragbaren Metallbahre und zugedeckt mit einer schwarzen Decke wurde er still und bedr�ckt auf der Wiese niedergestellt. In diesem Moment verlie� der erste Rettungswagen mit Wilkie das Gel�nde, das laute Heulen der Sirene verklang erst, als der Wagen schon l�ngst um die Ecke verschwunden war. Nun wurde er richtig verarztet. Seine Brandwunden wurden mit geschickten Bewegungen behandelt. Andre Dumont war kein weichlicher Mann, er hielt auch st�rkere Schmerzen aus, wenn es sein musste, doch er sp�rte jetzt ganz deutlich, dass es auch ihn ziemlich �bel erwischt hatte. Doch er war wenigstens noch am Leben und das war ja das Wichtigste. Aber warum? Warum wollte Sylka, dass wir hierher kommen? Was hatte diese Kranke damit bezweckt? F�nf unschuldige M�nner haben in dieser dreckigen Bruchbude ihr Leben gelassen. Warum konnte dieser Sylka nicht einfach verrecken? Sein Leben w�re so sch�n, ohne ihn als Serienm�rder. Diana und er k�nnten dann in Ruhe ihre frische Beziehung genie�en,�ja, Diana�oh nein!� F�rchterliche Angst stand dem Inspektor pl�tzlich in den Augen geschrieben. Diana, sie war in Gefahr! Nun wollte Sylka seinen Plan vollenden. Ruckartig schnellte er in die H�he, das erste freie Fahrzeug suchend. In diesen Momenten sp�rte er nicht einmal seine Schmerzen. Die, welchen gerade sein besorgtes Herz ausgeliefert war, waren ohnehin viel st�rker. �Inspector, wo gehen Sie hin? Inspector Dumont?!� Doch der Gerufene ignorierte die Stimmen der M�nner. Die Z�hne zusammenbei�end, lie� er sich in den Fahrersitz des rostigen blauen Fords fallen. Zwar machte sich Andre kaum Hoffnungen, dass dieser Mistkerl seine Schl�ssel im Wagen gelassen hatte. Doch ein Blick in das Handschuhfach hellte sein verbranntes Gesicht ein bisschen auf. Darin lag wirklich ein Schl�sselbund. Schnell war der richtige gefunden. Mit h�pfenden Bewegungen und lautem Krachen lie� der Inspektor mit Sylkas ehemaligem Gef�hrt die verdutzten Rettungssanit�ter und Feuerwehrleute hinter sich. Mit seiner gesunden linken Hand lenkte er das Fahrzeug durch die Stra�en, w�hrend er mit der geschienten und einbandagierten rechten versuchte Dianas Nummer aus dem Speicher seines Handys zu w�hlen. Erst im vierten Versuch gelang es ihm unter gro�en Schmerzen die W�hltaste zu bet�tigen.

 

�So, komm rein�� Joseph Charleston hielt seinem vermeintlichen Kollegen bereitwillig die T�r auf, bis er schlie�lich merkte, dass es gar nicht Jeremy Watts war, der an die T�r geklopft hatte. Stattdessen stand ein Brieftr�ger mitsamt blauer Uniform und Post in der einen Hand vor ihm, l�chelte ihn komisch an. �Post f�r Ms. Hawkins!� In den folgenden Sekundenbruchteilen wurde dem Polizist klar, dass etwas nicht stimmte. Erstens, wo war sein Partner, und zweitens und dieser Punkt war noch beunruhigender, was waren die roten Flecken auf den Fliesen neben dem Gel�nder. Doch bevor er zu seiner Waffe greifen konnte, dr�ngte ihn der ungebetene Besuch in die Wohnung hinein und rammte dem verdutzten Familienvater ein scharfes Messer, an dem noch etwas Blut klebte, mitten in die Brust. Nach Luft schnappend tastete Charleston nach seiner Dienstwaffe, doch Sylka war schneller und zog sie ihm aus dem Halfter. Mit einer ausholenden Bewegung warf er die Pistole hinaus �ber das Gel�nder. Kurz darauf schlug sie knapp neben der Leiche von Jeremy Watts auf dem Boden auf. �Diana, Diaannnaaa! Wo bist du?� Schnell verschloss Paul Sylka die Wohnungst�r und suchte mit seinen Augen die ihm schon bekannten R�umlichkeiten ab. Keine Spur von seiner Rose. Aber er w�rde sie schon finden. Sie ist hier, ja, das ist sie. Doch bevor er sich auf die Suche machen konnte, wurde er von dem starken Polizisten zu Boden gerissen. Trotz seiner Stichverletzung hielt er wacker durch. H�tte er sich nicht rechtzeitig ein St�ckchen weggedreht, w�re das Messer statt in die Brust weiter unten in seinen Oberk�rper gedrungen und h�tte dort schwerwiegendere Verletzungen anrichten k�nnen. Dieser Mistkerl! Verkleidet sich frech als Postler und versucht so an sein Opfer zu kommen. Sehr geschickt, doch es w�rde ihm nicht gelingen. Officer Charleston war sich dem sicher. Leider wurden seine Gef�hle nicht erf�llt. Paul Sylka tastete mit seinen H�nden nach seiner Waffe. Das Messer war beim Gegenangriff des Polizisten aus einer Hand geglitten und unter die Anrichte der Garderobe gerutscht. Mit festen Fu�tritten schaffte es der M�rder frei zu kommen, doch er konnte die Waffe mit seinen schmalen Fingern nicht erreichen. Schei�e! Ver�rgert begab sich der Mann in die K�che, aus der er wenige Momente danach wieder zur�ckkam. Sylka erstarrte. Der Polizist lag nicht mehr auf dem Boden. Diesen Augenblick n�tzte der sich hinter der Ecke versteckte Joseph Charleston zum n�chsten Angriff. Mit einem gezielten Schlag wurde das Messer aus Sylkas Hand geschleudert. Klirrend blieb sie auf dem Boden liegen. Paul Sylka drehte sich geschockt um und wurde erneut vom tapferen Mann niedergerissen. Der M�rder knallte hart gegen die Wand. Laut st�hnte er auf. Es schien, als ob der Polizist die Oberhand gewonnen hatte, doch in diesem Augenblick erhaschte ein Objekt Sylkas Interesse. Es stand nur knapp einen Meter neben ihm. Wenn er seine H�nde weit genug ausstrecken konnte, dann k�nnte er es erreichen. Der Officer ahnte, was Sylka vorhatte, doch bevor er den Feuerl�scher neben der K�chent�r packen konnte, war ihm bereits sein Gegner zuvor gekommen. Daraufhin wurde er durch einen unbeschreiblich schmerzlichen Schlag aufs Gesicht niedergesto�en. Schwer verletzt blieb Charleston regungslos liegen, der schwere Feuerl�scher hatte seinen Kiefer zertr�mmert und schwere innere Blutungen verursacht. Obwohl der Mann sowieso einige Zeit au�er Gefecht gesetzt gewesen w�re, schlug Sylka erneut auf den K�rper des Polizisten ein. Einmal, Zweimal. Solange, bis er sich sicher sein konnte, dass der Mann, Officer Joseph Charleston, ihm, Paul Sylka, keine Probleme mehr machen w�rde. W�hrend dem toten Mann Blut aus dem Mund und der Nase quoll, verlie� der M�rder diese Szenerie und n�herte sich dem Schlafzimmer. Er hatte das Gef�hl, dass seine Rose dahinter auf ihn warten w�rde. �Diana, meine sch�ne Rose, ich komme!�

 

�Diana�� Zu sp�t hatte Andre Sylkas teuflischen Plan durchschaut. Dianas �ngstlicher und stark aufgeregter Stimmer zufolge wusste er sofort, dass es schon fast viel zu sp�t war. Der Mistkerl war bereits in ihrer Wohnung. Er hatte zwar keine Ahnung, wie er das geschafft hatte, aber das spielte im Moment gar keine Rolle. �..Andre, um Gottes Willen! �.er ist da�.Sylka ist hier�.bitte, hilf mir�.bitte, Andre�ich flehe dich an,�bitte, hilf mir�� Der Inspektor musste schwer schlucken. Obwohl die Schmerzen immer st�rker wurden, war er mit seinen Gedanken und Gef�hlen fest bei seiner Liebe. ��ich komme, Diana, ich bin gleich bei dir�h�rst du�� �Andre�.bitte komm schnell�er bricht die T�r auf�nein�Andre�.ich liebe dich�bit�� Das Gespr�ch wurde abrupt beendet. Andre Dumont wusste, dass er nun keine Sekunde mehr verlieren durfte. Ungebremst raste er �ber eine rote Ampel, doch ihm war das egal. Nun ging es um das Leben seiner Liebe. Ja, ich liebe dich auch, Diana! Und ich komme, um dich zu retten!

 

Mit einem Knacken, welches Diana durch Mark und Bein fuhr, wurde die T�r des Schlafzimmers aufgebrochen. Vor Schreck fiel ihr das Handy aus der Hand und landete mit einem polternden Ger�usch auf dem Teppichboden. Angespannt starrte die Frau in die Richtung, aus der die t�dliche Gefahr angeschlichen kam. D�nne knochige Finger griffen um den Rahmen, dr�ckten die T�r langsam auf. Dann tauchte der ganze Arm, schlie�lich der ganze K�rper des Mannes im Raum auf. Das war er also, Paul Sylka, der Mann, der schuld an diesen schrecklichen Verbrechen war. Der Irre, der jetzt auch Diana umbringen wollte. Die h�bsche Frau, die zu Tode ge�ngstigt in der Ecke gekauert war, richtete sich vorsichtig vom Boden auf, lie� den Mann dabei nicht aus den Augen. Nun war es soweit. Er hatte sein Ziel erreicht. Ein sarkastisch wirkendes Grinsen von Sylka jagte ihr noch mehr Angst ein. Ja, sie wusste, wenn Andre es nicht mehr rechtzeitig schaffen w�rde,�nein, das durfte sie nicht denken. Alles w�rde gut werden, doch Diana ahnte, dass sie sich mit diesem Optimismus selbst nur anlog. Langsam flossen Tr�nen �ber ihre Wangen. Andre, bitte hilf mir!

 

Hallo, meine Rose! Da ist sie, in voller Bl�te. Sie ist noch h�bscher als auf dem Foto, welches ich im Internet gefunden habe. Ihr volles Haar, ihre Figur, dass alles w�rde er gleich ber�hren k�nnen. Jetzt hatte er es trotz aller H�rden geschafft. Ja, nun geh�rte sie ihm, ihm allein�

 

Keine zehn Minuten sp�ter bog der rostige Ford in die Strasse von Dianas Wohnung ein. Mit einem lauten Knattern kam das Fahrzeug direkt neben der Eingangst�r zum Stehen. Mit unterdr�ckten Schmerzen humpelte Andre aus dem Wagen und n�herte sich dem Treppenhaus. Als er den toten Polizisten liegen sah, musste er sich �bergeben. Der Inspektor ahnte, dass er unter Umst�nden bereits zu sp�t kam.

 

Als sich Andre gerade den dritten Stock hinaufschleppte(der Lift war ja kaputt), h�rte er von unten ein lautes Schreien. Man hatte jetzt die Leiche von Jeremy Watts entdeckt. Mit einem hysterischen �Hilfe, Polizei!� verlie� eine Frau wieder das Treppenhaus und rannte ins Freie. Andre bekam davon aber kaum etwas mit. F�r ihn gab es im Moment nur eines. Diana. Wo blieb nur die Verst�rkung von Warwick. Dumont hatte seinen Kollegen und Director Payton angerufen und ihnen kurz die unglaublichen Geschehnisse der vergangenen Stunde geschildert. Und zum Schluss brachte er ganz schwer von seinen Lippen: ��Sylka ist bereits bei ihr�bitte beeilt euch, ok?� Dann hatte er sein Handy auf den Beifahrersitz geschleudert und zu Weinen begonnen. Er hatte so schreckliche Angst um Diana. Mit seinen Kr�ften fast am Ende flehte er auf der Treppe stehend Gott um Hilfe. Was w�rde ihn gleich im obersten Stockwerk erwarten? In der Wohnung seiner geliebten Kollegin. Tapfer durchhaltend erklimm er Stufe um Stufe, von fern h�rte er bereits ein vorwarnendes Donnergrollen, beigemischt mit dem Aufheulen von Polizeisirenen. Endlich war auch die Verst�rkung am Kommen. Pl�tzlich wurde Andre von einem blauen Etwas, welches die Stufen heruntergest�rzt kam, fast �ber den Haufen gerannt. Bei n�herem Hinsehen stellte er fest, dass es ein Brieftr�ger war. Nur f�r kurze Augenblicke kreuzten sich die Blicke der beiden. Dann setzte der seltsame Kauz seinen Weg abw�rts fort. Puh, der hatte es eilig! Moment mal! Diese Augen, diese Leere darin�und was waren das f�r dunkle Flecken auf seiner Jacke gewesen. �Blut! Oh Schei�e! Das war Sylka gewesen! Mit diesem Aufzug musste er es irgendwie geschafft haben, in die Wohnung zu kommen. So schnell er konnte, drehte Andre Dumont um und folgte dem vermeintlichen M�rder.

 

Kurz darauf betraten Jason Warwick und zwei seiner Kollegen die Wohnung von Diana Hawkins. Nach wenigen Schritten fiel ihr Blick auf den leblosen K�rper von Joseph Charleston, dem zweiten Polizisten, der f�r den Personenschutz von Diana eingeteilt worden war. Mit ungeheurer Brutalit�t muss Sylka mit etwas Hartem auf ihn eingeschlagen haben. Als die M�nner den mit Blut verschmierten Feuerl�scher auf der gegen�berliegenden Seite erblickten, war diese Frage schon gel�st. �Diana?� Jason n�herte sich mit vorsichtigen Schritten dem einen Spalt offen stehenden Schlafzimmer. In der einen Hand seine Dienstwaffe haltend, dr�ckte er mit der anderen die T�r langsam auf.

 

Gerade noch rechtzeitig schaffte es Andre Dumont das Geb�ude zu verlassen und einen letzten Blick von Paul Sylka zu erhaschen, wie er in einen silbernen Honda Civic stieg und das Gel�nde verlie�. Andre humpelte zum Ford hin�ber und versuchte anzustarten, doch nichts r�hrte sich. Er probierte es erneut, doch der Wagen tat keinen Mucks. Da leuchtete es dem Inspektor ein. Als Sylka seinen Ex-Wagen vor dem Haus gesehen hat, ahnte er etwas und hat diese verdammte Karre unbrauchbar gemacht�dieser Schweinehund! Darum hatte er so lange bis zu seinem neuen Fluchtauto gebraucht. Konnte denn nichts an diesem verdammten Tag gut gehen? W�tend lie� Andre Dumont den blauen Ford hinter sich und wankte mit seinem Handy in seiner Hand zur Stra�e hin�ber. Fest entschlossen stellte es sich quer �ber die Fahrbahn. Mit einem lauten Quietschen kam ein alter Buick vor ihm zu stehen. Sein Fahrer, ein �lterer Herr, Mitte Sechzig, starrte ihn entsetzt an. Mit seinen kleinen Kugelaugen, die durch die dicken Brillengl�ser viel gr��er und witziger aussahen, stellte er festen Blickkontakt mit dem seltsamen Mann her. Wer war dieser Irre, der einfach mitten auf der Stra�e stehen blieb? Er schwor sich diese Aktion der Polizei zu melden. Keine Minute sp�ter starrte er fassungslos seinem so geliebten Buick hinterher, wie er mit rasantem Tempo �ber die Kreuzung flitzte. In all den Jahren, die er diesen tollen Wagen bereits besessen hatte, hatte er nie geahnt, dass man damit so schnell fahren konnte. Mit einem w�tenden Kopfsch�tteln stie� der �ltere Herr einen leisen Fluch auf Andre Dumont aus. Wehe, wenn mein Baby einen Kratzer abbekommt, dann�

 

Das war ja knapp gewesen! Wer war dieser Kerl im Treppenhaus gewesen? Der hat stark nach Bulle gerochen. Ja, das war f�r Sylka sicher. Aber warum dieser Typ gerade mit seinem Ford hergekommen war, konnte er zun�chst nicht einordnen. Doch dann lie� der M�rder das Aussehen von diesem Mann in seinem Kopf durchlaufen. Er sah sehr mitgenommen aus�ja, ...dieser Kerl hat meine �berraschung miterlebt. Warum er jedoch aus dieser Bruchbude lebendig herausgekommen konnte, wollte er nicht begreifen. Wahrscheinlich war er nicht direkt am Explosionsherd gewesen, als es �Bumm!� gemacht hatte. Aber egal! Hauptsache, er war so gehandicapt, dass er ihm, Paul Sylka, keine weiteren Probleme machen konnte. Neugierig sah er mit seinen geheimnisvollen Augen in den R�ckspiegel. Niemand war zu sehen. Ja, ohne fahrbaren Untersatz kam man halt nicht weit�ha ha ha! Ein irres Lachen f�llte den Innenraum des gestohlenen Wagens, doch verstummte es abrupt wieder. Denn pl�tzlich bog ein alter Buick mit einem M�rdertempo um die Kurve, kaum hundert Meter hinter ihm. Mann, dieser Bulle war echt z�h� Und dann leuchtete es dem Rosenm�rder ein. Dieser Polizist, der gerade hinter ihm her raste, hatte deswegen so einen unglaublichen Ehrgeiz, weil er dieser Andre sein musste, nach dem seine Rose gerufen hatte. Immer wieder unter Tr�nen seinen Namen gerufen hat, als er sich an ihr vergangen hatte. Ja, du warst also ihr Angebeteter�komm ruhig, ich nehme es schon mit dir auf, du Schei�kerl!

 

Ah, da bist du ja! Andre Dumont lenkte so gut er konnte den ausgeborgten Wagen durch den Stra�enverkehr, achtete aber nicht eventuelle Geschwindigkeitsbeschr�nkungen. Nur bei Schutzwegen und anderen gef�hrlichen Stellen bremste er ab, die restliche Strecke fuhr er aber kompromisslos und zielsicher. Nein, dieses Mal w�rde er nicht entkommen. Nein, nein,�jetzt hie� es bald �Game Over� f�r diesen Schweinehund. Der Inspektor hatte mit Freude feststellen k�nnen, dass der Besitzer dieses Buicks eine Automatikschaltung installieren lassen hatte. Da seine rechte Hand kaum noch ohne Aufschrei zu bewegen war, war er froh, ohne Schalten die Verfolgung aufnehmen zu k�nnen. Es war aufgrund seiner k�rperlichen Verfassung schon schwer genug, in Reichweite des silbernen Hondas zu bleiben. Und doch konnte das Fahrzeug jetzt ganz deutlich vor sich erkennen. Jetzt hie� es dranbleiben. Nein, dieses Mal w�rde er Paul Sylka nicht mehr entkommen lassen.

 

Die dunkelgrauen d�steren Wolken schoben sich langsam vor die Sonne, lie�en erahnen, dass in naher Zukunft ein sommerlicher Gewitterregen �ber die Stadt ziehen w�rde. Lautes Grollen drang vom Himmel herab.

 

Die beiden Fahrzeuge jagten durch die Stra�en der Innenstadt. Sylka h�tte um ein Haar einen kleinen Jungen, welches mit seinem neuen giftgr�nen Turtles-Fahrrad �berqueren wollte, angefahren. In letzter Sekunde konnte er noch ausweichen, kam dabei kurz auf die andere Fahrspur und hatte Gl�ck, nicht in den Gegenverkehr zu rasen. Aber auch Andre Dumont war das Gl�ck hold geblieben. Trotz der starken Schmerzen schaffte es der Polizist irgendwie die Kontrolle �ber den Buick zu behalten und sich und andrer Mitmenschen nicht unn�tig zu gef�hrden. Obwohl er zugeben musste, dass wahrlich einige Schutzengel an diesem Tag �ber ihn weilen mussten. Zuerst diese verheerende Explosion und jetzt das unbeschadete Durchfahren der Stra�en. Wei� Gott, wenn jemand unter die R�der kommen w�rde�das w�rde er sich nie verzeihen. Doch an diesem Tag, in diesen Minuten musste der Inspektor einfach �ber seinen Schatten springen und Verkehrsgesetze unbeachtet lassen. Es hing zu viel am Spiel. Der silberne Honda mitsamt dem Rosenm�rder war keine achtzig Meter vor ihm. Andre sp�rte, wie er ihn langsam nerv�s machte. Dieser Mistkerl w�rde bald einen Fehler begehen und dann w�re dieser Alptraum endlich vorbei.

 

Oh Mann, der ist wirklich hartn�ckig! Kommt langsam immer n�her. Muss schneller werden. Ihn abh�ngen. Schwei�tropfen tropften an seiner Stirn hinunter, eine Spur rann genau in seine Augen. Sylka musste einige Male zwinkern, um wieder alles �berblicken zu k�nnen. Mit einer Hand wischte er sich den Schwei� aus dem Gesicht. Sein Blick fiel dabei auf das Blut auf seiner blauen Jacke. Das war wirklich ein anstrengender Tag gewesen. Zuerst hatte ihn der Doktor so tief entt�uscht, als er ihm die Hilfe verweigerte. Und dann musste er alles f�r den gro�en �Bumm!� vorbereiten. Daf�r musste er seine letzten Reserven opfern, dieser fette Preston konnte ihm ja keinen Nachschub besorgen. Aber egal, Hauptsache, die Polizei hatte eine saftige Lehrstunde erhalten. Wenn schon dieser Bulle hinter ihm so angeschlagen war, wie w�rden denn jetzt die M�nner aussehen, die in Reine eins gestanden hatten. Wieder blitzte dieses irre Grinsen in seinem Gesicht auf. Aber alle M�he hatte sich schlussendlich gelohnt und er konnte seine Rose kennen lernen. Ja, Diana� Auch wenn er �ber viele Leichen gehen musste, es hatte sich gelohnt. Noch fest in den Gedanken an die ereignisreichen letzten Tage lie� Paul Sylka die Innenstadt hinter sich, dicht gefolgt von Andre Dumont.

 

Genau um 15:52 fielen die ersten Tropfen auf Arlington hernieder. Aus dem anfangs leichten wurde schnell ein dichter starker Regenfall. Das Gewitter hatte mit der Unterst�tzung von lautem Donnern und vereinzelten Blitzschl�gen begonnen. Dass noch vor wenigen Minuten sonnige hei�e Traumwetter war nun ein frischer, abk�hlender Sommerregen-

 

Der pl�tzliche Regen hatte beide Fahrer �berrascht, nur mit M�he gelang es Dumont, mit seiner rechten Hand den Scheibenwischer des Wagens einzuschalten. Nun w�rde die Verfolgung noch schwere werden. Die trockenen Reifen schlitterten �ber die nass werdende Fahrbahn. Dem Inspektor wunderte es, wie er es bisher geschafft hatte, das Fahrzeug gerade auf der richtigen Stra�enseite zu lenken, bei seiner Verfassung und seinem untypischen Fahrstil. Normalerweise hielt er sich immer strikt an die Geschwindigkeitsbeschr�nkungen, fuhr meistens noch langsamer. Doch im Augenblick kannte er sich selbst nicht mehr. Er war ein anderer Mensch, einer, der endlich diesen Wahnsinn beenden wollte. Es durfte keine Opfer mehr geben�es gab schon zu viele zu beklagen. Und au�erdem wusste Andre noch immer nicht Bescheid �ber Dianas Zustand. Das machte ihn rasend vor Wut�und vor Angst.

 

Die einzige Chance diesen Teufelskerl abzuh�ngen, bestand darin die Stadt zu verlassen. Wenn er erst mal auf den Schnellstrassen war, w�rde er ihn hinter sich lassen. Zwar k�nnten da schon Polizeisperren auf ihn warten, doch dieses Risiko nahm er auf sich. Doch er brauchte keine Angst zu haben. Andre Dumont war es vor Schmerzen nicht gelungen w�hrend der Fahrt Verst�rkung zu rufen. Nun lief alles auf eine Entscheidung zwischen den beiden auseinander. Doch auch die w�rde Sylka gewinnen, da war er sich sicher.

 

Es war kurz nach 16 Uhr, als die beiden Fahrzeuge Richtung Stadtbr�cke, welche �ber den vom Gewitter unruhigen Fluss Trinity f�hrte und die Stadtgrenze markierte, rasten. Sylka war sich bereits zu siegessicher. Er warf einen vernichtenden Blick zur�ck auf seinen Verfolger, der schon etwas an R�ckstand gewonnen hat. So �bersah er, wie er auf die andere Stra�enseite hin�bertrudelte und genau einem roten Van entgegenfuhr. Als er der brenzligen Situation bewusst wurde, konnte er nur noch mit letzter Kraft den Honda wieder auf die rechte Seite rei�en, doch bevor er die endg�ltige Kontrolle �ber das Fahrzeug wieder finden konnte, prallte er frontal gegen den Br�ckenpfeiler.

 

�Rufen Sie zu Polizei�schnell!� Dumont schrie den Fahrer des roten Vans aufgeregt an. Der war leicht geschockt dar�ber, nur knapp einem Unfall entgangen zu sein. Doch dann nickte er erschrocken und setzte den schweren Wagen wieder in Bewegung. W�hrend er zwischen den H�userschluchten der Stadt verschwand, machte Dumont langsam die Fahrert�r des Fords auf. Nun war High Noon, die Entscheidung nahte. Seine wankenden Schritte klatschten auf dem nassen Asphalt, der Inspektor griff fest um seine Dienstwaffe, die er zwar immer in seiner Jackentasche hatte, aber in seiner Zeit in Arlington noch nie verwenden musste. Doch an diesem Tag w�rde sich auch das �ndern�da sp�rte er ganz deutlich. Im Honda r�hrte sich nichts. Wahrscheinlich will ihn Sylka heranlocken und dann zum Gegenangriff ansetzen. Dumont wusste, er musste sehr wachsam sein. Das galt sonst auch bei solchen Situationen, doch die Wahrheit war, dass jeder Fehler in seiner momentanen Verfassung t�dlich w�re. Mit konzentriertem Blick beobachtete er das Innere des Wagens. Sylka lag auf dem Lenkrad, vielleicht bewusstlos. Doch Andre war zu misstrauisch. Es k�nnte auch eine Falle sein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schleppte er sich zur Fahrert�r des Hondas hin�ber, den Lauf der Waffe genau auf Sylka gerichtet. Doch seine Reaktion war schon soweit beeintr�chtigt, dass er zu sp�t die Handbewegung merkte, mit der der Rosenm�rder die T�r heftig aufstie�. Die Klinke traf genau Dumonts rechten Arm. Vor Schmerz verlor er das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Nun wurde ihm bewusst, dass das unter Umst�nden dieser schwerwiegende Fehler sein k�nnte, der alles zu Nichte machte. Doch sofort war Andre wieder voll konzentriert, robbte sich vom Wagen weg, sah zu, wie Sylka grinsend heraus stieg und ein Jagdmesser aus seiner Jacke zog. Doch dieses Mal war Andre schneller. Vier Sch�sse drangen in Sylkas Oberk�rper, lie�en ihn zur Seite wanken. Er versuchte am Br�ckengel�nder Halt zu finden, doch er rutschte mit den H�nden auf den nassen Griffen aus. Hilflos seine Wunde und darauf Dumont anstarrend fiel er �ber das Gel�nder und verschwand in den tobenden Fluten des Trinity. Andre richtete sich m�hsam auf, sah verdutzt auf die rauchende Waffe in seiner Hand hinab. Das war�s�

 

Eine Viertelstunde sp�ter hielten drei Polizeifahrzeuge auf der Br�cke. Zuerst konnten die M�nner niemanden sehen, nur zwei Autos, einen alten Buick, der mitten auf der Fahrbahn stand und einen silbernen Honda Civic, welcher mit der Vorderseite am Br�ckenpfeiler klebte. Erst als sie um den Unfallwagen herumgingen, sahen sie das H�ufchen Elend, welches am Boden kauerte, vom Regen durchgeweicht und mit schweren Verletzungen. Kaum noch bei Bewusstsein sa� Dumont an das Br�ckengel�nder gelehnt da, sah zu Boden, am Ende seiner Kr�fte. Seine Dienstwaffe lag auf dem Boden, vom Lauf tropften Regentropfen. � Inspector, kommen Sie�wo ist Sylka�Inspector?� Die linke Hand zeigte auf die Fluten hinab. ��ist er tot�� Ein kurzes teilnahmloses Nicken best�tigte ihre Hoffnung. War es wirklich vorbei? War die Bestie wirklich erledigt, der Alptraum endlich zu Ende? Unfassbar starrten die sechs Polizisten auf den Trinity hinunter, auf der Suche nach Sylkas Leiche. Doch die Fluten lie�en nichts erkennen. Doch nun musste man sich erst einmal um den l�dierten Inspektor k�mmern, der den Rosenm�rder zur Strecke bringen konnte.

 

Auf Wunsch Dumonts hielt eines der Polizeifahrzeuge wenig sp�ter vor dem Geb�ude, in welchem Diana Hawkins wohnte. Die gesamte Strasse war bereits abgesperrt worden, aus den Fenstern des Hochhauses lugten neugierige Gesichter. Auch auf der anderen Seite des gelben Absperrbandes tummelten sich Schaulustige verschiedenster Altersgruppen. Unter ihren Regenschirmen stehend, betrachteten sie aufgeregt und sensationsgierig den Tatort. Einem Pressefahrzeug wurde gerade die Zufahrt verweigert, was der Fahrer �rgerlich zur Kenntnis nahm und schimpfend den R�ckweg antrat. Ein Leichenwagen stand nahe dem Eingang, die Hintert�ren bereits ge�ffnet. Doch f�r Andre Dumont waren das kaum mehr als Bildfetzen Der Inspektor entstieg dem Wagen mit zitternden Bewegungen. Aber nicht die Schmerzen verursachten diese Erscheinungen, sondern die entsetzliche Angst, die ihn seinem Kopf umherging. Was war mit Diana? Wo war sie? Ging es ihr gut? Voller Hoffnung stolperte Andre den Eingang entgegen, blieb aber mit einem Ruck stehen. Zwei M�nner trugen gerade eine Bahre heraus, darauf lag eine mit dem obligatorischen schwarzen Tuch zugedeckte Gestalt. Was Andre Tr�nen in die Augen trieb, war der Arm, der schlaff herunterhing. Er kannte das Armband daran. Es war das von Diana. Das waren ihre zarten Finger,�das war sie. In Gedanken versunken, kam Jason Warwick aus dem Geb�ude. Dann erblickte er Dumont, wie dieser entsetzt auf die Bahre starrte. �Dumont!� Doch Andre h�rte ihn nicht. Dieser steuerte wie ferngesteuert auf die Trage zu und schrie die M�nner an: �Lasst sie hinunter! Lasst sie gef�lligst hinunter!� Die M�nner sahen verdutzt Warwick an, doch der nickte nur still. Was w�rde jetzt in diesem gebrochenen Mann vorgehen? Da hatte er einmal seine gro�e Liebe gefunden und dann wurde dieses neue Gl�ck so brutal wieder zerst�rt�armer Dumont. Der Inspektor kniete nieder, nahm das Tuch und zog es von Dianas Kopf. Sie lag so unschuldig da, wie ein Engel�oh mein Gott! Die Tr�nen kullerten nur so �ber Andres Gesicht. Ich liebe dich doch�nein�warum� Er k�sste ihr Gesicht, immer und immer wieder, strich ihr durch ihr sch�nes langes Haar. Er konnte nicht realisieren, was da gerade vor sich ging. Die Polizisten und die Schaulustigen sahen betr�bt und mitf�hlend die Szenerie an, doch konnten sie sich nicht im geringsten in die Gef�hlswelt von Andre hineinversetzen. Ich habe doch versprochen, auf dich aufzupassen�ich habe es versprochen�nein� Und dann erhob der trauernde Mann seinen Kopf und schrie in diesen regnerischen und st�rmerischen Nachmittag heraus, was in ihm vorging: �Nein! NNeiinn! Diana! NNeinn! Ich liebe dich!!!�

 

 

Was keiner ahnen konnte: In genau diesem Moment kroch eine Gestalt stark abgek�hlt und halb ertrunken aus dem Trinity, drei Meilen stromabw�rts von der Stelle, wo die Stadtbr�cke hin�berf�hrte. Der Mann lie� sich in das durchn�sste Gras fallen und r�chelte vor sich hin. Ein pl�tzlicher Hustenanfall durchzuckte seinen ganzen K�rper. Wasser rann aus seinem Mundwinkel und tropfte in die Wiese. Verwirrt sah er um sich, stellte sich wackelig auf und torkelte zur Strasse hinauf. Der Mann mit den tropfnassen blauen Kleidern hielt sich an einem geparkten Auto fest, noch immer um Luft schnappend. Dann nahm er einen gr��eren Stein vom Boden und schlug damit die Fensterscheibe ein. Schnell schaute er, ob niemand in der N�he war. Dann �ffnete er die Fahrert�r und setzte sich hinein. Sofort war der Sitz durchtr�nkt mit Wasser, doch dem Mann war das total egal. Kurzerhand schloss er die Steuerung kurz und schon nach wenigen gelernten Bewegungen begann der Motor bereits zu schnurren. Das Fahrzeug verlie� unauff�llig den Parkplatz, hinter sich den Fluss und die Polizei, die alle von seinem Tod �berzeugt waren. Mit einem vor K�lte zitternden Grinsen �ffnete er seine blaue Jacke. Darunter kam eine schusssichere Weste zum Vorschein. Darin waren vier frische Einschussl�cher zu erkennen. Ja, damit hast du nicht gerechnet, Andre, hmm? Mit einem unheimlichen Lachen verschwand Paul Sylka in der n�chsten Seitenstrasse.

 

Der Alptraum war noch nicht vorbei�nein, er hatte noch gar nicht richtig begonnen.

 

 

 

 

 

 

ENDE TEIL I

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10.REKONSTRUKTION

 

 

Es muss schon ziemlich verwirrend f�r die Polizei sein, was meinen Tod am 13. November 2000 betrifft. �Tod� ist falsch ausgedr�ckt. Viel eher muss man sagen mein neues Leben. Nicht mehr �berwacht werden. Keiner wei�, dass es dich noch gibt. Du bist frei. So konnte ich meinen Fantasien endlich freien Lauf lassen. Mir war nun die M�glichkeit geboten worden, mein bestimmendes Ziel zu erreichen: die perfekte Rose zu finden�

 

Mir ging schon l�nger die Idee durch den Kopf, meinen Tod vorzut�uschen, um dieser d�steren Welt entfliehen zu k�nnen. Doch dazu musste der beste Augenblick ausgew�hlt werden. Man konnte nicht einfach �Ade!� sagen und weg war man. F�r diesen Schritt musste man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein�und dann die richtige Idee haben. So war es auch bei mir, Ende Oktober 2000.

 

FREITAG, 20. Oktober 2000

 

Ramon Hernandez hatte schon knappe vier Jahre in der kleinen Mietwohnung gehaust, bis er seinen neuen Arbeitskollegen Paul bei ihm wohnen lie�. Der geb�rtige Mexikaner, der seit seinem vierzehnten Lebensjahr in den Vereinigten Staaten lebte, wusste selbst nicht, warum er das getan hat, vielleicht war es die Hilflosigkeit und Einsamkeit, die dieser Typ ausstrahlte. Und Ramon schien der einzige zu sein, der mit ihm klar kam. Zwischen Paul und den anderen Kollegen war es schon in den ersten Arbeitstagen zu mehr oder weniger heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Na ja, er hat es auch nicht leicht gehabt. Die meisten wussten, dass der Neue nur wegen des Integrationsprogramms in der Fabrik arbeiten durfte und vorher mehr Zeit in psychologischer Behandlung verbracht hatte als bei ihm zu Hause. Zu Hause,�eigentlich wusste niemand, ob er �berhaupt eines hatte, aber es war ihnen auch egal. Auf jeden Fall nahm er sich ein Herz und freundete sich mit dem Au�enseiter an. Der war anfangs ziemlich misstrauisch und blockte alle angefangenen Gespr�che geschickt ab. Doch nach einigen Wochen wurde er ein bisschen zug�nglicher und es kam schlie�lich soweit, dass Ramon, der selber nicht gerade der Beliebteste in der Fabrik war und so auch froh �ber ein wenig Gesellschaft sein konnte, und Paul nicht nur die Pausen zusammen verbrachten, sondern auch nach der Arbeit manchmal um die H�user zogen. Zwar war Paul weiterhin nicht sonderlich gespr�chig, doch wenigstens kam er ein wenig zu anderen Menschen. Doch trotzdem hatte Ramon noch immer kein ganz reines Gewissen. Er wollte diesem armen Kerl echt helfen. Egal, was ihm dauernd im Kopf umherging, er wollte Paul dabei unterst�tzen. Und da dieser nur eine kleine Herberge in der N�he der Psychiatrischen Anstalt erhalten hatte und immer einen sehr langen Weg zur Arbeit in Kauf nehmen musste, entschloss sich der hilfsbereite Mexikaner, ihn bei sich einzuquartieren. Das war Anfang September.

 

Mittlerweile lebte Paul bereits seit fast zwei Monaten in der kleinen Mietwohnung von Ramon Hernandez. Der Mann war sehr verschreckt gewesen, in den ersten Tagen unter den fremden vier W�nden wanderte er verwirrt umher, setzte sich zum Fenster und sah oft stundenlang nur raus auf die Strasse. Saugte den nervenden Verkehrsl�rm, die gestressten Schreie der unten weilenden Menschen auf. Es kam Ramon manchmal vor, als ob sein neuer Mitbewohner die Welt rund um ihn total vergessen w�rde, seine eigene sch�ne Welt hatte, in die er hineinfl�chtete. Noch etwas �nderte sich an Paul Sylkas Verhalten. Er wollte immer allein sein, hatte kein Interesse mehr an den n�chtlichen Streifz�gen von Hernandez. Das soll nicht hei�en, das er �berhaupt einmal echtes Interesse am Kontakt mit anderen Menschen hatte, nein, es war nur, dass es Ramon so vorkam, als wollte sich der Typ in seiner Wohnung immer mehr isolieren, so, als ob er gar nicht da war, es ihn �berhaupt nicht g�be. Dem Mexikaner machte das gro�e Sorgen. Er hatte es bereits ein bisschen bereut Sylka bei sich wohnen lassen zu haben. Konnte man vorher noch einigerma�en gute Gespr�che mit ihm f�hren, war er in den vergangenen Wochen fast total verstummt. Nur so ein �Guten Morgen!�, �Hallo!� oder �Tsch��, bis morgen!� huschte noch �ber seine Lippen. Doch Ramon Hernandez� Gedanken sollten sich an diesen tristen Freitagabend einem viel erfreulicherem Thema zuwenden. Daran schuld war ein Brief aus seiner Heimat Mexiko.

 

Das muss alles ein nur ein Traum sein, einfach unfassbar! Ramon Hernandez konnte es nicht glauben, was auf dem Blatt Papier in seiner Hand zu lesen war. Nein, es musste wahr sein! Wenn man das glauben konnte, was da auf dem Papier geschrieben war, hatte der �berraschte Mexikaner gerade ein kleines Verm�gen geerbt. Sein Gro�vater v�terlicherseits, der schon auf den 90iger zugesteuert war, ist seiner langen Lungenkrankheit erlegen. Da Oscar Victor Hernandez� Frau bereits vor sieben Jahren gestorben war und er keine weiteren lebenden Verwandten hat, fiel die Entscheidung auf seinen Neffen. Der hatte lange Zeit bis zur Auswanderung in die USA bei ihm gewohnt, w�hrend seine Eltern ihren Arbeiten nachgingen. Die Eltern, die dann w�hrend einer Autofahrt in einen wilden Streit gerieten und einen f�r sie t�dlichen Unfall verursachen sollten.

 

Damals war Ramon gerade einmal 24 gewesen, doch kein gro�er Schock. Denn er war schon bald von zu Hause weggezogen, da er mit seinem Vater heftige Konflikte durchstehen musste, und Ramon wollte gar nicht mehr an seinen brutalen Vater Antonio und im Besonderen an seine Erziehungsmethoden zur�ckdenken. Und was seine Mutter Silvia betraf, die sah immer nur weg und musste selber einige Schl�ge einstecken. Nein, bei den Hernandez' fand kein idyllisches Familienleben statt. Darum hatte Ramon gleich, nachdem er vollj�hrig war, die Chance beim Schopf gepackt und verschwand �ber Nacht. Seine Eltern versuchten zun�chst ihn zur�ck zu gewinnen, doch die seelischen und k�rperlichen Schmerzen, die der junge Mann widerfahren musste, sa�en noch zu tief, wie ein spitzer Stachel in einer Wunde. Erst nach knapp eineinhalb Jahren �berwand sich Ramon Hernandez und fuhr kurz bei seinem Elternhaus vorbei, doch das einzige, was er zu h�ren bekam, waren Vorw�rfe und er sah das Brodeln in den dunklen Augen seines Vaters, die aussagen sollten: �Pass auf, mein Junge, pass auf! Und Ramon passte auf. Bevor Antonio Hernandez seine Wut auf seinen Sohn auslassen konnte, verschwand dieser auch wieder. Bei einem tiefen Mitgef�hl an seine Mutter, an dessen K�rper er einige blauen Stellen entdecken konnte. Die besch�mte Silvia merkte das und hatte gleich die besagten Stellen mit dem Stoff ihrer Kleidung versteckt. Im Gro�en und Ganzen war Ramon trotzdem froh gewesen, noch einmal seine Eltern zu sehen, auch wenn er ihnen mit durchwegs negativen Erinnerungen entgegenblickte. Doch es waren seine Eltern, die Menschen, die ihm das Leben schenkten, und aus diesem Grund war es ein sch�ner Zug, sich von ihnen zu verabschieden und ihnen f�r die sch�nen Erlebnisse (auch wenn sie sehr selten waren und meist schneller vorbei waren als sich Ramon w�nschte) zu danken. Damals, in dieser Nacht machte Ramon kein Auge zu, er blickte nur hinaus in den Nachthimmel und malte sich aus, wie seine Zukunft verlaufen w�rde�und ob er noch ein weiteres Mal seine Eltern wieder sehen w�rde. Nein, das sollte er nicht. In der Nacht zum 2. Februar 1993 verungl�ckten Antonio und Silvia Hernandez auf der Autobahn t�dlich. Aus von der Polizei nie herausgefundenen Gr�nden war der Wagen mit den beiden auf die gegen�berliegende Fahrbahn gekommen und mit einem heranfahrenden LKW frontal zusammengesto�en. Beide waren auf der Stelle tot. Was niemand ahnen konnte, war, dass die Unfallursache ziemlich dramatisch verlaufen ist. Silvia Hernandez flehte im Wagen ihren Mann an, ihren Sohn zu besuchen; sie hielt es nach langen vier Jahren nicht mehr aus, ohne ihr einziges Kind den Alltag bestehen zu m�ssen. Au�erdem war ihr Ehemann Antonio seit Ramons Weggang noch aggressiver und brutaler geworden. Aus Frust lie� er sich jeden Tag den Kopf mit Bier voll laufen, mit seinem Job ging es bergab und zu guter Letzt musste seine Frau daran glauben und wie auch schon die vergangenen Jahre harte Schl�ge und Beleidigungen einstecken. F�r Silvia war da jedes Mal eine Dem�tigung, ein Zeichen daf�r, dass sie nichts wert war. Das Problem war, sie war zu feig, um sich gegen ihren rabiaten Mann zu widersetzen. Au�er ihm hatte sie sowieso niemanden mehr. Sie hatte nichts, keine Arbeit, keine Freundinnen, sie war allein. Nur Ramon konnte ihr noch helfen. Mit Wehklagen dachte sie an ihr letztes Treffen zur�ck und wie sie ihn einfach gehen lassen hatte. Doch Silvia Hernandez f�hlte sich sehr schuldig. Sie hatte selbst immer zu- bzw. weggesehen, wenn ihr Sohn von Antonio verpr�gelt worden ist. Warum war sie nur so feig? Sie sch�mte sich, f�r ihr dummes Verhalten, ihr erb�rmliches Verhalten. Nein, sie konnte nicht mehr. Immer und immer wieder redete sie auf ihren Mann ein. Der wollte nichts mehr mit diesem Dreckskerl von Sohn zu tun haben und servierte seine ungehorsame Frau mit einem Schlag auf ihr Gesicht ab. Silvia erschrak und sah ihren Mann fassungslos an. Auch wenn die Schl�ge schon zum t�glichen Alltag wie das Wasser und Brot geh�rten, f�r Silvia war es immer ein Schock. Und da entschloss sie sich, sich nicht mehr l�nger beugen zu wollen. Sie war auch ein Mensch, ein Wesen mit gro�en Gef�hlen. Dann ging alles viel zu schnell. Silvia schlug zur�ck. Ihr Mann blickte sie w�tend an. Es entwickelte sich eine folgenschwere Auseinandersetzung. Mehr bei den Gedanken an seiner wertlosen Frau als bei der Stra�e kam der Wagen ins Schlingern und als Antonio Hernandez ihn erst wieder unter Kontrolle bringen konnte, war es schon zu sp�t. Der mehrere Tonnen schwere Lastwagen rammte ungebremst den alten VW. Dann war alles vorbei gewesen.

 

Noch immer wagte Ramon nicht zu glauben, was auf dem Zettel geschrieben stand. Oscar Victor Hernandez, sein Gro�vater, den er schon seit dem Begr�bnis seiner Eltern nicht mehr gesehen hatte, hatte ihm durch seinen Tod eine Freifahrt in ein besseres Leben beschert. Ein Gro�teil seines Verm�gens geh�rte nun ihm, den Rest hinterlie� er seinem besten Freund. Aber auch so war Ramon mehr als gl�cklich �ber diese Entwicklung, auch wenn ihm der Tod seines letzten Verwandten schon ziemlich ber�hrte. Oscar Victor war zwar ein strenger, aber immer fairer Mann gewesen, und er h�tte einem anderen nie Leid zuf�gen k�nnen. Da stellt sich schon die Frage, warum sein Vater so viel anders geworden ist. Als Kind war Ramon sehr gerne bei seinem Gro�vater gewesen, sie hatten Wanderungen unternommen oder die Fr�chteplantagen inspiziert, die ihm damals geh�rten. Die hat er zu Beginn seiner Krankheit verkauft, da er sich im Klaren war, dass er kein rechtes Auge mehr darauf werfen konnte und es ihm so viel zu riskant war, weiterhin in diesem harten Wettbewerb mitzumischen. Dieses sorgsam ersparte Geld war die letzten Jahre auf seinem Konto gelegen, nur darauf wartend, an seinen zuk�nftigen Erben ausbezahlt zu werden. Ramon Hernandez hatte trotz der Tatsache, dass er der einzige noch lebende n�here Verwandte war, nie nur auch einen kleinen Moment darauf spekuliert, einmal etwas von seinem Gro�vater bekommen zu werden. Total durcheinander legte er den Brief wieder zusammen, steckte ihn zur�ck ins Kuvert und versteckte dieses anschlie�end unter seinem Kopfkissen. Jetzt brauchte er erstmals etwas zur Feier des Tages. Mit einem gl�cklichen L�cheln, so wie man es bei einem Lotto-Jackpot-Gewinner sehen w�rde, verlie� er die kleine Wohnung und tr�umte schon von einer glorreichen Zukunft.

 

Als Ramon Hernandez zwei Stunden sp�ter wieder nach Hause kam, war er noch so aufgew�hlt, dass er es noch gar nicht richtig fassen konnte. Auch wenn er ein schlechtes Gewissen hatte, fast nur zu feiern und kaum zu trauern, konnte das seine doch ziemlich gute Stimmung kaum tr�ben. F�r seinen Gro�vater muss es fast eine Erl�sung gewesen sein, nach seiner jahrelangen schmerzhaften Krankheit friedlich einzuschlafen. Ja, so ist es. Ramon, du hast schon so viel Pech in deinem Leben gehabt, nun wird alles besser. Nachdem er sich bei Sylka verabschiedet hatte, legte er sich in sein Bett, warf noch einmal einen gl�cklichen Blick auf das Kuvert auf dem Nachttisch. Seltsam, dachte er, das habe ich doch unter das Kissen gelegt. Oder doch nicht? Egal, Hautsache, ich kann bald raus aus diesem Drecksloch! Keine f�nf Minuten sp�ter befand sich der Mexikaner bereits im Reich der Tr�ume.

 

So viel Gl�ck muss man erst haben. Da lebt man unter einem Dach mit einem Erben, der demn�chst etwas anderes zu tun haben wird, als schmutzige Arbeiten in der Fabrik verrichten zu m�ssen. Genauer ausgedr�ckt, wird er gar nichts mehr zu tun haben. Das war meine Chance. Mit dem geerbten Geld konnte man f�r einige Zeit untertauchen. Die Freikarte in ein neues Leben lag nur wenige Meter von mir entfernt. Jetzt hie� es schnell handeln. Diese M�glichkeit durfte man einfach nicht ungenutzt lassen. Die ganze Nacht verbrachte ich damit, einen perfekten Plan auszut�fteln und um die Wahrheit zu sagen, am n�chsten Morgen war ich sehr zufrieden mit meiner L�sung f�r all meine Probleme. Nein, es sollte nicht mehr lange dauern, dann w�rde meine Mission endlich beginnen k�nnen�

 

SAMSTAG, 11. November 2000

 

�Glaubst du wirklich�na, ich wei� nicht��Ein wenig unsicher sah Ramon noch einmal in ein Buch voller Bilder. Bei n�herer Betrachtung stellte sich dieses Buch als Katalog von T�towierungen heraus. Irgendwie hatte es Sylka geschafft seinen Wohnungsgef�hrten zum Tattoo Salon zu zerren und ihn zu �berreden, sich das gleiche Symbol wie er t�towieren zu lassen. Paul Sylka hat auf der Schulter eine schwarze Rose, welche in voller Bl�te seine Sch�nheit zeigte. Dem Mexikaner hatte diese Rose schon �fter ins Auge gestochen, ihm gefiel es, da es nicht zu gro� war und trotzdem auffiel. Doch er h�tte sich im Traum nicht denken k�nnen, dass er sich wirklich einmal unter die Nadel legen w�rde. Auch jetzt hatte er noch einige Bedenken. Was war, wenn ihm das Motiv in ein paar Jahren nicht mehr gefiel? Was dann? Doch Sylkas pl�tzlich aufkommende Lebensfreude wollte er nicht wieder zerst�ren und so stimmte er schlie�lich zu. Zwei Stunden sp�ter kamen beide wieder aus dem Studio und Ramon blickte, soweit es sein Blick zulie�, nachdenklich auf seinem neuen K�rperschmuck. Er hatte sich die Rose genau an dieselbe Stelle wie Paul t�towieren lassen, so war es seine Bitte. Ok, da das Motiv ja sehr annehmbar war und zu seinem mexikanischen Temperament passte, war er schon zufrieden mit der Arbeit des Tattoo - Experten. Dieser Rick, so hie� er, war selbst am ganzen K�rper voller bunten Bildern und Ornamenten. So etwas w�re f�r Ramon nie in Frage gekommen, doch diese harmlose Rose war kein Grund zum Diskutieren. Au�erdem war er ja sogar von Paul eingeladen worden, als nachtr�gliches Dankesch�n daf�r, dass er ihn bei sich wohnen lie�. Naja, im Prinzip w�rde Ramon Hernandez gar nicht mehr lange in dieser Wohnung hausen, er hat daf�r gesorgt, dass er sich sein Erbe in bar ausbezahlen lassen konnte, mit diesem feinen S�mmchen w�rde er sich dann aus dem Staub machen. Das musste auch sein Mitbewohner sp�ren, denn seit der Nachricht �ber sein Erbe wirkte Sylka anders, als ob er ahnte, dass er ihn nicht lange sehen sollte. Aber nat�rlich wusste er nichts �ber diese Geschichte�oder doch?

 

Bald w�rde es soweit sein, mein Ticket in die Freiheit war bereit zum Einl�sen. Die Vorarbeit war getan, jetzt kam es zum Showdown�zu meinem vermeintlichen tragischen Tod, ha ha ha!

 

 

 

 

MONTAG, 13. November 2000

 

Am Morgen dieses frischen Wintertages hatten sich Ramon und Paul ausgemacht, dass er die neue T�towierung noch vor seinen Arbeitskollegen verschweigen sollte, wenigstens noch vor�bergehend. Es soll eine �berraschung werden, keiner h�tte es dem Mexikaner zugetraut sich so etwas machen zu lassen. Hernandez war einverstanden, schlie�lich hatte er an diesem Arbeitstag auch viel Arbeit im Freien zu erledigen und da w�rden sich sowieso kaum M�glichkeiten bieten seine Rose vorzuf�hren. Schweigsam sa�en sie dann in seinem blauen Ford und fuhren mit lautem Motor Richtung �CHEVROLET Texas�.

 

Warum ich mir gerade dieses Datum f�r �meinen� Tod ausgesucht habe? Welchen Tag h�tte ich denn sonst nehmen sollen als den Todestag meiner Mutter. Oh,�Mama! Damals war noch alles gut gewesen. Keine unheimlichen Anf�lle, keine Aggressionen�alles war gut. Ich war geborgen, in Sicherheit. Warum musste diese sch�ne Zeit so schnell vergehen, warum? Mir blieb wirklich nur ein Datum �brig, mit welchem ich Abschied von diesem Leben nehmen konnte. Danke, Mama, danke f�r alles�

 

Es muss knapp nach ein Uhr nachmittags gewesen sein, als Paul Sylka seinen Wohngef�hrten in einem leeren Abstellraum mit einem Kn�ppel niederstreckte. Mit dem Vorwand, ihm beim Hinaufheben eines schweren Ger�tes zu helfen, war er in seine t�dliche Falle getappt. Nat�rlich war Ramon Hernandez jetzt nicht tot, nur bewusstlos. Schnell sperrte Sylka den Raum von innen zu und holte ein Ger�t aus seinem Arbeitsmantel. Es war ein Rasierer. Nach zehn Minuten war er zufrieden mit seiner Arbeit. Nun sah Ramons Frisur genauso so kurz aus wie die von Sylka und da beide die gleichen dunklen Haare hatten, war Paul Sylka noch gl�cklicher �ber seinen Plan. Gleiche Statur, dieselbe K�rpergr��e(nur ein kleiner Unterschied von 2-3 cm), die gleiche T�towierung�und nun auch dieselbe Frisur. Jetzt war alles perfekt f�r �seinen� gro�en Abschied.

 

Es ging wirklich so leicht. Ich brauchte nur mit Hernandez die Kleidung zu wechseln, ihn aus dem Raum zu einer der gro�en Maschinen hin�berschleppen, sein Gesicht mit Benzin �bergie�en(das war die einzige noch auffallende Ungereimtheit zwischen uns beiden) und dann unauff�llig einen Kurzschluss zu verursachen. Wie ich dann so ein sch�nes Feuerchen hinbekommen habe, war mein Weg frei. Damit nichts schief ging, verfrachtete ich Ramon noch direkt an den Brandherd, achtete aber darauf, das die rechte Seite von einer feuergesch�tzten Platte etwas gesch�tzt blieb, so also auch nach der Bergung mein Namensschild und die T�towierung eindeutig zu identifizieren waren. Es war wirklich alles perfekt. Mit einer Kappe verdeckt eich mein Gesicht und konnte mich dann mit den anderen Mitarbeitern aus dem Geb�ude retten. In meinem Plan war nicht vorgesehen, dass noch vier andere Leute diesem Feuer zum Opfer fallen sollten, doch im Prinzip machte es alles noch glaubw�rdiger. Bei f�nf Leichen waren alle von einem tragischen Unfall �berzeugt, die defekte Maschine, die Feuer gefangen hat, schnell gefunden. Bei Unfallopfern wurden keine Autopsien vorgenommen, besonders, wenn man die Todesursache mit gro�er Wahrscheinlichkeit vermuten konnte. Mit Hilfe des gro�en Rummels konnte ich das Gel�nde verlassen und mit Hernandez� Wagen nach Hause fahren. Dort w�rde dann Plan B �ber die B�hne gehen.

 

DIENSTAG, 14. November 2000

 

Am n�chsten Morgen findet der Fabriksleiter von �CHEVROLET Texas� vor dem Eingang ein Kuvert. Darin war ein Brief von Ramon Hernandez. Er schrieb, dass ihn der Tod seines Kollegen Paul Sylka so zu Herzen ginge, dass er unm�glich weiter an diesem Ort arbeiten k�nnte. Sofort machte sich der Mann daran, seinen Arbeiter umzustimmen. Auch ihm war der f�rchterliche Unfall am Tag zuvor sehr an die Psyche gegangen und gerade, dass auch f�nf Menschen zu betrauern waren, machte die Sache noch schlimmer. Trotzdem musste es weitergehen, da half alles Schwarzsehen nichts. Nur wenn alle gemeinsam an einem Strang zogen, konnte bald wieder ein beinahe normaler Arbeitsbetrieb fortgesetzt werden, zwar immer mit dem fahlen Beigeschmack dieser Katastrophe, doch schlie�lich waren wenigstens sie noch am Leben. Mehrere Versuche, Hernandez, telefonisch in seiner Wohnung zu erreichen, scheiterten. Erst beim f�nften Mal meldete sich die Stimme einer �lteren Frau am anderen Ende. Es war die Hausmeisterin Mrs. Kazinsky, welche dem verdutzten Mann nur sagen konnte, dass auch sie ein Kuvert vor ihrer T�r vorgefunden hat, neben der K�ndigung des Mietvertrages war auch noch das letzte schuldig gebliebene Geld darin. Hernandez hatte sich im Brief noch freundlich f�r die ruhigen Jahre im Wohnhaus bedankt. Wie bei dem K�ndigungsschreiben an die Firma endete er mit der bekannten geschwungenen Unterschrift des Mexikaners. Seit diesem Morgen gab es keine Spur von Ramon Hernandez mehr, es war, als w�re er tot�.und das war er ja auch.

 

Das stundenlange �ben hatte sich ausgezahlt. Schon nach kurzer Zeit konnte ich Hernandez� Unterschrift auswendig, mit allen auff�lligen Merkmalen, in derselben Geschwindigkeit wie Ramon zu Lebzeiten selbst. Nach �meinem� Ableben musste ich noch alle Ausweise von Ramon f�lschen, besser gesagt, f�lschen lassen. Ich hatte noch gewisse Kontakte. Auf jedem Fall konnte ich ohne Sorge zwei Wochen sp�ter das Erbe meines ehemaligen Wohngenossen entgegennehmen. F�r das pers�nliche Treffen mit dem Notar hatte ich mir noch einen leichten spanischen Akzent angelernt und ich glaube, dass ich schon ziemlich gut r�bergekommen bin. Da ja sonst kein Verwandter von Hernandez mehr lebte, konnte mich so keiner mehr als einen anderen identifizieren. Mein Gl�ck war gewesen, dass Ramon wegen seiner Arbeit keinen Urlaub f�r eine Reise zum Begr�bnis seines Gro�vaters bekommen hatte. So war nicht schon vorher zu einem Treffen mit dem Gesch�ftmann gekommen. Mit einem Koffer voller Geld verlie� ich schlie�lich das Notariat. Mein neues Leben konnte beginnen�

 

 

DIENSTAG, 17. April 2001

 

Paul Sylka wachte schwei�gebadet auf, mitten in der Nacht. Verwirrt blickte er aus dem Fenster auf die Stra�e. Langsam stand er auf und wankte barfuss hin�ber. Ihm war gerade eine Vision widerfahren. Ja, er musste auf eine Mission. Seine Mutter h�tte es auch so gewollt. Paul brauchte eine Frau auf seiner Seite�eine Rose. Oh, Janette�.leider ist es zwischen uns beiden nichts geworden. Doch es war nicht meine Schuld, nein, ich wollte nur, dass du mir geh�rst. Das hat dir nicht gefallen. Mit Tr�nen in seinen Augen sank der Mann auf die Knie, einsam kauerte er sich in die Ecke. Ja, er brauchte dringend eine Rose. Er hielt es nicht mehr aus�so allein, so wertlos. Schluchzend gingen ihm allerlei Gedanken durch den Kopf. Dann fiel sein Blick auf den Computer, welcher auf einem morschen Tisch stand. Innerhalb weniger Sekunden verwandelte sich sein weinerliches Gesicht in eine grinsende Fratze.

 

Am n�chsten Tag lernt Susan Thompson zuf�llig im Chat einen netten Jungen kennen. Sein Nickname� �Angel021�.

 

Einen Monat sp�ter wird sie vergewaltigt und erstochen im Park gefunden.

Der Rosenm�rder hat die Jagd nach seiner �Rose� begonnen.

 

 

  

COPYRIGHT by Harald Haider 2003-04

 

 

 

 

 

Wie hat euch der erste Teil meines Romans gefallen?

Seid ihr neugierig, wie es weitergeht?

 

Schreibt Eure Meinungen!

 

...so wie am 17.12.2004 dieser junge Mann, der meine Geschichte bei e-stories gelesen hat...

 

 

'Klausiman958'

Ich w��te nicht, wann ich das letzte Mal einen so packenden Thriller gelesen h�tte.
Ich habe ihn an einem Tag verschlungen (am Bildschirm).

W�re das nicht Stoff genug f�r ein gutes Buch?

 

 

 

 

 

 
 

 

 


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